"Unser Kleiner frißt den auf" - Endlich Vertrauen für Giersch Vom VfB über die Kickers-Reserve zum Regionalliga-Stammspieler
Als dienstältester Spieler und gebürtiger Offenbacher gilt Stefan Schummer seit über
einem Jahrzehnt als Inbegriff der Kickers-Tugenden. Der Publikumsliebling und
kampfstarke Verteidiger schaltete die Stürmer von der 2. Bundesliga bis zur Oberliga
aus. Sein Stammplatz war nie gefährdet, selbst wenn wieder einmal hochkarätige
Neuzugänge eingekauft wurden. Es grenzt an Ironie des Schicksals, daß „Schumi”
ausgerechnet jetzt von einem gebürtigen Offenbacher aus der Mannschaft verdrängt wurde,
der ihn noch vor einigen Jahren aus dem Block 2 angefeuert hat. „Ich bin schon immer
eine Kickers-Nase”, sagt der 22jährige Kai-Uwe Giersch, der sich in fünf Regionalligaspielen
zur festen Größe in der Kickers-Deckung entwickelt hat. Alle Gegenspieler verurteilte
er zur Wirkungslosigkeit. Fünf Spiele und kein Stürmertor, das größte Lob für die
OFC-Abwehr.
Dabei ist Manndecker gar nicht seine Lieblingsposition. Im Mittelfeld fühlt sich
Giersch am wohlsten, aber das Allround-Talent hat auch schon Libero, im Sturm und bei
der Kickers-Reserve sogar im Tor gespielt.
„Der Junge macht mir Spaß”, hatte OFC-Trainer Jürgen Boysen schon in der Vorbereitung
ein besonderes Auge auf Giersch geworfen. Der Verteidiger Marke Berti Vogts – klein,
zäh, wendig, bissig, ehrgeizig und unheimlich zweikampfstark war schon einigen
Kickers-Trainern aufgefallen, doch alle, ob sie nun Buchmann, Herr, Uschek oder
Borchers hießen, hatten den Stammspieler der 2. Mannschaft in der 1. Mannschaft auch
wieder fallen lassen. „Ich hatte bei keinem Trainer den nötigen Kredit”, erinnert sich
Giersch. „Obwohl sie mir alle immer gute Leistungen bestätigt haben.” Die Lehrjahre
waren längst vorbei, doch Giersch galt im eigenen Betrieb immer noch als Lehrling. Im
Sommer 1995 hatte Giersch das Kapitel Bieberer Berg abgehakt. „Ich komme vom VfB
Offenbach, habe dort bis zur C-Jugend gespielt, ehe ich zum OFC ging. Bei uns sind
alle in der Familie VfB'ler. Also bin ich zurück zum VfB in die A-Liga.” Kaum zu glauben,
daß die Kickers dieses Talent einfach ziehen ließen. Nur einer wollte sich damit nicht
abfinden. Frank Bartenstein beackerte Giersch ein Jahr lang, bis er ihn 1996 zurück
auf den Bieberer Berg gelockt hatte. „Dem Frank Bartenstein habe ich sehr viel zu
verdanken. Ohne ihn wäre ich nie zurückgekommen”, sagt Giersch, dem der Trainer der
2. Mannschaft auch gleich einen Job in einem Sportartikelgeschäft vermittelte. Nach
überragenden Leistungen in der Kickers-Reserve holte Borchers Giersch im Frühjahr
1997 in seinen Kader, doch nach zwei guten Oberligaspielen war er plötzlich wieder
draußen. „Ronny Borchers hat zwar gesagt, ich hätte gut gespielt, aber er stellte mich
nicht mehr auf”, rätselt Giersch heute noch über seine Ausbootung.
Unter dem Trainerduo Kohls/Hambückers schlug seine große Stunde im zweiten
Entscheidungsspiel gegen Memmingen. „Du mußt den Methfessel ausschalten”, hatte ihm
Kohls als Order mitgegeben. „Das gibt überhaupt kein Problem”, wußte Mannschaftskapitän
Oliver Roth schon vor dem Spiel. „Unser Kleiner frißt den auf.” Giersch erfüllte die
Order perfekt, war neben dem zweifachen Torschützen Messinese der entscheidende
Spieler. Trotz seiner Galavorstellung wäre Giersch fast zum zweiten Mal vom Bieberer
Berg verschwunden. „Erst vier Tage vor dem ersten Training konnten wir uns über einen
Vertrag einigen”, demonstrierte der 22jährige, daß er auch als Verhandlungspartner
zäh sein kann.
Diese Zähigkeit zeichnet ihn auch auf dem Rasen aus. Bisher hat er alle Gegenspieler
ausgeschaltet, „Was der Kleine spielt, ist sensationell”, erhält er Lob von seinem
Hintermann, Torwart Rene Keffel. Für den „Kleinen” ist seine Größe von knapp 170
Zentimetern nicht unbedingt ein Nachteil. „Mit Wendigkeit und Schnelligkeit kann man
viel wettmachen.” Zumal auch viele Stürmer von der Statur und Spielweise ideal zu ihm
passen. Zum Beispiel am Freitag der Ulmer Fritz Walter. „Das wäre der Höhepunkt für
mich, wenn ich gegen ihn spiele”, freut sich Giersch schon auf das Duell gegen den
ehemaligen Torschützenkönig der Bundesliga. Der 37jährige Ex-Profi, dessen Konto nach
drei Spielen fünf Tore aufweist, hat den Namen Kai Giersch bestimmt noch nicht gehört.
Doch das ging anderen genauso – nach dem Spiel kannten sie ihn alle. So wie Alex
Methfessel. „Kai Giersch – den vergess' ich so schnell nicht.”
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Stahlrohrtribüne soll wieder genutzt werden Kickers benötigen 70000 Mark Spenden
Die Zuschauermassen dank des sportlichen Erfolges machen es nötig, viele langjährige
Kickers-Fans sehnen sich aus nostalgischen Gründe danach: Die Stahlrohrtribüne auf dem
Bieberer Berg soll wieder geöffnet werden. Dieses ehrgeizige Projekt planen jedenfalls
die Offenbacher Kickers. Ob es zustande kommt, hängt von den Besuchern und den
Werbepartnern ab. Denn die Kickers können die benötigten Kosten in Höhe von 70 000
Mark nur mit der Hilfe von Fans und Freunden finanzieren, wie der technische Direktor
Klaus Gerster verlautbarte.
1989 mußte die Stehplatz-Stahlrohrtribüne aufgrund defekter Bodenplatten geschlossen
werden. Obwohl die Konstruktion der Tribüne nach wie vor in Ordnung ist, hat sich bis
zum heutigen, Tage an diesem Zustand nichts geändert. „Zusamme” soll der Bieberer Berg
in Zukunft, möglichst noch in diesem Jahr, wieder mit seiner gesamten Kapazität
präsentiert werden können.
Daher wird zu den nächsten Heimspielen an den Abendkassen eine symbolische sogenannte
„Stahlrohr-Tribünenkarte” angeboten, die von jedem Zuschauer gegen einen Spendenbeitrag
von fünf Mark aufwärts erworben werden kann. Die zahlreichen Dauerkarteninhaber werden
durch ein „Mailing” über diese Aktion informiert, und die OFC-Werbepartner werden an
den Spieltagen im VIP-Bereich für Spenden zum Wiederaufbau der Stahlrohrtribüne animiert.
Klaus Gerster verhandelt heute mit den Städtischen Verkehrsbetrieben, ob wieder, wie
früher, Pendelbusse eingesetzt werden können, um der guten Zuschauer-Unterstützung aus
Stadt und Umkreis gerecht zu werden. Ebenso soll über eine Änderung der Ampelschaltung
vor und nach den Heimspielen nachgedacht werden.
Der Vorverkauf für das Spitzenspiel am Freitag (19.30 Uhr) gegen den SSV Ulm
verspricht Rekordbesuch. Bis gestern wurden bereits über 700 Karten abgesetzt, so viel
wie noch nie in dieser Saison. 17 Kassenhäuschen werden am Freitag geöffnet sein,
dennoch rät Gerster, sich die Karten möglichst im Vorverkauf zu sichern und frühzeitig
auf dem Bieberer Berg zu erscheinen.
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Im Stadion auf dem Bieberer Berg sollen die Zäune weg In Neukirchen wieder Lob für die Kickers-Anhänger
20 Kilometer vor Neukirchen stand der erste Hinweis auf das Fußballspiel gegen Kickers
Offenbach: An der Autobahnabfahrt Alsfeld-Ost begutachteten zwei Polizisten als erste
Vorhut die ankommenden Fahrzeuge mit OF-Kennzeichen. Bis zum Stadion passierten die
Besucher schätzungsweise 100 Polizeibeamte, die die Knüll-Kampfbahn am Samstagnachmittag
zum sichersten Ort zwischen Frankfurt und Kassel machten.
Den Offenbacher Fans eilt ein schlechter Ruf voraus, den einige wenige Randalierer
verursacht haben. Doch 1997 hat die Erfolgsserie der Mannschaft scheinbar beruhigenden
Einfluß auf die OFC-Sympathisanten. Seit der letzten Niederlage im November 1996 gegen
den FSV Frankfurt gab es nicht die geringsten Ausschreitungen. l 200 Kickers-Anhänger
waren mit nach Neukirchen gereist und heimsten – wie schon in Kirchheim – ein dickes
Lob ein. „Die Kickers-Fans haben sich super verhalten”, sagten SCN-Abteilungsleiter
Bornemann und ein Polizeisprecher. „Ich bin sicher, daß auch bei einem Ende der
Erfolgsserie die Stimmung nicht ins Negative umschlagen wird”, hofft OFC-Trainer
Boysen, daß es keinen Rückfall in schlechte Zeiten wie in Gießen geben wird. Den
Beweis müssen die Kickers-Anhänger noch antreten.
Nach den guten Erfahrungen 1997 haben die Kickers-Verantwortlichen einen
sensationellen Plan. Es gibt ernsthafte Überlegungen, im Stadion auf dem Bieberer Berg
die Zäune zwischen Spielfeld und Zuschauerrängen zu entfernen. „Ja, wir denken über
diese Möglichkeit nach”, bestätigt der technische Direktor Klaus Gerster. „Das würde
Stimmung und Atmosphäre noch einmal verbessern.” Angedacht ist zunächst eine „kleine”
Lösung. Und zwar den, Zaun vor der Haupttribüne abzuschneiden. In den nächsten Wochen
soll es ein Zusammentreffen mit den Vorsitzenden der Fan-Clubs geben, um deren Meinungen
zu hören. „Ich bin zuversichtlich, daß wir das hinkriegen”, glaubt Gerster.
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Kickers fahren mit einem neuen Joker in die Knüllkampfbahn Erdal Cavus nach "Sechserpack" auf der Bank / Fanclub aus dem Allgäu
Heute mittag werden viele Fußballfreunde in der Knüllkampfbahn in Neukirchen ihren
Ohren nicht trauen, wenn beim Hessenderby zwischen dem SC Neukirchen und Kickers
Offenbach Kuhglocken läuten. Zwei Dutzend Fußballfreunde aus dem Allgäu sorgen für
ungewohnte Stimmung, nicht nur auf dem Bieberer Berg sondern auch bei Auswärtsspielen
der Kickers – der „Alex Methfessel Fan-Club Allgäu”. Der Kickers-Neuzugang ist
wahrscheinlich der einzige Regionalligaspieler mit einem eigenen Fan-Club. Etwa vier
Stunden fahren die Verwandten und Freunde von Methfessel aus dem Allgäu mit
Transparenten und Kuhglocken zu jedem Heimspiel nach Offenbach und unterstützen den
ehemaligen Memminger. Aber der Fan-Club soll nicht nur Selbstzweck sein. Inzwischen
verkauft der Fan-Club auch schon „Methfessel-Mützen”. Mit dem Erlös dieser Fanartikel
sollen hilfsbedürftige Personen, insbesondere aus dem Bereich Sport, unterstützt werden.
Nach knapp zwei Monaten in Offenbach kann der 26jährige Mittelfeldspieler ein positives
Zwischenfazit ziehen, auch wenn der ehemalige Memminger – der FC Memmingen ist auch
ohne Methfessel Tabellenführer in der Bayernliga – noch auf sein erstes Saisontor
wartet. Doch das ist auch für seinen Trainer nur eine Frage der Zeit. „Der Alex reibt
sich im Moment noch zu früh auf, weil er bei jedem Angriff dabei sein will. Er wird
noch effektiver, wenn er ökonomischer spielt”, sagt Jürgen Boysen.
Sehr effektiv spielt bislang der zweite Neuzugang der Kickers. Und das auf ungewohnter
Position, In Aschaffenburg spielte Günter Maier mit fast allen Freiheiten hinter den
Spitzen. In Offenbach steht er im rechten defensiven Mittelfeld. Eine neue Aufgabe,
die vor allem im Defensivverhalten große taktische Disziplin erfordert. „Diese Position
ist sehr gut für ihn, weil er dann das Spiel vor sich hat und viel Druck machen kann”,
erklärt Boysen seine taktische Vorstellung, die auch heute in Neukirchen aufgehen soll.
„Ich habe keine Veranlassung, irgendetwas an der Mannschaft zu ändern”, macht Boysen
deutlich, daß er mit der zuletzt dreimal siegreichen Formation beginnen wird. Aber eine
Uberraschung wird dennoch dabei sein. Denn auf der Ersatzbank sitzt erstmals Erdal
Cavus. Der 20jährige aus der 2. Mannschaft hat mit sechs Toren im Testspiel gegen den
VfB Offenbach einen bleibenden Eindruck auf Boysen („Ich bin sehr angetan von ihm”)
hinterlassen und könnte heute zum Joker werden.
Kickers Offenbach:
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Neukirchen warnt Kickers: "Jede Serie geht zu Ende" OFC am Samstag mit schlechten Erinnerungen in die Knüllkampfbahn
Nach den Erfolgen gegen Schwaben, Badener und Bayern spielen die Offenbacher Kickers
am Samstag zum ersten Mal in dieser Saison gegen Hessen. Beim SC Neukirchen verteidigt
der OFC am Samstag zu ungewohnter Stunde (14.00 Uhr) seine Spitzenposition in der
Regionalliga. An die Nordhessen haben die Kickers keine guten Erinnerungen. Das letzte
Punktspiel verloren die Kickers in der Knüllkampfbahn 1994 unter Lothar Buchmann
sang- und klanglos mit 0:3. Dann trennten sich die Wege zwischen Regionalliga und
Oberliga, ehe man sich im Mai 1996 im Halbfinale des Hessenpokals wiedersah. Auch da
zagen die Kickers mit 0:1 den Kürzeren.
Kein Wunder, daß man sich in Neukirchen auf die Kickers freut. Neben einer Rekordeinnahme
erhofft sich SC-Trainer Karl-Heinz „Ede” Wolf den ersten Sieg in dieser Saison. „Die
Kickers kommen uns gerade recht. Wir brauchen jetzt dringend ein Erfolgserlebnis. Und
ich bin mir sicher, wir machen am Samstag die ersten drei Punkte”, zeigt sich Wolf von
der Offenbacher Erfolgsserie völlig unbeeindruckt. Immerhin haben die Offenbacher die
letzten, drei Spiele gewonnen, sind seit 292 Minuten ohne Gegentreffer – und die
letzte Niederlage liegt jetzt schon neun Monate zurück.
„Jede Serie geht einmal zu Ende”, sagt Neukirchens Trainer Wolf und denkt an beide
Vereine. Schließlich sind die Neukirchener in dieser Saison noch sieglos – 0:0 in
Mannheim, 1:2 gegen Burghausen (Siegtor 89. Minute), 0:1 gegen Reutlingen (Siegtor 89.
Minute), 1:3 gegen Fulda (letztes Tor 89. Minute). Nach den gescheiterten Versuchen
gegen vier hochgehandelte Vereine wollen die Nordhessen gegen den vermeintlichen
Abstiegskandidaten endlich punkten. Allerdings müßten die Platzherren dann ihre
chronische Schußschwäche beheben. Ganze zwei Tore stehen zu Buche, wobei die Stürmer
noch gar nicht getroffen haben. Markesic (Neuzugang von Dynamo Dresden) wartet ebenso
auf seinen ersten Saisontreffer wie Heiko Liebers, der letzte Saison 20 der 44
Neukirchener Tore erzielt hatte.
Plötzlich und völlig unerwartet wird Neuling Kickers Offenbach nach vier Spieltagen
mit der Favoritenrolle konfrontiert. Der sensationelle Start hat eine immense
Erwartungshaltung bewirkt. Schon ist das vermeintliche Spitzenspiel gegen Ulm das
Hauptthema, wobei fast unterschlagen wird, daß davor noch ein schweres Auswärtsspiel
in Neukirchen auf dem Programm steht. Wie schnell man gegen Neukirchen eine böse
Überraschung erleben kann, mußte letzte Saison der 1. FC Nürnberg erfahren. Der spätere
Meister unterschätzte den Sport-Club und verlor 0:1 !
Natürlich kommen die Kickers mit einem riesigen Selbstvertrauen in die Knüllkampfbahn.
Mit zehn Punkten auf dem Konto „müssen wir bestimmt nicht Forechecking spielen”, deutet
OFC-Trainer Jürgen Boysen bereits an, daß die Kickers nicht im Hurrastil nach vorne
stürmen werden. Im Gegensatz zum Spiel gegen Bayern München können die Kickers wieder
auf Konterchancen warten. „Wir stehen zur Zeit hinten hervorragend”, spricht Boysen
die Stabilität seiner Deckungsreihe an. Bei drei Siegen in Folge erübrigt sich die
Frage nach Umstellungen, zumal alle Spieler, bis auf Goran Skeledzic, fit sind.
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Neukirchen läßt schon Karten nachdrucken Gegen Kickers Offenbach werden 4000 Zuschauer erwartet / Sandhausen - OFC 1:0
Der Zuschauer-König ist weg – der Kronprinz ist schon da. Kaum hat Zuschauerkrösus
1. FC Nürnberg die Regionalliga in Richtung 2. Bundesliga verlassen, füllt ein anderer
Traditionsverein die Kassen der Vereine. Kickers Offenbach sorgt nicht nur auf dem
Bieberer Berg für Zuschauerrekorde. Wenn die Kickers am Samstag (Anstoß 14.00 Uhr) zum
Hessen-Derby in der Neukirchener Knüllkampfbahn auflaufen, erwartet der Sportclub die
größte Kulisse seiner Vereinsgeschichte. Der bisherige Rekord steht bei 2500 Zuschauern
gegen die Amateure des FC Bayern München. Im Durchschnitt zahlen 700 Besucher Eintritt,
l500 kamen am vergangenen Samstag zum DFB-Pokalspiel gegen KFC Uerdingen (0:2).
Als die Neukirchener Verantwortlichen am Montag erfuhren, daß mindestens 2000 Kickers-Anhänger
ihre Mannschaft nach Nordhessen begleiten wollen, wurde sofort die Druckerei informiert.
Zu den bereits gedruckten 2000 Eintrittskarten wurden noch schnell 2000 nachbestellt.
Und das, obwohl die Knüllkampfbahn offiziell nur 3000 Zuschauer faßt. "Aber wenn sich
alle eng stellen, passen auch 3500 hinein", meinte Neukirchens Pressesprecher. Die
Kickers haben l000 Eintrittskarten geordert, die seit gestern auf der Kickers-Geschäftsstelle
genauso schnell weggehen, wie die Tickets für das Heimspiel gegen SSV Ulm am 29. August.
Neukirchen ist nur per Auto oder Bus zu erreichen, es gibt keine Bahnverbindung. Anfahrt:
Autobahn A 5, Richtung Bad Hersfeld, Abfahrt Alsfeld-Ost, B 254 bis Schrecksbach, dann
Richtung Neukirchen.
Mit 0:1 unterlagen die Offenbacher Kickers am Montagabend vor 200 Zuschauern im
Testspiel beim nordbadischen Fußball-Oberligisten SV Sandhausen. Bereits in der 7.
Minute fiel das Tor des Tages durch Berecko. Allerdings ließ OFC-Trainer Hans-Jürgen
Boysen alle Spieler pausieren, die beim 2:0 gegen Bayern München einliefen.
Bei dieser Gelegenheit setzten die Kickers auch den früheren Aschaffenburger Lutz
Braun (zuletzt Dynamo Dresden) als Gastspieler ein, der sich nach einer Knieoperation
zur Zeit am Bieberer Berg fit hält. „Im Moment ist aber an eine Verpflichtung nicht zu
denken”, meinte Manager Klaus Gerster, der am Dienstag aus dem Urlaub („Bei diesem
Höhenflug doppelt erholsam”) zurückgekehrt ist. Erste Gehversuche unternahm Eddy Walz
auf der rechten Außenbahn. Stefan Schummer deutete an, daß er jederzeit in der
Regionalliga einspringen kann und Islam Ispir wieselte 90 Minuten lang in der
Sturmspitze.
Kickers Offenbach: Wunderlich, Braun, Schummer, Lars Meyer, Walz, Speth, Koutsoliakos, Scholl, Gedikli, Kruse, Ispir.
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Verteidigen die Kickers ihre Serie in Mannheim ? Seit Oktober 1996 auswärts nicht mehr verloren
Wenn Kickers-Trainer Hans Jürgen Boysen „nichts neues” vermeldet, ist das eine gute
Nachricht. Erstmals seit Boysens Amtsübernahme hat Kickers Offenbach beim 2:2 gegen
Reutlingen ein Spiel ohne neue Verletzungen überstanden. Wenn Eddy Walz in diesen
Tagen das Training wieder aufnimmt, fällt aus dem 21er-Kader nur noch Goran Skeledzic
aus. Der 27jährige macht täglich Fortschritte, wird aber mit Sicherheit heute (19.30
Uhr) beim VfR Mannheim und am Samstag beim VfL Kitchheim noch fehlen.
Heute vormittag werden die Kickers auf dem Bieberer Berg noch einmal trainieren, ehe
sie nach Mannheim fahren. Die Mannschaftsaufstellung will Boysen erst kurz vor dem
Spiel festlegen. „Wir müssen abwarten, mit welchen Stürmern der VfR Mannheim spielen
wird.” Spielt der großgewachsene Ex-Darmstädter Volke wären Scholl oder Schummer als
Manndecker denkbar, gegen Dakic könnte Giersch spielen. Mit Sicherheit wird der
bosnische Nationalspieler Karamehmedovic als zentrale Spitze auflaufen. Ein Fall für
Bernd Gramminger. Der 30jährige ist die personifizierte Zuverlässigkeit und will in
Mannheim eine stolze Serie fortsetzen. Wissen Sie, wann Bernd Gramminger sein letztes
Punktspiel verloren hat ? Am 18. Mai 1996 beim 2:3 in Haiger. Nach einer halbjährigen
Verletzungspause mit zwei Operationen rückte Gramminger im Februar 1997 wieder in die
Kickers-Mannschaft, die seitdem ungeschlagen ist ! Die letzte Niederlage kassierte der
OFC am 22. November 1996 mit 0:2 gegen den FSV Frankfurt. Fast schon historisch ist
die letzte Auswärtsniederlage. Seit dem 26. Oktober 1996 (1:2 in Gießen) haben die
Kickers auswärts nicht mehr verloren.
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Ersatzlampen für Mannheim nicht vergessen VfR gegen OFC unter Erfolgsdruck
Rhein-Neckar-Stadion – eine historische Stätte für Kickers Offenbach. Erinnerungen
werden vor dem morgigen Spiel gegen den VfR Mannheim wach. „Anstoß ist um 19.30 Uhr.
Also für alle Fälle Ersatzscheinwerfer mitbringen, es könnte dunkel werden”, werden
die OFC-Fans in der Stadionzeitung bereits vorgewarnt. Die Andeutung bezieht sich auf
das Aufstiegsspiel am 6. Juni 1997 gegen den FC Memmingen, als in der 89. Minute das
Flutlicht ausging.
„Eigentlich müßten uns die Offenbacher nachträglich noch einen ausgeben”, scherzt
VfR-Trainer Rudi Bommer, dem eigentlich gar nicht zum Lachen zumute ist. Denn der
39jährige steht gegen die Kickers unter großem Erfolgsdruck. Der selbsternannte
Titelaspirant tritt nach zwei Unentschieden (0:0 gegen Neukirchen, 1:1 gegen Kirchheim)
auf der Stelle. „Unser Potential liegt noch brach. Gegen Offenbach müßte der Knoten
platzen”, sagt Bommer, der von den VfR-Verantwortlichen schon gedrängt wurde, selbst
noch einmal die Fußbällschuhe anzuziehen.
Mannheim ist am Mittwoch gezwungen, das Spiel zu machen, Druck zu entwickeln. „Der VfR
ist klarer Favorit. Ich erwarte ein wütendes Anrennen. Es liegt dann an uns, daraus
ein blindwütiges Anrennen zu machen”, will Boysen mit einer konzentrierten Abwehrleistung
und „schnellen Kontern in die offenen Räume die Mannheimer ärgern.”
Soweit will es Rudi Bommer nicht kommen lassen, obwohl ihm der OFC gegen Reutlingen
imponiert hat. „Die haben sehr gut nach vorne gespielt und alle waren in Bewegung.
Dazu kommt dieses phantastische Publikum, da schaffen die Kickers den Klassenerhalt
bestimmt.” Als ehemaliger Jugendspieler der Kickers, unter Hermann Nuber, traut Bommer
seinem Ex-Verein unter Umständen noch mehr zu. „Es gibt jede Saison eine Überraschungsmannschaft,
die oben mitspielt, warum sollen das diesmal nicht die Kickers sein ?” Aber Bommer
hat beim Neuling auch Schwächen entdeckt. „Die verrate ich aber nur meinen Spielern.”
Auch aus der Mannschaftsaufstellung macht der sechsfache Nationalspieler ein Geheimnis.
Seine beiden bosnisehen Sturmspitzen sind seine Sorgenkinder. Zeljko Dakic ist seit
einer Woche bei seinen Eltern in Bosnien, soll aber gestern abend zurückgekehrt sein.
Sein Sturmpartner Haris Karamehmedovic wurde wegen Steuerhinterziehung und Zigarettenschmuggel
zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt, weiß aber noch nicht., wann er die
Strafe antreten muß.
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OFC verschafft sich Respekt und kündigt noch Steigerung an Boysen: "In den nächsten Wochen besser gewappnet"
Waldhof Mannheim stürmte vor 6 000 Zuschauern mit dem 3:0-Sieg über Darmstadt 98 an
die Tabellenspitze der Regionalliga Süd, doch der Zweitliga-Absteiger wurde an den
Stadionkassen von einem Neuling überflügelt. Aufsteiger Kickers Offenbach meldete am
Freitagabend beim Regionalliga-Comeback nach zweijähriger Pause mit 7 500 Zuschauern
Rekordbesuch für den ersten Spieltag. „Das war das Feeling Bieberer Berg”, jubelte der
Stadionsprecher mit fast heiserer Stimme nach dem Schlußpfiff, als die Stimmung im
Stadion fast überschwappte.
Der „Henker” hatte für strahlende Gesichter gesorgt. Hobbyschauspieler Oliver Roth
– Lieblingsrolle Henker – rettete mit seinem Treffer in der 89. Minute das 2:2-Unentschieden
der Kickers gegen den SSV Reutlingen und verhinderte den befürchteten Fehlstart des
Aufsteigers. Während sich die Reutlinger wie nach einer Niederlage in die Kabine
verkrochen, feierten die Offenbacher den späten aber verdienten Punkt wie einen Sieg.
Das Trainerduo Hans Jürgen Boysen und Stephan Groß stürmte dem Torschützen über das
halbe Spielfeld entgegen. Auf der Tribüne wurde gejubelt, als sei den Kickers schon
wieder ein Aufstieg geglückt.
Die Freude war so groß, weil der Punktgewinn so unverhofft zustande gekommen war, wie
der Flutlichtausfall im Mannheimer Aufstiegsspiel gegen Memmingen. Aber Reutlingen
bekam zu spüren, daß sich die Kickers-Gegner niemals zu früh in Sicherheit wiegen
dürfen. Der unbedingte Wille zeichnet die Mannschaft auch in dieser Saison aus. „Wer
in Offenbach das Stadion vor dem Schlußpfiff verläßt, ist selbst schuld”, gab
Mittelfeldspieler Paul Koutsoliakos allen Zuschauern mit auf den Heimweg.
Doch OFC-Trainer Boysen ließ sich von der Euphorie nicht blenden. Schonungslos sprach
Boysen die konditionellen Mängel (in der 2. Halbzeit gewannen die Reutlinger zwei
Drittel der Zweikämpfe) und das fehlende spielerische Niveau (kaum herausgespielte
Torchancen) an. „Man hat deutlich gesehen, daß heute einfach nicht mehr drin war. Aber
in zwei, drei Wochen werden wir besser gewappnet sein”, versprach Boysen eine
Steigerung in jeder Hinsicht. „Das waren 70 bis 75 Prozent unseres Leistungsvermögens.”
Die ellenlange Verletztenliste in der Vorbereitung macht sich noch negativ bemerkbar.
Auch taktisch kann Boysen noch nicht das umsetzen, was ihm vorschwebt. So stand Oliver
Roth als einzige Sturmspitze gegen die Vierer-Abwehrkette der Reutlinger 89 Minuten
lang auf verlorenem Posten. „Natürlich würde ich lieber mit zwei Spitzen als mit einer
spielen, aber mir sind die Hände gebunden”, verweist Boysen auf die fehlenden
Alternativen, denn Skeledzic fällt noch wochenlang aus. Und die drei offensiven
Mittelfeldspieler Simon, Methfessel und Maier sind noch kein magisches Dreieck. Sie
offenbaren noch Abstimmungsprobleme, weil sie in der Spielanlage sehr ähnlich sind.
Aber gegen Reutlingen ließ Boysen sein Offensiv-Trio auch mit angezogener Handbremse
spielen. „Wir können doch keinen Wildwestfußball spielen und blind nach vorne stürmen,
dann würden wir ins Verderben rennen.”
Das werden die Kickers in den kommenden beiden Auswärtsspielen beim Titelfavoriten
VfR Mannheim und beim Neuling Kirchheim/Teck sicher auch nicht tun. Auch wenn der
eigene Trainer noch ein großes Potential an Steigerungsmöglichkeiten sieht, haben die
Kickers mit ihrem ersten couragierten Auftritt die Konkurrenz schon beeindruckt.
„Beachtlich, was die Offenbacher zeigen”, war Rudi Bommer, Trainer des VfR Mannheim,
vom OFC angetan. „Das wird am Mittwoch ein harter Brocken für uns.” Anpfiff im
Offenbacher Lieblingsstadion ist am Mittwoch um 19.30 Uhr. In der zweiten Halbzeit
soll dann das Flutlicht angehen – „und diesmal”, so Bommer, „bis zum Schlußpfiff leuchten.”
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"Uns fehlen jetzt noch 13 Siege" Oliver Roth: "Wahrheit zeigt sich erst gegen Abstiegskonkurrenten"
Oliver Roth, sind Sie als Kapitän der Offenbacher Kickers mit dem 2:2 im ersten Spiel
gegen Beutlingen zufrieden ?
Oliver Roth: „Das ist o.k. In der Regionalliga spielen die Vereine in verschiedenen Etagen.
Reutlingen ist wahrscheinlich bei den ersten fünf oben dabei, wir spielen gegen den
Abstieg. Wenn du gegen einen der ersten fünf Vereine einen Punkt holst, kann man
zufrieden sein. Ich gehe davon aus, daß man zum Klassenerhalt etwa 40 Punkte braucht.
Einen haben wir jetzt, fehlen noch 39 Punkte, oder 13 Siege.”
Kann man nach dem ersten Spiel die Liga schon in etwa einschätzen ?
Roth: „Nein. Die Wahrheit wird sich erst gegen die echten Konkurrenten im
Abstiegskampf zeigen, nicht gegen Reutlingen. Dann müssen wir zeigen, ob wir in der
Lage sind, hinten sicher zu stehen und gleichzeitig Druck nach vorne zu machen.”
Was ist der Unterschied zwischen Oberliga und Regionalliga ?
Roth: „Wir haben uns letzte Saison viele Konzentrationsfehler erlaubt. So etwas
wird in der Regionalliga noch härter bestraft. Wenn wir diese Fehlerquote so niedrig
wie möglich halten, schaffen wir den Klassenerhalt. Für unsere Zuschauer werden die
Spiele wahrscheinlich weniger attraktiv, denn es wird weniger Torchancen geben. Man
bekommt nicht mehr als zwei, drei Chancen pro Spiel. Aber dafür wird der Spannungseffekt
erhöht, denn es gibt keine sicheren Siege mehr.”
Haben Sie noch mit dem späten Ausgleich gerechnet ?
Roth: „Auf dem Bieberer Berg rechnet man bis zur 94. Minute mit allem. Das
Publikum gibt uns bis zum Schluß die nötige Kraft.”
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"Mit 2:2 sehr zufrieden" Hägele: "Hexenkessel-Atmosphäre"
Offenbachs Kickers-Trainer Hans-Jürgen Boysen:
Kickers-Präsident Dr. Lothar Winkler:
Reutlingens Trainer Martin Hägele:
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Ohne Angst in das erste Spiel Kickers-Neuzugang Methfessel will endlich positives OFC-Erlebnis
„Mit Kickers Offenbach habe ich schon verrückte Sachen erlebt.” Das sagt einer, der
erst seit vier Wochen das OFC-Trikot trägt und heute abend sein erstes Punktspiel
bestreitet. Mit gemischten Gefühlen wird Neuzugang Alexander Methfessel heute abend
(19.30 Uhr) gegen den SSV Reutlingen ins Stadion Bieberer Berg einlaufen. Bislang hat
Methfessel keine allzu guten Erfahrungen mit Offenbach gemacht, doch das soll sich
jetzt ändern.
Schon einmal spielte der 26jährige auf dem Bieberer Berg. Im Regionalligaspiel Kickers
gegen Unterhaching wurde Methfessel an einem Freitagabend im April 1994 in der 2.
Halbzeit eingewechselt. „Das war ein ominöses Spiel”, erinnert sich Methfessel an die
Szenen, als Zuschauer Offenbacher Spieler schlugen und anschließend Scheiben einwarfen.
Seine zweite Begegnung mit den Kickers hatte Methfessel wieder unter Flutlicht. 3:2
führte Memmingen, als in der 90. Minute in Mannheim das Flutlicht ausfiel. Vor
Enttäuschung weinend lief Methfessel damals vom Platz.
Seine Leistung war damals so imponierend, daß die Kickers alle Hebel in Bewegung
setzten, um den Alleserlediger im Memminger Mittelfeld nach Offenbach zu holen. Seit
vier Wochen lebt („Nur aus dem Koffer, weil ich noch eine größere Wohung suche.”) und
arbeitet (nur als Fußballer) Methfessel jetzt in Offenbach. Heute soll er zeigen, daß
er die erhoffte Verstärkung sein wird. Die große Erwartungshaltung bekommt er natürlich
zu spüren. „Mein Problem ist, daß ich mich natürlich auch selbst unter großen Druck
setze. Ich weiß, was man von mir erwartet. Deshalb habe ich die Meßlatte sehr hoch
gelegt.” Was seinem Trainer gar nicht so gefällt. „Der Alex ist noch etwas übermotiviert.
Er will überall, also bei jedem Angriff dabei sein. Damit wird er überbeansprucht und
darunter leidet seine Kreativität”, versucht Hans Jürgen Boysen den Tatendrang
Methfessels etwas zu bremsen. „Manchmal ist weniger etwas mehr.”
Dazu kommt, daß Methfessel seine Spielweise gewaltig umstellen muß. In Memmingen hatte
er absolute Freiheit, durfte sich in allen Winkeln des Spielfelds herumtreiben. Im
Spielsystem der Kickers gibt es diese Position nicht. Methfessel ist einer von zwei
offensiven Mittelfeldspielern, soll verstärkt über die halblinke Position kommen. „Diese
Umstellung mit weniger Ballkontakten ist noch nicht ganz gelungen. Wir brauchen
insgesamt noch etwas Zeit, bis Wir uns richtig eingespielt haben”, hofft Methfessel
auf Fortschritte in den nächsten Wochen.
Heute wartet mit dem Deutschen Amateurmeister SSV Reutlingen (mit den Ex-Offenbachern
Adigo und Nwanegbo) einer der Topfavoriten auf die Kickers. „Wir müssen keine Angst
haben”, versprüht Methfessel Optimismus. „Wir haben eine gute Mannschaft und ich glaube,
ein Punkt ist das Minimum für uns.” Dann hätte auch Methfessel endlich sein Erfolgserlebnis
mit den Kickers.
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6000 Besucher sollen Joker für Kickers setzen Boysen hat zehn Plätze vergeben
Hans Jürgen Boysen kann mittlerweile ein Buch über die Verletzungsmisere bei den
Offenbacher Kickers schreiben. Doch was der OFC-Trainer am Dienstag erlebte, war der
Höhepunkt der vierwöchigen Vorbereitung auf den Punktspielstart am Freitag (19.30 Uhr)
gegen den SSV Reutlingen. Während Boysens Ansprache vor der versammelten Mannschaft
schrie Libero Stefan Dolzer plötzlich auf und griff sich an den Fuß. „Es hat geknackt,
ich kann nicht mehr laufen.” Zum Masseur, dann zum Arzt. Entwarnung erst am nächsten
Tag. Dolzer hatte sich eine Sehne eingeklemmt, kann aber am Freitag spielen. „Typisch
für unsere Situation, daß sich Spieler sogar schon beim Zuhören verletzen”, nahm Boysen
die Schrecksekunde schon gelassen hin.
Wie ein roter Faden zogen sich die Ausfälle quer durch die Mannschaft und die
Vorbereitung. „So etwas passiert immer während einer Saison”, meint Boysen. „Uns hat
es eben relativ früh getroffen. Vielleicht haben wir Glück, daß ab heute nichts mehr
passiert.” Gegen den Deutschen Amateurmeister SSV Reutlingen muß Boysen am Freitag mit
Walz (Ablagerungen am Sprunggelenk, mindestens weitere acht Tage Pause) und Skeledzic
(leichtes Training, Rückkehr ungewiß) „nur” noch zwei Stammspieler ersetzen. „Ich will
nicht klagen”, schiebt Boysen die Hiobsbotsehaften endgültig beiseite und widmet sich
erfreulicheren Meldungen. „Die letzten Trainingseindrücke sind sehr gut. Die Jungs
sind heiß.” Spät, aber nicht zu spät hat der Kampf um die ersten elf Plätze begonnen.
Zehn Positionen hat Boysen nach eigenen Angaben vergeben, will aber vor Freitag noch
keine Namen nennen. „Bei uns ist zuletzt soviel passiert, da will ich die Spieler nicht
noch zusätzlich verunsichern.” Ihre Plätze sicher haben im Tor Rene Keffel, Libero
Stefan Dolzer, Manndecker Bernd Gramminger, im Mittelfeld Frank Kastner, Patrick Dama,
Alexander Methfessel und Günther Maier sowie im Sturm Oliver Roth, den Boysen wieder
zum Kapitän bestimmt hat. Stefan Simon wird je nach Spielsituation in der Spitze neben
Roth oder im offensiven Mittelfeld spielen. Bleiben noch zwei vakante Positionen:
Manndecker (Lars Meyer, Kai-Uwe Giersch und Stefan Schummer) und rechtes Mittelfeld
(Giersch, Stefan Scholl und Paul Koutsoliakos).
Trotz Ferienzeit erwarten die Kickers morgen einen Zuschaueransturm. „Zwischen 6000
und 10 000 ist alles möglich”, glaubt Boysen, der seine ganze Hoffnung auf die
Kickers-Anhänger setzt. „Die Aufstiegsspiele haben gezeigt, welch großen Einfluß das
Publikum hat. Ich hoffe, daß die Zuschauer am Freitag den Joker für uns setzen."
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Titelkampf ist offener als je zuvor
Parallel zur Bundesliga fällt am Wochenende in der Fußball-Regionalliga Süd der
Startschuß zur neuen Saison. Nach dem Aufstieg des Zuschauermagneten 1. FC Nürnberg
wird der Schnitt von 2 545 Fans pro Spiel deutlich sinken, obwohl mit Waldhof, Kickers
Offenbach und Darmstadt drei Ex-Bundesligisten mitspielen.
Vieles spricht dafür, daß der Titelkampf offener denn je wird. Es fehlt diesmal die
alles überragende Mannschaft. Viele trauen dem baden-württembergischen Trio SSV Ulm
1846, VfR Mannheim und SSV Reutlingen den Aufstieg ins Profilager zu. Daneben werden
noch Zweitliga-Absteiger Waldhof Mannheim, Borussia Fulda und Wacker Burghausen Chancen
eingeräumt.
Besonders die Ulmer wollen mit aller Macht nach oben, haben auf dem Transfermarkt
kräftig zugelangt. Abwehrspieler Stadler (89 Bundesligaspiele) aus Gladbach und
Stürmer Fritz Walter (345 BL-Spiele) aus Bielefeld sind die prominentesten Neuzugänge.
Den Aufstieg im Visier hat auch der VfR Mannheim. Sorgen bereitet einzig Torjäger
Karamehmedovic, der wegen Steuerhehlerei zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei
Monaten ohne Bewährung verurteilt wurde. Der dritte Aufstiegsanwärter SSV Reutlingen
verfügt über eine gut eingespielte Mannschaft. SSV-Coach Martin Hägele schwört auf
Pressing und Raumdeckung und hat sich in letzter Minute mit dem ehemaligen Mannheimer
Torwart Langner verstärkt.
Waldhof Mannheim haben nicht weniger als 24 von 25 Spielern nach dem Abstieg den
Rücken gekehrt. Mackert blieb als letzter Mohikaner. Bei der Multi-Kulti-Truppe hat
Trainer Uwe Rapolder sprachliche Probleme. „Mit den Brasilianern Santos und Adriano
spreche ich italienisch, mit anderen Spielern englisch, mit dem Rest deutsch und
französisch.”
Einfacher haben es da die Überraschungsmannschaften des Vorjahres, Borussia Fulda und
Wacker Burghausen. Alle wichtigen Spieler sind geblieben. Eine Plazierung im oberen
Tabellen-drittel ist realistisch. Als Geheimfavorit wird der SC Weismain gehandelt.
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"Unsere Vorbereitung war unbefriedigend" Kickers-Auftakt am Freitag gegen SSV Reutlingen
Drei Tage vor dem Saisonstart ist das Kribbeln spürbar. „Endlich geht es los”, fiebert
die Fangemeinde der Offenbacher Kickers der zweiten Regionalliga-Saison entgegen, die
dem OFC am Freitag (19.30 Uhr) mit einem Heimspiel gegen den deutschen Amateurmeister
SSV Reutlingen gleich einen Knüller beschert. Knapp sieben Wochen nach dem Sieg im
Entscheidungsspiel über den FC Memmingen beginnt bei Kickers Offenbach eine neue Ära.
Zehn Jahre nach dem Aufstieg in die 2. Liga und einem immerwährenden Abwärtstrend geht
es erstmals wieder aufwärts.
Doch die vierwöchige Vorbereitung hat auf dem Bieberer Berg nicht nur auf dem Rasen
Spuren hinterlassen. Das durch einen Rasenmäher ramponierte Spielfeld wird bis Freitag
in einem akzeptablen Zustand sein. Das soll auch für die Mannschaft Gültigkeit haben.
Doch die Euphorie unmittelbar nach dem glücklichen Aufstieg wurde durch die Ergebnisse
in den Testspielen – auch wenn die üblicherweise kein Gradmesser sein sollen – und die
Verletzungsmisere der letzten vier Wochen beträchtlich gedämpft. „Die Vorbereitung war
für uns unbefriedigend”, klagte der neue Trainer Hans Jürgen Boysen. Die Belastungen
der letzten Saison, mit den drei an Nerven und Kondition zehrenden Entscheidungsspielen,
und der kurze, nur dreiwöchige Urlaub forderten ihren Tribut. Fast permanent fielen
Spieler in der Vorbereitung wegen Krankheit oder Verletzung aus. „Wir hatten zuviele
angeschlagene Spieler, so daß in der eigentlichen Testphase die Auswahl zu gering war”,
erklärt Boysen, der den ausgedünnten Kader durch die Vielzahl der Testspiele über
Gebühr beanspruchen mußte. „Es ist schwer, das richtig auszubalancieren.”
Viele neue Erkenntnisse konnte das Trainerduo Boysen/Stephan Groß angesichts der kurzen
und problematischen Vorbereitung nicht gewinnen. Nach der radikalen Umgestaltung unter
Ronny Borchers wird das Gesicht der Mannschaft nach dem Aufstieg kaum verändert.
Bisher haben von den Neuzugängen Methfessel und Maier den stärksten Eindruck
hinterlassen. Ansonsten dürfte Boysen auf den bewährten Kader zurückgreifen. Bis auf
Walz und Skeledzic sollen auch alle Patienten ihre Blessuren bis Freitag auskuriert
haben. Und dann müssen die Kickers ihren Trainer bestätigen, der behauptet: „Wir sind
stärker geworden, vor allem aber kompakter und ausgeglichener.”
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Riese OFC will in Regionalliga klein anfangen Boysen dämpft große Erwartungen
Der Blick zurück bereitet den Verantwortlichen der Offenbacher Kickers große Freude.
In letzter Minute dank Flutlichtausfall in Mannheim der Aufstieg in die Regionalliga.
Dazu klimperte es in den letzten Saisonwochen fast permanent in der Kickers-Kasse.
Zuschauerströme ohne Ende auf dem Bieberer Berg. Nach Vereinsangaben erbrachte die
Oberliga-Saison einen Überschuß von einer halben Million Mark. Dazu kam ein riesiger
Imagegewinn durch vier Live-Übertragungen im Hessischen Fernsehen. Der Riese Kickers
Offenbach ist erwacht. Der Blick in die Zukunft ist derzeit verschwommen. Die Kickers
bieten nach der Vorbereitung auf die neue Saison noch kein klares Bild. Licht und
Schatten wechselten permanent. Viele Fragezeichen, völlig unterschiedliche Prognosen.
Die riesige Fangemeinde – selbst in der Regionalliga hatte nur der „Club” mehr Zuschauer
– träumt vom Durchmarsch, wie ihn 1860 München, Arminia Bielefeld oder Fortuna
Düsseldorf vorexerziert haben. „Wahnsinn, mit welchen Erwartungen viele Fans in die
Saison gehen”, war Hans Jürgen Boysen gleichzeitig fasziniert, überrascht und teilweise
entsetzt. Der neue Trainer der Offenbacher ist seit Wochen bemüht, die „unrealistische
Erwartungshaltung” der Fans etwas zu dämpfen. „Nur Leute, die die Regionalliga nicht
kennen, glauben, daß wir vorne mitspielen können. Vielleicht sollte man sich in Erinnerung
rufen, wie schwierig schon der Aufstieg in diese Klasse gefallen ist.” Der 40jährige
Ex-Profi verweist darauf, daß zwei Drittel der Regionalligisten seit Bestehen dieser
Klasse dabei sind. „Wenn wir in der Lage sind, uns im Mittelfeld festzusetzen, dann
ist das mit Sicherheit für das erste Jahr eine vernünftige Zielsetzung.” Der Klassenerhalt
ist Pflicht, unter diesen Voraussetzungen arbeiten Boysen und sein Co-Trainer Stephan Groß.
Vier Absteiger wird es nur dann geben, wenn ein Verein (Greuther Fürth, Unterhaching,
1. FC Nürnberg oder Stuttgarter Kickers) aus der 2. Bundesliga zurückkommt. Bleibt dieses
Quartett oben, steigen nur drei Vereine aus der Regionalliga ab. Wenn sich dann auch
noch der Tabellenzweite in der Aufstiegsrunde mit dem Zweiten West-Südwest sowie
Nord/Nordost durchsetzt, müssen nur zwei Vereine absteigen.
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Bayern-Duo soll das Spiel lenken OFC-Mittelfeld das Prunkstück
Als die Kickers ihren Wunschspieler im Urlaubsland Ägypten endlich an der Angel hatten,
fiel Trainer Jürgen Boysen ein Stein vom Herzen. „Alexander Methfessel wird für unser
Spiel ein ganz wichtiger Mann.” Der ehemalige Memminger soll im Mittelfeld der Führungsspieler
werden, der Mannschaft und Spiel lenkt. Aus Bayern haben sich die Kickers noch eine
zweite Verstärkung geholt. Günther Maier (Aschaffenburg) soll die ideale Ergänzung zu
Methfessel werden. Lars Meyer, Ispir, Giersch, Kruse und Wunderlich sind zunächst als
Ergänzungsspieler einzustufen. Die Kickers haben sich im Gegensatz zum Vorjahr auf dem
Transfermarkt zurückgehalten. Dafür ist aus der Stammelf auch nur Klein gegangen.
Boysen schwebt in der Regionalliga ein 3-5-2-System vor. Wobei im Mittelfeld drei
defensive Spieler die beiden offensiv ausgerichteten „Halbstürmer” nach hinten absichern
sollen. Kastner (zentral) und Dama (links) sind gesetzt. Auf der rechten Außenbahn
wird die Ideallösung noch gesucht. Im offensiven Mittelfeld haben Methfessel und Maier
die besten Karten. Hartmann, Simon und Speth stehen noch auf der Kandidatenliste.
Im Angriff lastet die ganze Verantwortung auf Oliver Roth, denn sein Sturmpartner Goran
Skeledzic laboriert noch immer an den Folgen einer Rückenoperation. Wann der Kroate
wieder spielen kann, ist noch völlig ungewiß. „Auf dieser Position können wir einen
Spieler aus dem Mittelfeld, zum Beispiel Hartmann oder Simon bringen. Aber auch Ispir
und Kruse haben ihre Chance.” Auch in der Abwehr hat sich Boysen noch nicht festgelegt,
wer neben Gramminger zweiter Manndecker spielen wird. Fest vergeben sind die Nummer
eins (Rene Keffel) und der Libero-Posten (Stefan Dolzer).
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Die Offenbacher Kickers spielen am morgigen Sonntag (17:00 Uhr) beim Nachbarn VfB
Offenbach am Bierbrauerweg für einen guten Zweck: Der Erlös kommt den Angehörigen
Werner Pauls zugute, der im Mai während des VfB-Spiels in Sprendlingen einen
Herzinfarkt erlag. OFC-Trainer Hans-Jürgen Boysen: "Wir kommen mit der ersten Garnitur".
(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 26.07.97)
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Gegen Bad Homburg auf dem Bieberer Berg
Die Gärtner gaben grünes Licht für das Hauptspielfeld auf dem Bieberer Berg. Deshalb
können die Offenbacher Kickers ihr Freundschaftsspiel gegen den Landesligisten Spvgg.
Bad Homburg am morgigen Samstag (17 Uhr) wunschgemäß auf eigenem Gelände austragen.
„Am l. August beginnt die Punktrunde gegen Reutlingen, da ist es schon wichtig,
endlich einmal auf eigenem Platz spielen zu können”, erklärte Kickers-Trainer Hans
Jürgen Boysen. Bekanntlich war der Kickers-Rasen bei einer Open-air-Veranstaltung arg
ramponiert worden. Das Wetter der letzten Wochen half bei der Rasen-Renovierung
kräftig mit.
Die Kickers tanken zur Zeit noch Kraft und Kondition im Taunus-Trainingslager
„Erbismühle”. Mit dabei auch Vorjahres-Torjäger Goran Skeledzic, der seit dem 8. März
verletzt gewesen ist. Hans-Jürgen Boysen hat den technisch versierten Angriffsspieler
allerdings noch nicht in seinen festen Planungen für die ersten Pflichtspiele in der
Regionalliga Süd berücksichtigt: „Skeledzic macht gute Fortschritte, an einen Einsatz
zum Saisonstart ist allerdings noch nicht zu denken.”
Bei den Bad Homburgern hat sich in jüngster Zeit auch allerhand getan. Trainer Herbert
Schäty (im April dieses Jahres bei dei SG Egelsbach ausgeschieden) hat eine wahre
Nationalitäten-Mischung auf die Landesliga-Saison vorzubereiten: „Ich bin aber
überrascht, wie schnell sich die neun Neuzugänge in unseren Kader integrieren ließen.”
(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 25.07.97)
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