Kickers Offenbach

Berichte zum Aufstieg in die 2.Fußball Bundesliga


 
News vom Mo. 21.06.99

Berichte aus vielen Zeitungen

Frankfurter Neue Presse

OFC kehrt in die Zweite Bundesliga zurück Vollmar und Roth treffen beim 2:1-Sieg
Der deutsche Profi-Fußball hat die Offenbacher Kickers wieder. Zehn Jahre nach dem Zwangsabstieg haben die Kickers die Rückkehr geschafft. Im entscheidenen Aufstiegsspiel zur Zweiten Bundesliga landete die Mannschaft von Trainer Hans-Jürgen Boysen einen 2:1-Sieg beim VfL Osnabrück, wobei den Kickers bereits ein Unentschieden genügt hätte, um aufzusteigen.

Der OFC verdiente sich den Sprung in die Zweitklassigkeit indes mit einer couragierten Vorstellung und zeigte sich gegenüber dem 2:0-Heimsieg im ersten Aufstiegspiel gegen Eintracht Trier sowie den vorausgegangenen Punktspielen in der Regionalliga Süd vor allem fußballerisch deutlich verbessert. Den besseren Start erwischte jedoch der Meister der Regionalliga Nord. Nachdem Vollmar für den OFC das 1:0 vergeben hatte (18.), brachte Christian Claaßen mit einem Schrägschuß von der Strafraumgrenze aus die Gastgeber in Führung (20.). OFC-Schlußmann Rene Keffel machte dabei keine glückliche Figur und gab später auch zu, daß "der Ball nicht unhaltbar war". Der Rückstand brachte die Gäste vorübergehend aus dem Konzept, die danach zweimal Glück brauchten. Erst schoß Claaßen freistehend über das OFC-Gehäuse (39.), dann mußte Dama nach einem Schuß von Przondziono auf der Linie klären (45.). "Ein 2:0 für den VfL Osnabrück war möglich", gestand Boysen später.

Sein Team erholte sich jedoch von dem Rückschlag und suchte nach dem Seitenwechsel den offenen Schlagabtausch. Zusätzlichen Auftrieb erhielten die Gäste durch das 1:1. Nach präziser Flanke von Stohn entwischte Vollmar seinem Gegenspieler Schwager traf per Flugkopfball (51.). Der OFC verlegte sich nun auf Konter, während Osnabrück mit Macht versuchte, den zweiten Treffer anzubringen. Den Gastgebern fehlten aber die Ideen, um den OFC, der durch Vollmar, der allein vor Osnabrücks Torhüter Brunn scheiterte, die Großchance zum 2:1 besaß (60.), wirklich in Verlegenheit zu bringen. Lediglich bei Thiounes Kopfball, den Dietmar Roth auf der Linie klären mußte (72.), sowie bei zwei Kopfbällen von Claaßen (79./84.), die Keffel glänzend parierte (79./84.), lag ein Osnabrücker Tor in der Luft.

Der OFC beseitigte seinerseits aber erst in der Nachspielzeit jegliche Zweifel an der Rückkehr in den Profifußball. Dem zur Pause für den verletzten Simon eingewechselten Torjäger Oliver Roth war es vorbehalten, das 2:1 zu erzielen. Damit sorgte der 31jährige aber nicht nur für Glückseligkeit beim Offenbacher Anhang. Auch etwa 700 Kilometer von Osnabrück entfernt, in Pfullendorf, sorgte dieses Tor für Jubel. Denn durch den Aufstieg der Kickers bleibt der SC Pfullendorf nämlich in der Fußball-Regionalliga Süd.


Gerster ist um 500 000 Mark reicher - Vollmar bleibt

Als Schiedsrichter Lutz-Michael Fröhlich mit drei kurzen Pfiffen die Rückkehr von Kickers Offenbach in die Zweite Liga amtlich machte, gab es kein Halten mehr. Während einige wenige Osnabrücker Fans einen kurzen und erfolglosen Versuch starteten, dem Schiedsrichter-Gespann an den Kragen zu gehen, herrschte bei den 3500 mitgereisten Kickers-Anhängern Jubel, Trubel, Heiterkeit.

Inmitten der singenden und tanzenden Anhänger- und Spielerschar befand sich auch Klaus Gerster. "Ich kann es nicht glauben", sagte der OFC-Manager immer wieder vor sich hin, nachdem er unmittelbar nach Spielende Freudentränen in den Augen hatte. In den Sekunden, als die Anspannung abfiel, brachen auch bei Gerster, der nach dem FSV Frankfurt 1994 den zweiten Klub in die Zweite Liga managte, die Dämme. Und das nicht nur, weil er nach dem vollbrachten Aufstieg um etwa 500 000 Mark reicher ist, die der Kickers-Manager sich bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren als Prämie für einen Aufstieg in die Zweite Liga zusichern ließ, nachdem er seit 1996 bis zum Samstag auf eine Vergütung verzichtet hatte.

Doch das Geld war es nicht, was bei den Offiziellen ebenso wie Spielern und Fans im Moment des Triumphes die Emotionen in Wallung brachte. Seit 1989, als der Deutsche Fußball-Bund den Kickers die Lizenz entzog, galt alles Streben und Verlangen rund um den Bieberer Berg der Rückkehr in den Profifußball. Nachdem die Kickers in der vergangenen Saison in der Relegation gescheitert waren und in der laufenden Runde den Meistertitel in der Regionalliga Süd Waldhof Mannheim überlassen mußten, war der Druck auf Boysens Team enorm gewesen. Da verwunderte es nicht, daß nach dem Schlußpfiff in Osnabrück die Gefühle überschwappten. "Ich bin unglaublich stolz auf diese Mannschaft", ließ Boysen jeden wissen, "denn wir haben mit sehr viel Herzblut und Liebe an ihr gebastelt."

Von heute an wird neben Herzblut auch wieder nüchternes Kalkül in Offenbach regieren. Denn alle wissen, daß dem Neuling eine schwere Saison bevorsteht. "Unser Ziel ist nur Platz 14", sagt Gerster, auch Vizepräsident Wilfried Kohls erwartet "ein schönes, aber auch schweres Jahr." Die finanziellen Rahmenbedinungen für die Zweite Liga sind bereits abgesteckt. Die Kickers planen mit Einnahmen von 12,5 Millionen Mark und kalkulieren gleichzeitig mit Ausgaben in Höhe von 10,5 Millionen Mark. "Die 2,5 Millionen haben wir als Puffer gedacht", erklärt Gerster die Strategie in Offenbach, wo man ferner mit einem Zuschauerschnitt von 12 000 rechnet. Priorität hat jetzt die Verstärkung des Kaders. Mit Lars Schmidt (33/FSV Mainz 05) steht ein Neuzugang fest, weitere gestandene Akteure sollen folgen. 20 bis 22 Spieler will der OFC in der kommenden Saison beschäftigen, 16 hat der Aufsteiger unter Vertrag. Vier bis sechs Neuzugänge wird es also noch geben, im Gespräch sind nach wie vor Markus Sailer (Stuttgarter Kickers), Michael Mason (FC St. Pauli) und Marco Grevelhörster (Mainz). Spekuliert wird sogar über Gerster-Schützling Manfred Binz (zuletzt Borussia Dortmund), während Pascal Ojigwe (Kaiserslautern/geht wohl zum 1. FC Köln) sowie David Wagner (FC Gütersloh/ wechselt zu Waldhof Mannheim) kein Thema mehr sind. Verlassen werden den OFC Frank Kastner (SSV Reutlingen), Andreas Clauß (Darmstadt 98) und eventuell auch Michael Hartmann, der beim FSV Frankfurt als Neuzugang gehandelt wird. Routinier Paul Koutsoliakos beendet dagegen seine Laufbahn. Dirk Vollmar wird dagegen weiterhin das Kickers-Trikot tragen. Der 27 Jahre alte Stürmer, der ein Angebot von Dynamo Dresden vorliegen hatte, nahm die Offerte des OFC an und unterschrieb bis zum 30. Juni 2002.


Erst gefiebert, dann gefeiert: OFC-Fans glückselig

Um 22.47 Uhr war es endlich soweit. Nach über vier Stunden Fahrt trafen die Heroen von der Stätte des Triumphes am Ort des überschäumenden kollektiven Jubels ein. Etwa 10 000 glückselige Fans empfingen am Samstagabend auf dem Bieberer Berg Spieler, Trainer und Verantwortliche der Offenbacher Kickers, die Stunden zuvor in Osnabrück mit einem 2:1 den Aufstieg in die Zweite Fußball-Bundesliga perfekt gemacht hatten, wie Heilsbringer. Nach dem Zwangsabstieg von 1989 haben die Anhänger des Traditionsvereins zehn Jahre lang warten müssen, bis sie die Rückkehr in den Profifußball feiern durften.

Raketen und Leuchtkugel stiegen in den Nachthimmel, Böller und Fackeln wurden gezündet, als sich die Akteure auf der Haupttribüne des sanierungsbedürftigen Stadions postierten und mit den ihnen zu Füßen stehenden Fans "La Ola" überschwappen ließen. Die nach Erfolg lechzenden Kickers-Anhänger wußten, bei wem sie sich zuerst zu bedanken hatten. "Rene Keffel, Du bist der beste Mann", feierten sie den Offenbacher Torhüter, der in der dramatischen Schlußphase an der Bremer Brücke den OFC vor einem Rückstand und somit vor dem Aus im Aufstiegsrennen bewahrt hatte.

"Es ist einfach super. So etwas hab' ich seit dem Pokalsieg von 1970 nicht mehr erlebt", jubelte Wilfried Nau aus Mühlheim. Trotz des momentanen Glücksgefühls sieht der treue OFC-Anhänger nüchtern in die sportliche Zukunft der Kickers, ebenso wie Stephan Wohllebe aus Dietesheim: "Der Klassenerhalt ist realistisch, das ist schon ein sehr großes Ziel. Das Potential der Mannschaft müßte extrem gestärkt werden." Eine Gruppe freudestrunkener junger Männer sah das ganz anders, sie torkelten Richtung Spielfeld und grölten vom Gewinn der Deutschen Meisterschaft und des Europapokalsieges. Andere ärgerten sich verhalten, daß die Frankfurter Eintracht gerade so den Klassenerhalt in der Ersten Bundesliga geschafft hat und es somit nicht zum so ersehnten Duell mit dem großen Erzrivalen kommt.

Rund viertausend Kickers-Symphatisanten, die keine Eintrittskarte für das entscheidende Spiel in Osnabrück bekommen hatten, verfolgten schon am Nachmittag die Geschehnisse auf einer Großbildleinwand und fieberten kräftig mit. Die gute Stimmung wurde nach dem 0:1-Rückstand nur zwischenzeitlich getrübt, nach dem Ausgleich durch Vollmar und spätestens nach dem Siegtreffer von Oliver Roth gab es beim Kickers-Anhang kein Halten mehr. Nach dem Erfolg füllte sich das Stadion zusehends; Tausende pilgerten - zu Fuß, auf dem Rad, per Bus, mit dem Pkw und sogar mit Traktoren - hinauf zu ihrem Mekka namens "Berg" und verwandelten die Bieberer Straße mit nicht aufhörendem Getöse und Gehupe in eine Freudenmeile. Welch' Umkehr der Gefühlswelt. Noch vor wenigen Wochen verbreiteten an dieser Stelle Hooligans aus dem ganzen Bundesgebiet nach der Partie zwischen Offenbach und Waldhof Mannheim Angst und Schrecken und hinterließen eine Spur der Verwüstung. Aber nur der damals abgeschlagene Kopf einer Götterskulptur vor einer griechischen Taverne ließ noch einmal ungute Erinnerungen an die damaligen Geschehnisse aufkommen. Diesmal gab es keine Exzesse, es blieb friedlich.

Szenenwechsel. Am Sonntag feierte die Kickers-Gemeinde weiter. Die Freude über den Aufstieg überwog die Müdigkeit, die man den Gesichtern der Beteiligten nach einer durchzechten Nacht ablesen konnte. Im Überschwang der Gefühle verkündete Offenbachs Oberbürgermeister Gerhard Grandke auf dem Balkon des Rathauses, daß der Aufstieg gut zu der Aufbruchsstimmung der Stadt passe. "Das nächste Ziel muß der Bundesligaaufstieg sein", nährte er den Erfolgshunger der OFC-Fans. Eine Pflichtaufgabe des Politikers, denn alles andere wollten die Offenbacher Anhänger natürlich nicht hören. Doch Fußball-Wunder à la Ulm geschenen nicht jedes Jahr.


Frankfurter Rundschau

Nachspiel
Heile Welt

Die Offenbacher Kickers haben auf eine - aus hessischer Sicht - faszinierende Saison das i-Tüpfelchen draufgesetzt. Nach dem kaum mehr für möglich gehaltenen und daher zu Recht überschwenglich gefeierten Bundesliga-Klassenerhalt der Frankfurter Eintracht können nun auch die OFC-Fans nach ihrem letzten Auftritt am Ende einer gleichermaßen ereignisreichen wie harten Runde jubeln. Denn nach zehnjähriger Abstinenz ist ihre Mannschaft ins Profi-Metier zurückgekehrt und damit in einer Klasse gelandet, die ihr weitaus besser zu Gesicht steht als die oft trostlosen Amateur-Gefilde. Da es außerdem für den FSV Frankfurt im lange fast aussichtslosen Kampf gegen den Regionalliga-Abstieg in letzter Sekunde ein Happy-End gab und Darmstadt 98 dank des am letzten Spieltags perfekt gemachten Oberliga-Titelgewinns ebenfalls wieder drittklassig ist, haben die Topklubs des Rhein-Main-Gebiets allesamt ihr Soll erfüllt und derzeit viel Grund zur Freude. Das kollektive Triumphieren kann selbst dadurch nicht getrübt werden, daß die Eintracht eben das Aushängeschild der Region bleibt und die ambitionierten Nachbarn daran vorerst nicht rütteln können.

So schön für alle die jüngsten Erfolgserlebnisse sind - viel Zeit zum Genießen der Hochgefühle bleibt nicht. Denn nicht nur bei der Eintracht setzt sich nach dem Festtag vom 29. Mai relativ schnell die Erkenntnis durch, daß die neue Saison aufgrund ihres personell nicht allzu stark besetzten Kaders erneut ein Existenzkampf werden dürfte. Ähnliches gilt für den FSV, der ohnehin für seine Vereinsstruktur das Maximale erreicht hat. Zusätzlicher Ballast in den kommenden Monaten ist für ihn ebenso wie für die Darmstädter die im Sommer 2000 anstehenden Reform des DFB-Spielsystems, wenn es nur noch eine zwei- statt bisher viergeteilte Regionalliga gibt.

Das ist für die Kickers erst mal kein Thema mehr, denn sie schauen nach oben, obwohl das erlesene Zweitliga-Feld in der kommenden Runde automatisch übertriebene Erwartungen verbietet. Das große Plus der Offenbacher ist sicher die tolle Atmosphäre am Bieberer Berg, wo eigentlich jedes Mal dem staunenden Besucher ein attraktives Fußball-Spektakel geboten wird und selbst renommierte Gegner vor nichts sicher sein können. Ein Nachteil im Streben nach einer weiteren Steigerung könnte es sein, daß die Mannschaft drei Jahre hintereinander am Limit ihrer Möglichkeiten gespielt hat und zudem durch die Teilnahme an der Aufstiegsrunde kräftezehrende Überstunden machen mußte. Aus vielerlei Gründen ein heißes Eisen wird es, wie die mit Ausnahme von Manager Klaus Gerster ziemlich unerfahrenen Kickers-Verantwortlichen damit fertig werden, wenn das für Intrigen von jeher äußerst anfällige OFC-Umfeld mit seinem stets großen Ehrgeiz an natürliche Grenzen stößt.

Es wäre daher keinesfalls überraschend, wenn die in diesem Sommer überall zur Schau getragene Harmonie und Zufriedenheit in den Reihen der mainischen Traditionsvereine nicht wie selbstverständlich anhalten werden. Momentan sind aber solche Prognosen nicht gefragt, weil die Saison auf eine wundersame Weise zu einem außergewöhnlichen Erfolgserlebnis geworden ist und von den treuen Anhängern bis zu den gewieften Machern in der Führungsetage der Klubs gern alle weiterhin in der heilen hessischen Fußballwelt leben möchten.


Jubel nach Achterbahnfahrt durch die Gefühlswelt

Kickers verlangen beim Zweitliga-Aufstieg den Fans und Klaus Gerster einiges ab / Osnabrück - Offenbach 1:2 (1:0)

Während der letzten Spielminuten im Stadion an der Bremer Brücke hielt es niemanden mehr auf den Sitzplätzen. Einzig Klaus Gerster ließ sich gelegentlich noch nieder. Immer wieder tauchte der Technische Direktor auf der Auswechselbank der Offenbacher Kickers ab. Zusammengesackt unter der Last der nervlichen Anspannung starrte der Manager, der sonst so gerne in der ersten Reihe steht, mit apathischem Blick auf eine Kette von Leibern, die ihm die Sicht auf das Spielfeld versperrten. Doch plötzlich füllte sich sein Körper wieder mit Leben. In einem einzigen Kraftakt schraubte er sich in die Höhe, packte den erstbesten Offenbacher, schüttelte ihn und brüllte ihm ins Gesicht: "Wir sind in der zweiten Liga!" Oliver Roth hatte gerade das Tor zum 2:1 gegen den VfL Osnabrück erzielt, den Aufstieg in die Zweite Bundesliga, die Rückkehr in den bezahlten Fußball zehn Jahre nach dem Zwangsabstieg perfekt gemacht.

"Sprachlos und überwältigt" sei er, gab der sonst so redegewandte Manager zu, nachdem das so heißersehnte Ziel nun erreicht war. "Unheimlich nervenaufreibend" wären die 90 Minuten für ihn gewesen, schob er entschuldigend hinterher. Zur Tatenlosigkeit verdammt, mußte er wie 4000 mitgereiste Offenbacher Fans dem Treiben auf dem Feld zusehen. Und setzte sich damit einer ausgedehnten Achterbahnfahrt durch die Gefühlswelt aus. Dabei fing alles ziemlich harmlos an. Vom Anpfiff weg schenkten sich beide Mannschaften nichts. Wenn überhaupt, dann überboten sie sich in puncto Nervosität und Stümperhaftigkeit. Ein hoffnungsloses Gebolze fand anfangs auf der grünen Wiese statt. Wobei die Kickers überraschenderweise eher spielerische Akzente setzen konnten als der Meister der Regionalliga Nord. Um so härter traf die Offenbacher dann der Rückschlag aus der 20. Minute. Nach einem feinen Paß von Joe Enochs sah Michael Köpper nur noch die Fersen von seinem Gegenspieler Christian Claaßen und der nutzte diese Freiheit mit einem glasharten Schuß zum Führungstreffer. Damit war Osnabrück in der Zweiten Bundesliga, sämtliche Offenbacher hingegen ziemlich fertig.

Das Konzept von Trainer Hans-Jürgen Boysen war damit zunächst einmal über den Haufen geworfen. Der hatte nämlich auf Konter gesetzt, in Stefan Simon und Dirk Vollmar zwei schnelle Stürmer aufgestellt und dafür Oliver Roth aus der Anfangsformation gestrichen. Auch die Mittelfeldbesetzung zielte eher auf Tempogegenstösse ab, erhielt doch dort mit Tom Stohn der Mann für den klugen Paß den Vorzug vor dem ballgewandten Oliver Speth. Dieses Taktieren schien sich nicht auszuzahlen, auch wenn die Offenbacher zusehends mehr Spielanteile gewannen. Dem zweiten Treffer des Spiels waren die Platzherren näher als die Gäste. So rutschte einigen tausend Offenbachern noch vor der Pause zweimal das Herz in die Hose, als Christian Claaßen (38.) und Daniel Thioune (45.) das wohl vorentscheidende 2:0 auf dem Fuß hatten.

Das Blut blieb aber auch in der zweiten Halbzeit in Wallung. Der Adrenalinspiegel spielte Jo-Jo. Vor allen Dingen nach dem Ausgleich von Dirk Vollmar (52.) ging es in jeder Beziehung rauf und runter. Symptomatisch die Geschehnisse in der 60. Minute. Erst legte Michael Köpper, der sich auch noch zu einer Tätlichkeit gegen Christian Claaßen hinreißen ließ, Daniel Thioune elfmeterwürdig im eigenen Strafraum, weil der Pfiff aber ausblieb, bot sich Dirk Vollmar auf der Gegenseite die Chance zur Führung, die er aber großzügig ausließ.

In der Art ging es bis zum Schlußpfiff weiter. Beide Mannschaften waren nur einen Hauch vom Aufstieg entfernt. So schoß bei den Kopfbällen von Daniel Thioune (72.) und Christian Claaßen (81., 84.) sicherlich nicht nur Klaus Gerster das Grau in die Haare. Selbige konnte er sich aber sofort wieder raufen, weil Patrick Dama (68.) und Oliver Speth (87.) auch nicht wesentlich konsequenter vor dem Tor handelten. Für die Erlösung mußte also der ob seiner Reservistenrolle sichtlich verärgerte Oliver Roth in der Schlußminute sorgen.

Aber irgendwie ist auch das bezeichnend für den OFC der Saison 1998/99: Auf den letzten Drücker wird alles gut. So zumindest sieht es Trainer Hans-Jürgen Boysen, wenn er sagt: "Sicher ist nicht alles Gold, was glänzt, aber wenn unter dem Strich der Aufstieg als Ergebnis steht, dann ist alles andere vergessen." (Siehe auch Interview auf der nächsten Seite) Schwamm drüber kann aber nicht das Motto sein, wenn die Aufarbeitung der Saison ansteht. Den Weg, den die Kickers in Richtung Zweitklassigkeit einschlugen, war nämlich keineswegs geradlinig. Nur müßig ging es teilweise voran. Vor allen Dingen fehlte den Erfolgen meistens der spielerische Glanz. Teilweise frappierende Mängel im Umgang mit dem Bällchen zeigten die Offenbacher. Zu begeistern wußten sie meistens nur, wenn sie auf Biegen und Brechen kämpften - so wie in Osnabrück. Aber diesen Mißstand wollen sie in den kommenden Wochen beheben. Gezielt wird derzeit nach Neuzugängen gesucht.

Nach solchen, die auch in der Zweiten Bundesliga eine Verstärkung sind. Diese Spieler zu finden, ist vornehmlich die Aufgabe des Technischen Direktors. Erste Ergebnisse seiner Arbeit werden noch in dieser Woche erwartet. Von den Strapazen an der Bremer Brücke sollte sich Gerster also möglichst schnell erholt haben.


"Mister Abgezockt" gilt längst als der starke Mann

Auf Klaus Gerster war als Kickers-Manager wieder mal Verlaß / Seit Dezember 1995 hat die OFC-Führung viel bewegt

Als die erste Erregung vorbei war und er seine Freudentränen abgewischt hatte, rutschte über das Gesicht von Klaus Gerster schnell wieder jenes verschmitzte Lächeln, für das er bekannt ist. Der Manager der Offenbacher Kickers ist ein selbstbewußter und entschlossener Kämpfer, der im Zweifelsfall dem Erfolg alles unterordnet und sich durch nichts auf seinen Wegen beirren läßt. Wie kaum ein anderer hat er dabei ein Gespür entwickelt, was machbar ist. Zwar gerät er dabei immer mal in die Schlagzeilen, und doch beweist er zugleich stets aufs Neue: Für seine Auftraggeber holte er meistens das Optimale heraus, selbst dann, wenn sein ausgeprägter Ehrgeiz gelegentlich belächelt wird und sein Auftreten im Stile eines kompromißlosen Machtmenschen so manchem Konflikt dienlich ist.

Der Zweitliga-Aufstieg der Offenbacher ist das vorerst letzte Musterbeispiel dafür, daß auf Gerster letztlich Verlaß ist. Und deshalb war es nur allzu verständlich, als er am Samstag nach dem Abpfiff in Osnabrück für Momente nicht mehr Herr seiner Gefühle war. Gedankenversunken und mit gequälter Miene hockte er in der zweiten Halbzeit am Spielfeldrand. Mal hielt er sich demonstrativ die Hand vor die Augen oder schielte nach unten, mal strich er sich hastig durchs schwarze Haar oder spielte verlegen an seiner Sonnenbrille herum - bis sich kurz vor dem Abpfiff beim Tor von Oliver Roth alle Anspannung in Sekundenbruchteilen löste, er im Hoeneß-Stil aufsprang und fortan längere Zeit alle umarmte, die in seine Nähe kamen.

Daß Gerster am Samstag um 16.55 Uhr um eine halbe Million Mark reicher geworden war, spielte bei seinen Freudentänzen sicher auch eine Rolle. Denn als er im Dezember 1995 als ehrenamtlicher Full-Time-Sanierer seinen Job am Bieberer Berg antrat und gleich ein neues Präsidium mitbrachte, wurde hinter den Kulissen jener Deal vereinbart, der nun auf dem Bankkonto des ohnehin nicht von existenziellen Nöten geplagten Schlitzohrs die Buchung eines stolzes Sümmchens auf der Habenseite garantiert. Gerster hat sich damals für die bis zum 100jährigen Vereinsjubiläum im Sommer 2001 angestrebten Rückkehr ins Profilager eine zehnprozentige Provision aus den TV-Einnahmen in der ersten Zweitliga-Saison zusichern lassen. Bereits zwei Jahre früher sind er und "seine" Kickers am Ziel ihrer Träume.

Längst gilt "Mister Abgezockt" am Bieberer Berg als der starke Mann und das Präsidium arbeitet allerhöchstens im Hintergrund zu. Ein wichtiger Schachzug, um fast uneingeschränkte Handlungsfreiheit zu haben, war die Anstellung seines langjährigen Weggefährten Jörg Hambückers, der als Geschäftsführer ein ergebender Adlatus ist und gemeinsam mit seinem großen Freund über alle wissenswerten Informationen verfügt. Die gute Arbeit des Trainer-Duos Hans-Jürgen Boysen und Stephan Groß machte das gerade in jüngster Vergangenheit nicht unbedingt leichter. Als Gerster allerdings auf dem Höhepunkt der Feierlichkeiten im Osnabrücker Stadion zuguterletzt die Gratulationen des einflußreichen Verwaltungsrats-Vorsitzenden Horst Jung und des Offenbacher Fußball-Idol Hermann Nubers entgegennehmen konnte, waren alle Scharmützel vergessen: Frei nach dem Kickers-Motto "Zusamme schaffe mers" ließen unterschiedlichste Charaktere ihren gemeinsamen Glücksgefühlen freien Lauf. Und Gerster wäre nicht Gerster, hätte er nicht sehr schnell messerscharf kalkulierend die ersten Fakten für die neue Zweitliga-Herausforderung präsentiert. So teilte er spontan mit, daß Stürmer Dirk Vollmar einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben hat. Damit sind 16 Namen bekannt, die beim Trainingsbeginn am 8. Juli mit von der Partie sind: 15 Akteure aus dem bisherigen Kickers-Kader plus Neuzugang Lars Schmidt; weitere Verstärkungen werden in den nächsten Tagen bekanntgegeben. Ein ganz anderer Schwerpunkt in den kommenden Monaten sind dringend notwendige bauliche Veränderungen am Bieberer Berg - frühestens Ende des Jahres soll die Renovierungs-Maßnahmen beendet sein. Unter der Regie von Gerster wird's angepackt. Vorbei sind die Zeiten, von denen er nur dann gern spricht, wenn er darauf verweisen will, in welch kurzer Frist die maroden Kickers-Verhältnisse geordnet wurden. Immerhin übernahm Präsident Lothar Winkler die Verantwortung im Dezember 1995 bei einem Schuldenstand von drei Millionen Mark und zahlreiche Verhandlungen mit Gläubigern waren fällig, um den Konkurs abzuwenden. Außer einem 650 000-Mark-Darlehen von Sponsor Portas, so versichert zumindest Gerster, gibt es heute keine Verbindlichkeiten mehr - der fast allmächtige OFC-Manager muß es wissen und nennt bestimmt keine falschen Zahlen.


Stimmen zum Kickers-Aufstieg

Klein: Einer der schönsten Erfolge unseres Vereins Gar nicht so einfach, ein Glücksgefühl in passende Worte zu fassen. Nachdem der 2:1-Sieg beim VfL Osnabrück und damit auch der Aufstieg in die Zweite Bundesliga feststand, versuchten einige Mitglieder im großen Troß der Offenbacher Kickers, ihre Emotionen zu verbalisieren.

Ulf Tunn (Vizepräsident): "Das ist der erste Schritt, eine Vision umzusetzen. Das ist kein Ende. Wir haben die Möglichkeit, dem Verein eine neue Ausrichtung zu geben, die Tradition in eine Zukunft zu bringen."

Bernd Gramminger (verletzter Verteidiger, der mit Viktoria Aschaffenburg und dem VfR Bürstadt schon in der zweiten Liga spielte): "Noch mal in der Zweiten Bundesliga spielen zu dürfen, das Gefühl muß ich erst noch einmal verarbeiten."

Horst Zang (Schatzmeister): "Jetzt kommt viel Arbeit auf uns zu, aber die gehen wir gerne an."

Necip Incesu (Spät- und Senkrechtstarter aus dem B-Team des OFC): "Als ich 18 Jahre alt war, hatte ich mir mal gewünscht, in der Oberliga zu spielen. Jetzt habe ich die Chance, gegen Mannschaften wie Borussia Mönchengladbach oder den 1.FC Nürnberg anzutreten, Vereine von denen ich vorher noch nicht einmal zu träumen wagte."

Wilfried Kohls (Vizepräsident): "Die vergangenen beiden Spielzeiten waren sehr hart, deswegen möchte ich jetzt einfach nur genießen - und sonst gar nichts."

Stefan Ertl (verletzter Stürmer, der als Reservist in den vergangenen beiden Jahren zwei Meisterschaften mit dem 1.FC Kaiserslautern feiern durfte): "Mir fehlen die Worte. Das ist einfach nur geil."

Waldemar Klein (Ehrenpräsident): "Ich wollte hier wie vor zwei Jahren nach dem Regionalliga-Aufstieg wieder in Entmüdungsbecken springen, aber die haben hier keins. Ich habe in 40 Jahren bei den Kickers schon einiges erlebt: Dieser Aufstieg ist aber mit einer der schönsten Erfolge der Vereinsgeschichte."


Wenn Gringo zweimal bellt

Klebriges für Boysen, Partyzwang für Stohn

Fußballer fürchten den Fluch ihrer Trainer. Sie naß zu machen, könnte schreckliche Folgen haben. Mit bösen Blicken suchte deswegen Hans-Jürgen Boysen nach dem Übeltäter, der es wagte, eine Tonne klebrigen Energietrunks über seinem Kopf zu entleeren. Derartige Dreistigkeit traute der Fußballehrer offenbar einem seiner Kicker nicht zu. Deswegen wandte er sich an die üblichen Verdächtigen und vermutete, ein am Tatort befindlichen Journalist sei der Übertäter gewesen. Der aber wusch seine Hände in Unschuld. Was ziemlich fair ist, schließlich hätte er ja auch verraten können, daß Samuel Ebi Taubmann für die Dusche gesorgt hatte.

"Gringo" kennt sich aus. Weil "Gringo" ein bekennender Fan ist. Einer des VfL Osnabrück, um genau zu sein. Bei den Spielen seiner Mannschaft ist er immer dabei und dabei trägt er seine Gesinnung auch unverhohlen zur Schau. Den Fan-Schal um den Hals geknotet und an den Beinen vier Stutzen in den Vereinsfarben. So viele Socken kann "Gringo" tragen, weil "Gringo" ein Hund ist. Und trotz dieses Hemmnisses versucht er, Fußball-Sachverstand zu verbreiten. Das gelingt ihm zuweilen auch ganz gut. Als ihn nämlich sein Herrchen vor dem Spiel aufforderte, durch Bellen die Anzahl der Tore zu nennen, die die Offenbacher Kickers schießen würden, kläffte der possierliche Vierbeiner zweimal. Damit hatte der Kandidat 100 Punkte. Ausgerechnet beim eigenen Team nahm er die Schnauze aber zu voll. Dreimal machte er Wuff, wo doch einmal völlig ausreichend gewesen wäre. Blöder Köter. Aber immerhin erbrachte er damit den Beweis, daß irren nicht nur menschlich ist.

Oliver Roth ist der Mannschaftskapitän. Also hat er auch das Sagen. Der Torjäger zeigt an, wo es bei den Offenbacher Kickers langgeht. Und das überall. Egal, ob auf dem Platz oder in der Kabine. Zuweilen kann er in dieser Beziehung unerbittlich sein. So wie am Samstag, als er die Devise für den anstehenden Abend ausgab: "Heute gehen wir steil!" Von dieser Idee ließen sich die meisten seiner Mannschaftskollegen widerstandslos überzeugen. Um aber auch ja sicher zu gehen, daß die bekannten Partymuffel bei der Feier nicht fehlen, suchte er noch einmal die persönliche Ansprache. "Auch Du, Stohn", schrie er quer durch die Umkleide. Und man stelle sich das einmal vor, der Spielmacher kam tatsächlich noch auf die Party auf dem Bieberer Berg.

"Ich habe nichts dagegen, wenn aus Offenbach das zweite Ulm wird." Der hessische Innenminister Volker Bouffier hat vielleicht komische Ideen. Ist ja ganz lieb gemeint, aber naja, nennen wir es einmal etwas realitätsfern. Die FDP wird ja auch nicht von heut' auf morgen die CDU. Aber wer weiß, von was sich der gute Mann da hat leiten lassen. Da war ja schließlich auch reichlich Prominenz im Stadion, als die Kickers und der VfL so wacker gekämpft haben. Unter anderem wurde auch Horst Hrubesch gesichtet. Das einstige Kopfball-Ungeheuer hat aber keine Spieler für seine A2-Nationalmannschaft gesichtet, sondern übte sich als Fernsehkommentator.


René Keffel

Ein gefeierter Torwart verliert seinen Job

Die Rohrzange hängt bald am Nagel. Installateur ist René Keffel für die längste Zeit gewesen. Am Samstag hat er nämlich seinen Job verloren. Daß sich ihm das Werkeln an Wasserleitungen zukünftig verbietet, daran trägt er allerdings selbst große Schuld. Ab dem 1. Juli 1999 muß er nämlich seinen Unterhalt als Profi-Fußballer verdienen, weil der Torhüter mit den Offenbacher Kickers die Rückkehr in die Zweite Bundesliga geschafft hat. Mit sensationellen Paraden beim allesentscheidenden 2:1-Sieg über den VfL Osnabrück war der Schlußmann maßgeblich am Aufstieg beteiligt.

Mit seinen Rettungstaten hielt der 31 Jahre alte Frankfurter den OFC in ganz entscheidenden Phasen der Partie im Rennen. Etwa in der 45. Minute, als Daniel Thioune plötzlich mutterseelenalleine vor ihm auftauchte, Keffel aber Herr seiner Sinne blieb und das wohl vorentscheidende 2:0 verhinderte. Genauso wichtig waren seine Reflexe in der Schlußphase. Zwei nahezu unhaltbare Kopfbälle von Christian Claaßen (81., 84.) boxte er noch aus der Gefahrenzone. Wäre auch nur einer dieser Bälle zum 2:1 für den VfL Osnabrück ins Netz gegangen, wären in Offenbach wohl nur Tränen statt Sekt geflossen.

Nach dem Schlußpfiff blieben die Komplimente für ihn auch nicht aus. Etwa der Technische Direktor Klaus Gerster schwärmte: "Eine Weltklasseleistung." Doch derartige Lobeshymnen wecken bei René Keffel lediglich seinen Hang zur Bescheidenheit. "Den Führungstreffer würde ich nicht unbedingt als unhaltbar bezeichnen. Das war zwar ein gutes Brett ins kurze Eck, aber ich dachte, den würde ich kriegen", argumentiert der Keeper gegen sich. Außerdem, und das könnten andere sagen, sind überdurchschnittliche Leistungen von ihm in wichtigen Spielen fast schon eine Selbstverständlichkeit. Bereits beim Aufstieg in die Regionalliga vor zwei Jahren wuchs der Torwart über sich hinaus. An dieser Stelle sei nur noch einmal an seine Qualitäten als Elfmetertöter im Spiel gegen den FC Pforzheim erinnert.

Insofern hat sich René Keffel den neuen Zwei-Jahres-Vertrag redlich verdient. Und nach 13 Jahren bei den Offenbacher Kickers kann er sich darüber auch noch richtig freuen: "Endlich Profi - damit geht ein Traum für mich in Erfüllung." Ob der dienstälteste Offenbacher Spieler aber auch in der zweiten Liga zwischen den Pfosten stehen wird, ist derzeit noch offen. Schon in der abgelaufenen Saison gab Trainer Hans-Jürgen Boysen teilweise Andreas Clauß den Vorzug. Da der Ersatztorwart den Verein aber in Richtung SV Darmstadt 98 verläßt, steht Keffel neue Konkurrenz ins Haus. Das wurde ihm bei der Vertragsverlängerung auch so gesagt.

Ein Grund zur Beunruhigung ist das jedoch nicht. Die Stunde des Erfolgs nutzt er zumindest nicht, um Forderungen zu stellen. "Wer immer der neue Torwart sein wird, ich denke, der Bessere von uns beiden soll spielen", sagt er. Naja, und wenn das alles nicht so klappt, wie sich das der Schlußmann so vorgestellt hat, kann er immer noch in seinen alten Beruf zurückgehen. Die Rohrzange ist stets griffbereit.


"Es wäre vermessen, uns jetzt mit Ulm zu vergleichen"

Kickers-Trainer Hans-Jürgen Boysen denkt nach dem Aufstieg über Änderung des Spielsystems nach / Ein FR-Interview

Die Offenbacher Kickers sind in die Zweite Bundesliga aufgestiegen. Wie sie das geschafft haben und was sie dort erwartet, erläuterte Trainer Hans-Jürgen Boysen im Gespräch mit FR-Mitarbeiter Niels Barnhofer.
FR: Herr Boysen, die Fans haben Sie in Osnabrück lange mit Sprechchören gefeiert. Wenn Sie einmal ihre bekannte Bescheidenheit beiseite lassen, würden Sie sich als Vater des Erfolges bezeichnen?
Hans-Jürgen Boysen: Natürlich habe ich einen großen Einfluß auf die Mannschaft, aber zu diesen Erfolg haben viele Leute beigetragen. Jeder hat im Rahmen seiner Möglichkeiten das Beste gegeben, da sollten keine Einzelleistungen überbewertet werden.
Worin bestand in dieser Saison die besondere Leistung des Trainers? Vor der Saison war es wichtig, daß wir die Substanz der Mannschaft erhöhen konnten.
Wir haben Spieler verpflichtet, die sich tatsächlich als Verstärkungen entpuppten. Während der Saison war es entscheidend, daß wir dem Erfolgsdruck standhalten konnten. Gerade in unserer Schwächeperiode zur Mitte der Rückrunde hat man gespürt, daß einige Spieler damit zu kämpfen hatten.
Hatten Sie jemals am Aufstieg gezweifelt?
Ich habe immer daran geglaubt. Auch als feststand, daß wir in die Aufstiegsrunde gehen mußten. Speziell nach dem Spiel gegen den SV Waldhof Mannheim hat man gemerkt, daß die Mannschaft es schaffen kann. Normalerweise hätte sie danach nämlich in ein Loch fallen müssen, sie hat sich aber gewehrt und gute Ergebnisse folgen lassen. Im Endspurt konnte sie sich permanent steigern. Insofern war schon die Überzeugung da, daß wir selbst auf dem Umweg in die zweite Liga kommen können.
Drohte die Mannschaft nicht auseinanderzubrechen, als sie sechs Spiele ohne Sieg blieb? Wie ernst war die Situation?
Sie war ernst, nur weil von außen unnötige Schärfe hereingetragen wurde. Da wurde viel breitgetreten, teilweise sogar bewußt versucht, Unruhe zu schüren. Dabei hatten wir intern nie große Probleme.
Manche Spieler bezeichnen die Aussprache vor dem Spiel in Schweinfurt als Schlüsselerlebnis. Erst danach sei die Mannschaft wieder als solche aufgetreten. Stimmen Sie dieser Einschätzung zu?
Ich glaube, sie hat der Mannschaft grundsätzlich gutgetan. Die Spieler müssen viel miteinander kommunizieren. In diesem Fall war die Aussprache wichtig, weil sie in der restlichen Spielzeit offener mit einander umgegangen sind. Vielleicht haben sie damit sogar zu lange gewartet, wenn sie eine derart positive Wirkung aus sie hatte. Ich hoffe aber, daß diese Stimmung auch in Zukunft beibehalten werden kann, mir ist nämlich auf dem Platz zuweilen noch zu ruhig. Da muß mehr kommen. Unterstützung ist sehr wichtig.
Welche Fehler wurden in dieser Saison denn noch begangenen? Auch Ihr Posten stand ja plötzlich mal zur Debatte?
Es gibt im Verlauf einer Saison viele Dinge, die anders hätten laufen müssen. So etwas bleibt nie aus. Allerdings waren die Dinge nie so gravierend, daß dadurch der Erfolg gefährdet gewesen wäre. Dennoch sollten wir aufpassen, die gleichen Fehler nicht zweimal zu machen. Als die Trainerfrage aufkam, war das kein Ansporn für mich. Ich fordere mich permanent, dazu brauche ich keine Stiche.
In der Zweiten Bundesliga betreten auch Sie Neuland. Wie bereiten Sie sich auf diesen Schritt vor?
Wir müssen zunächst einmal zusehen, den Kader zu komplettieren. Wenn die Neuverpflichtungen getätigt sind, mache ich mir Gedanken, ob wir vielleicht ein neues Spielsystem einführen werden. Noch bin ich mir nämlich nicht schlüssig, ob ich das 4-4-2-System forcieren soll. Die zweite Liga ist in der kommenden Saison hervorragend besetzt. Da sind sehr spielstarke Mannschaften drin. Eventuell müssen wir gegen die wieder vieles mit Kampf und Einsatz wettmachen.
Der Vergleich zwischen den Kickers und dem SSV Ulm wurde bereits strapaziert, ist er aus Ihrer Sicht angemessen?
Nein, es wäre vermessen, uns jetzt mit den Ulmern zu vergleichen. Von den vier Zweitliga-Aufsteigern der vergangenen Saison muß man den Hut ziehen. Drei von ihnen haben bis zum Schluß um den Aufstieg gespielt. Wir müssen auf eine schwierige Saison einstellen. Alles andere als der Klassenerhalt ist reine Träumerei. Richtig orientieren können wir uns aber erst dann, wenn der Kader steht.
Beschreiben Sie doch mal, welche Spielertypen Sie gerne noch verpflichten wollen.
Wir müssen in allen Mannschaftsteilen den Bestand erhöhen. Die Dringlichkeit ist überall gleich. Genauer möchte ich dazu jetzt nicht Stellung nehmen. Ich hoffe aber, daß wir bereits im Laufe dieser Woche einige Neuzugänge vorstellen können.
Wie wird der OFC spielen müssen, damit der Verein auch im Jahr seines 100. Geburtstages im bezahlten Fußball vertreten sein wird?
Wir müssen uns schnellstmöglich an die rauhe Luft in der zweiten Liga gewöhnen. Wenn sich bei den Spielern das Gefühl entwickelt, wir können dort mithalten, und das Selbstbewußtsein wächst, dann ist der Klassenerhalt möglich.


Wo bleibt eigentlich Andreas Möller?

Mit einem 2:1 in Osnabrück sind die Offenbacher Kickers zurück in der 2. Fußballbundesliga - konsolidiert und ambitioniert

Wie so viele seiner Zunft ist auch Hans-Jürgen Boysen ein echter Videofan. Der dazugehörige Recorder ist für den Trainer von Kickers Offenbach ein essentielles Arbeitsgerät. "Wenn man den Gegner richtig studiert hat, muß man seinen Spielern nicht viel erzählen, man muß sie nur entsprechend plazieren." Künftig kann sich Boysen nun dem im Vergleich zur Regionalliga deutlich umfangreicher vorhandenen Filmmaterial über die hiesigen Zweitbundesligisten widmen. Mit einem überlegen herausgespielten 2:1-Sieg beim VfL Osnabrück schaffte Kickers Offenbach den lang ersehnten Aufstieg in die 2. Liga. Auch was die OFC-Mythenbildung anbelangt, wurde ein weiteres Kapitel geschrieben: Der angeschlagene und erst eingewechselte Publikumsliebling Oliver Roth durfte das Siegtor schießen und den Fans auf dem heimischen Bieberer Berg via Videoleinwand das Motto zum Wochenende vorgeben: "Wir haben heute ein riesiges Tor aufgemacht, sowohl sportlich als auch finanziell."

Sein Trainer Boysen war dagegen auch inmitten des Jubels gedanklich schon wieder bei zukünftigen Plazierungen. " Ich brauche noch einen Torwart, einen Abwehrspieler, zwei Mittelfeldstrategen und wenigstens einen Stürmer", hat er Manager Klaus Gerster angewiesen. Der bemüht sich nun um die angemahnten Verstärkungen: der Mainzer Kapitän Lars Schmidt ist bereits verpflichtet und zitterte schon auf der Tribüne mit, sein Klubkollege Marco Grevelhörster soll ihm folgen.

Auch mit profilierteren Profis wird bereits munter verhandelt. Pascal Ojigwe, im letzten Herbst durch Otto Rehhagels Wechselfehler zu kurzfristiger Berühmtheit gelangt, ist einer davon. Dabei könnte der OFC von Synergieeffekten aus Gersters Doppeltätigkeit als Kickers-Manager und unabhängiger Spielerberater profitieren. Nachdem Gerster mit Marco Reich und Thomas Sobotzik zwei Klienten in Kaiserslautern plaziert hat, bestehen gute Kontakte.

Mit Manfred Binz, in Dortmund ausgemustert, ist zudem ein weiterer Gerster-Spezi im Gespräch. Da drängt sich freilich die Frage auf, was macht eigentlich Andreas Möller? Der ist bekanntlich ebenfalls mit einem Gerster-Beratervertrag ausgestattet und unglücklich in Dortmund. Die Zeit der kleinen Scheine ist jedenfalls vorbei in Offenbach - eine halbe Million Mark Aufstiegsprämie streicht die Mannschaft nun ein. Mit dem Aufstieg vergoldet sich auch der Manager sein bislang ehrenamtliches Wirken - ebenfalls eine halbe Million hat sich Gerster von den anstehenden Übertragungsrechten gesichert.

Doch Gersters sportliche und finanzielle Bilanz kann sich sehen lassen: Innerhalb von drei Jahren marschierte man von der hessischen Oberliga in die 2. Liga, hat das Skandalklubimage abgestreift und sich ökonomisch konsolidiert. Für die kommende Saison peilt man einen Zuschauerschnitt von 15.000 an - angesichts der Euphorie in der tristen Betonstadt Offenbach und der langen Liste namhafter Zweitligaklubs durchaus realistisch. Einzig die Hooligans machen manchen Verantwortlichen Sorgen. In zeitlicher Nähe zum Aufstieg des OFC hat der hessische Innenminister Buffier schon einmal verkündet, zukünftig Pfefferspray zum Einsatz bringen zu wollen - prompt wurde ihm die Briefmarkensammlung aus seinem Eigenheim entwendet.

Kickers-Anhänger waren es bestimmt nicht, die sind auch weiterhin mit der "Riesensause" beschäftigt und wollen sich ja bekanntlich nicht mehr mit Kleinkram beschäftigen. Nur zu gerne würde man sich in Offenbach auch nicht allzu lange in der 2. Liga aufhalten. 1860 München, Fortuna Düsseldorf, 1. FC Nürnberg, Arminia Bielefeld und SSV Ulm haben es vorgemacht - in Offenbach glaubt man, daß man sich in der Liste der von der Regionalliga in die 1. Bundesliga durchmarschierten Vereine gut machen würde.


Berliner Morgenpost

Offenbachs Aufstieg bringt Manager Gerster eine halbe Million

Als der «schwarze Abt» seine Arme in den stahlblauen Himmel über Osnabrück reckte, waren die Offenbacher Kickers zurück im Fußball-Paradies. Klaus Gerster, ebenso umstrittener wie umtriebiger Macher beim hessischen Traditionsklub, stand nach dem Zweitliga-Aufstieg des Pokalsiegers von 1970 im Mittelpunkt der Ovationen.

Der wie immer dunkel gewandete Technische Direktor, überregional als Ziehvater und Berater von Nationalspieler Andreas Möller ein Begriff, hatte nach dem entscheidenden 2:1 (0:1)-Sieg der Kickers beim Nordmeister VfL Osnabrück keine Chance, kühle Distanz zu bewahren. Kuttenträger und andere abenteuerliche Typen fielen Gerster wie wiedergefundene Kinder um den Hals, die edle Sonnenbrille rutschte flugs von der Nase.

«Ich bin einfach überwältigt, mehr kann ich gar nicht sagen», äußerte Gerster, der für den Aufstieg ebenso wie die Mannschaft eine Prämie von 500 000 Mark kassierte. Die halbe Million hatte sich Gerster ausgehandelt, als er im Dezember 1995 nach Offenbach kam. Damals waren die Kickers auf dem Tiefpunkt. Spielten vor 1500 Zuschauern in der Oberliga und hatten drei Millionen Mark Schulden.

Inzwischen kann sich der Klub, der Anfang der 70er Jahre maßgeblich in den Bundesliga-Skandal verwickelt war, diese Ausgaben leisten: Durchschnittlich 13 000 Fans passierten in der abgelaufenen Saison die Stadiontore am Bieberer Berg, nach dem zehnjährigen Intermezzo im Amateurlager steigt der Etat der Offenbacher in der nächsten Saison von 5,0 auf 12,5 Millionen Mark.

Knapp 4000 Anhänger hatten den Vizemeister der Regionalliga Süd nach Niedersachsen begleitet, 3000 Fans verfolgten auf einer 25 Quadratmeter großen Videowand auf dem Bieberer Berg die Partie, die durch Tore von Dirk Vollmar (53.) und Oliver Roth (90.) noch eine positive Wende nahm. Vor 18 000 Zuschauern waren die Gastgeber durch Christian Claassen (20.) in Führung gegangen.

In die Jubelgesänge am heimischen Bieberer Berg stimmte auch Oberbürgermeister Gerhard Grandke ein. «Dieser Aufstieg paßt zur Aufbruchstimmung in unserer Stadt», sagte das Stadtoberhaupt, das die siegreiche Mannschaft einschließlich Trainer Hans-Jürgen Boysen gestern nachmittag zum Empfang bat. Ein Autokorso ins Stadion schloß sich an. Boysen: «Alle Verantwortlichen haben mit Herzblut an diesem Team gebastelt. Wer diese Ochsentour übersteht, ist auch verdient aufgestiegen.»

«Zwei Tage lang werden wir nur feiern. Aber ab Montag haben wir nur noch die Zweite Liga im Kopf», sagte Trainer Boysen. Der Ex-Profi vom Karlsruher SC ist seit 1997 in Offenbach, feierte im zehnten Trainerjahr den vierten Aufstieg. Bisher haben die Kickers erst einen Neuzugang verpflichtet. Der fast 34jährige Mainzer Kapitän Lars Schmidt kehrt ablösefrei in seine Heimatstadt zurück. Alle Stammspieler dieser Saison aber haben Verträge für die Zweite Liga unterschrieben. Dazu sollen noch fünf neue Spieler geholt werden. «Wir wollen uns in allen Mannschaftsteilen verstärken», kündigte Gerster an. Für Hessens Ministerpräsident Roland Koch muß der zweite OFC-Aufstieg binnen drei Jahren durchaus nicht der letzte sein. «Ich träume davon, daß es in nicht allzu weiter Ferne wieder Duelle zwischen Eintracht Frankfurt und den Offenbacher Kickers in der Bundesliga geben wird», hieß es in einem Glückwunschschreiben der Staatskanzlei in Wiesbaden. Das letzte Derby dieser Art, kaum jemand wird sich daran erinnern, fand am 25. Februar 1984 im Waldstadion statt und endete mit einem 3:0-Erfolg für die Eintracht.


Offenbach nach Triumph der Kickers im Freudentaumel

12 000 Fans bei Aufstiegsfeier im Stadion / Nach Empfang im Rathaus Autokorso

Bye-bye Regionalliga. Die lange Zeit der Dritt- und Viertklassigkeit für die Offenbacher Kickers ist vorbei. Am Samstag um 16.53 Uhr im Stadion an der Bremer Brücke in Osnabrück: Schlußpfiff, die Erlösung. Die Kickers sind nach zehn Jahren wieder in der 2. Bundesliga. Mit dem 2:1-Sieg im Entscheidungsspiel beim VfL Osnabrück haben die Kickers den Traum wahr gemacht und eine Stadt in den Ausnahmezustand versetzt. Offenbach feiert die Kikkers. Am Samstagabend bereiteten 12 000 Fans der Mannschaft nach der Rückkehr aus Osnabrück auf dem Bieberer Berg einen triumphalen Empfang. Schon in Osnabrück hatten 4000 mitgereiste Offenbacher frenetisch, aber absolut friedlich, den Riesenerfolg gefeiert. Nach dem Schlußpfiff spielten sich fast unbeschreibliche Szenen ab. Das Feeling Bieberer Berg schwappte über an die Bremer Brücke. Ein Freudenfest in rot-weiß, während ganz Osnabrück Trauer trug. Tränen auf beiden Seiten. Beim VfL bittere Tränen der Enttäuschung, bei den Kickers süße Freudentränen.

Der Jubel war grenzenlos, weil dieses Spiel gnadenlos an den Nerven gezehrt hatte, daß ständig Herzinfarkte drohten. Dramatik pur. Schon nach 20 Minuten waren die Kickers wieder raus aus der 2. Bundesliga. Osnabrück führt 1:0. In der 51. Minute köpft Vollmar den Ausgleich. Die Kickers sind wieder in der 2. Bundesliga, Ein Unentschieden reicht. Zehn Millionen Mark stehen auf dem Spiel. Drei-Millione-Etat in der Regionalliga, oder 12,5 Millionen in der 2. Liga. Zentimeter entscheiden für die Kickers. Dama und Dietmar Roth klären auf der Linie, dann wehrt der überragende Torwart Keffel zwei Unhaltbare ab. In der Nachspielzeit die Entscheidung. Oliver Roth setzt mit dem 2:1 den Schlußpunkt unter ein wahnsinniges Spiel und eine verrückte Saison. Und er gibt den Startschuß für eine zweitägige Aufstiegsfeier in Offenbach. "Gigantisch", jubelt Oliver Roth am Samstagabend, als 12 000 Fans mit Feuerwerk, Bengalos und großer Leidenschaft die Mannschaft feiern. Am Sonntag wurde weitergefeiert. Nach dem Empfang beim Oberbürgermeister im Rathaus fuhr die Mannschaft im Autokorso auf den Bieberer Berg, wo noch einmal 2500 Fans warteten. Die Kickers haben wieder die große Fußball-Bühne betreten. Borussia Mönchengladbach, 1. FC Nürnberg, 1. FC Köln heißen in der kommenden Saison die Gegner.


Keffels Traum wird wahr: Endlich Profi

Kickers-Torwart Matchwinner in Osnabrück

90 lange Minuten stand René Keffel im Blickpunkt, hielt mit einer Ausnahme alle Schüsse auf sein Tor, dann verschwand er in der Kabine - und wollte nicht mehr rauskommen. Der Rummel um seine Person war noch nie seine Sache. Keffel ist ein Kickers-Urgestein. Treue ist ihm wichtig, daher kommt er trotz seiner 31 Jahre in seiner Fußballer-Vita auch nur auf drei Stationen: SV Bonames, Viktoria Preußen Frankfurt - und seit zwölf Jahren Kikkers Offenbach. "Unsere Nummer eins ist der beste von der Welt", schallte es nach dem Spiel aus der Kickers-Kabine. Die Mannschaft wußte, wem sie den Erfolg und Aufstieg zu verdanken hatte. Keffel rettete mit zwei phantastischen Paraden in der Schlußphase dem OFC den 2:1-Erfolg. Zwar kassierte Keffel nach 379 Minuten wieder ein Gegentor, doch eine Serie hielt: Seit er ins Tor zurückkehrte, gab es keine Niederlage für den OFC. Selbst Siegtorschütze Oliver Roth sah sich nicht als Matchwinner: "Das war eindeutig der René. Wie schon vor zwei Jahren in den Aufstiegsspielen zur Regionalliga." René Keffel wurde für die OFC-Fans in der 85. Minute endgültig zum Fußballgott. Christian Claaßen steht fünf Meter vor dem Tor, sein Kopfball ist wuchtig wie ein Schuß. Das muß das 2:1 sein, Claaßen reißt schon jubelnd die Arme hoch, da zuckt die Faust von Keffel dazwischen. Mit Kopf, Hand und Schulter lenkt der Kickers-Schlußmann den Ball über die Latte. "Ich werde nie begreifen, wie der den gehalten hat. Das war genial von dem Torwart", stöhnte der Osnabrücker Stürmer nach dem Schlußpfiff.

Für den stets ruhigen und zurückhaltenden Keffel ging ein Traum in Erfüllung. "Endlich bin ich Profi. Das wünsche ich mir seit zwölf Jahren, seit ich beim OFC bin." Der 31jährige hat vor kurzem einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben, wohl wissend, daß die Kikkers nun einen weiteren Schlußmann verpflichten werden. "Der Bessere wird spielen. Ich hoffe , daß ich jetzt einen kleinen Bonus habe." "Was Keffel gehalten hat, war gigantisch", reihte sich Kickers-Manager Klaus Gerster in die lange Schar der Gratulanten ein. Und die Fans waren erst zufrieden, als ihr "Fußballgott" auf den Zaun kletterte. In der Nacht auf dem Bieberer Berg stand er - neben Ollie Roth - im Mittelpunkt der Ovationen. Selbst die Osnabrücker schwärmten vom Kickers-Keeper. VfL-Kapitän Martin Przondziono: "Dieser Torwart hat Superklasse gehalten." Trotz des Lobes blieb Keffel selbstkritisch. "Das 1:0 war nicht unhaltbar. Der Ball hat geflattert, und ich dachte, ich kriege ihn." Daß es am Ende noch geklappt hat, führt Keffel auf die starke Mannschaftsleistung zurück. "Kampfkraft und Willensstärke sind unsere Trümpfe. Heute ist jeder für den anderen durchs Feuer gegangen." Keffel wird jetzt noch ein, zwei Wochen als Installateur weiterarbeiten, anschließend einige Tage ausruhen - und dann gibt es nur noch Fußball.


OB Grandke: "Rhein-Main-Region stark genug für zwei Erstligisten"

Stimmen zum Triumph in Osnabrück / Groß: "Auf Keffel bin ich besonders stolz"

Gerhard Grandke (Oberbürgermeister): "Der Erfolg ist spitze. Lob für die Mannschaft und den Verein. Jetzt muß man sich neue Ziele setzen: Wir wollen das Derby gegen die Frankfurter Eintracht in der 1. Bundesliga. Die Rhein-Main-Region ist stark genug für zwei Erstligisten."

Horst Zang (Schatzmeister): "Das ist der absolute Wahnsinn. Dafür zahle ich gerne alle Prämien aus. Wir werden auch in der 2. Liga bestehen. Momentan bin ich nur ´over-happy´."

Professor Ulf Tunn (Vize-Präsident): "Das ist der Beginn, wo Tradition wieder Zukunft hat. Jetzt haben wir jede Woche eine Attraktion - 2. Bundesliga und Oberliga."

Wilfried Kohls (Vize-Präsident: "Zwei Tage feiern, dann geht die Arbeit los."

Klaus Gerster (Technischer Direktor): "Ich bin sprachlos und überwältigt vor Freude. Wir waren einfach besser als Osnabrück. Was Tom Stohn heute geleistet hat, war unglaublich. Mehr gibt es zu diesem Erfolg im Moment nicht zu sagen."

Horst Jung (Verwaltungsratsvorsitzender): "Endlich! Nach zehn Jahren harter Arbeit sind wir wieder im Profi-Fußball. Nun können wir rein rechnerisch an unserem 100. Geburtstag am 27. Mai 2001 wieder in der 1. Liga sein."

Stephan Groß (Co-Trainer): "Die Mannschaft hat hervorragend gekämpft. Drei Personen gehört ein Sonderlob. Trainer Hans-Jürgen Boysen hat die Mannschaft taktisch hervorragend eingestellt. René Keffel hielt überragend, darauf bin ich als Torwarttrainer besonders stolz. Und Tom Stohn hat bewiesen, wie wertvoll er für uns sein kann."

Waldemar Klein (Ehrenpräsident): "Ich habe schon viele Schicksalsspiele erlebt. Das war heute der Abschluß unter eine erfolgreiche Saison und ein sichtbarer Beweis, nachdem der Verein konsolidiert wurde, daß wir gezielt auf den sportlichen Erfolg hingearbeitet haben. Kompliment an die solide Arbeit von Dr. Winkler und an alle in der Führung Tätigen. Vielleicht können wir mit Unterstützung der Stadt wirtschaftlich noch besser in die Zukunft blicken."

Hermann Nuber (Ehrenspielführer): "Offenbach hat den Aufstieg schon lange verdient. Wir haben lange und hart dafür kämpfen müssen."

Siggi Gast (Endspielteilnehmer 1959): "Ich bin überzeugt, daß wir auch in der 2. Liga gut mitspielen werden. Ein Verdienst aller, die mitgeholfen haben, von den Sponsoren bis zu den Fans."

Roland Weida (Pokalsieger 1970): "Der Aufstieg ist eine gute Sache für Stadt und Umland. Die Leute haben gelechzt nach Profi-Fußball, nach Gegnern wie Nürnberg, Mönchengladbach, Köln, Karlsruhe, Bochum."

Dieter Müller (ehemaliger Kickers- und Nationalspieler): "Das ist wunderschön. Die ganze Region hat den Aufstieg verdient."

Patrick Dama: "Ich danke allen, die uns das ganze Jahr über unterstützt haben. Wir haben mit den Zuschauern im Rücken gekämpft wie immer. Die haben uns nach vorne gepeitscht."

Oliver Speth: "Besser geht´s nicht. Jetzt fahren wir als Zweitligist heim. Das hier ist schöner als eine Meisterschaft. Heute zählte nur der Sieg, daher kann ich auch verschmerzen, daß ich zunächst nur auf der Bank gesessen habe."

Oliver Roth: "Wir hatten das Glück auf unserer Seite. Nach der Pause kam die Wende, obwohl wir nicht besser Fußball gespielt haben. Die Mannschaft hat den Erfolg vorbereitet, ich habe mit dem 2:1 nur das Krönchen draufsetzen dürfen."

Necip Incesu: "Ein Traum! Der dritte Aufstieg in dieser Saison. Das haben sich unsere Fans verdient. Die 2. Liga wird sehr attraktiv, aber auch sehr schwer - jetzt feiern wir aber erst mal."

Stefan Dolzer: "Drei bis vier Jahre haben wir auf dieses Ziel hingearbeitet. Wir haben durchgehend daran geglaubt. Jeder hatte immer den Siegeswillen. Schön gespielt haben wir noch nie, aber jetzt haben wir verdient die Nase vorn. Wenn man diese Emotionen sieht, die Fans weinen - das ist unglaublich. In drei Jahren von der Oberliga in die 2. Bundesliga, unfaßbar. Jetzt müssen allerdings neue Ziele gesteckt werden. "

Tom Stohn: "Heute war ich sehr zufrieden mit mir. Von null auf hundert. Aber eine einzelne Person zählt nicht, nur der Aufstieg."

Dietmar Roth: "Heute haben wir eines unserer sehr guten Spiele geliefert, und das zu diesem Zeitpunkt. Wie gegen Trier kamen wir über Einsatz und Disziplin zum Erfolg. Trotz des 0:1-Rückstandes haben wir das Spiel immer kontrolliert."

Michael Köpper: "Die 300 mache ich noch voll! 250 Zweitligaspiele habe ich schon."

Stefan Ertl: "Ich habe immer gesagt: Ich bin nach Offenbach gekommen, um aufzusteigen! Draußen zu sitzen war schlimm, aber endlich sind wir raus aus der Regionalliga."

Thomas Winter: "Ich kann mich nicht so richtig freuen. Jetzt fahre ich erst mal in Urlaub. Wenn ich wiederkomme, sehen wir weiter. Man muß abwarten, was sich hier tut. Die 2. Liga ist sehr reizvoll. Da werden die Karten neu gemischt."

Frank Schwarzhaupt (scheidender Fan-Beauftragter): "Das war das i-Tüpfelchen. Darauf haben die Fans zehn Jahre lang gewartet."


OFC-INTERN

Nur kurzer Urlaub

Am 8. Juli ist Trainingsauftakt für die Kickers. Schon am 31. Juli könnten die Kickers in der 1. Runde im DFB-Pokal antreten. Erster Spieltag in der Zweiten Bundesliga ist am 13./15. August. Es folgt gleich eine englische Woche mit Spielen am 18. und 22. August.

Trainer geduscht

Ersatzspieler Samuel Taubmann leerte unmittelbar vor einem Fernsehinterview einen Eimer Wasser über Hans-Jürgen Boysen aus. Zur Pressekonferenz erschien der Trainer dann im Trikot mit der Nummer 20, dem von Paul Koutsoliakos.

Immer dabei

Ex-Kickers-Spieler Markus Wolf war nicht nur im Mannschaftsbus zurückgefahren, sondern hatte sich auch bei der Feier mitten unter die Spieler gemischt. "Ich bin und bleibe eine Kickers-Nase." Auch der Mann hinter der Theke war ein alter Bekannter. Eddy Walz (nächste Saison in Horbach) versorgte die Spieler im VIP-Raum mit Bier.

Durchgefeiert

Um 02.00 Uhr morgens zogen die meisten Spieler zum Feiern in eine Disco nach Frankfurt. Doch Abschluß der Feierlichkeiten war dann (Uhrzeit wird verschwiegen) im Offenbacher Capitol.

Kein Tanz auf dem Dach

Nachdem bei der letzten Aufstiegsfeier der Mannschaftsbus übel zerbeult wurde, verzichteten die Spieler diesmal auf Tanzeinlagen auf dem Dach.

Amateurmeister

Als Sieger der Aufstiegsrunde haben die Offenbacher Kickers einen offiziellen Titel gewonnen. Sie sind Deutscher Amateurmeister 1999. joko


Der Spielfilm aus Osnabrück 17. Minute: 14m-Flachschuß von Vollmar, Torwart Brunn hält.
20. Minute: 1:0 - Simon verliert einen Zweikampf im Mittelfeld, Enochs paßt auf Christian Claaßen, Gegenspieler Köpper ist viel zu weit weg, der 14m-Schuß rauscht über Keffels Fäuste hoch ins linke Eck.
30. Minute: Nach einem Mißverständnis von Keffel und Kolinger spitzelt Thioune den Ball Richtung OFC-Tor, doch mit vereinten Kräften klären die Kickers.
39. Minute: Erneut steht C. Claaßen frei vor Keffel, verzieht aber diesmal.
46. Minute: VfL-Konter, Thioune läuft allein auf das Tor zu, scheitert an Keffel, Nachschuß von Przondziono Dama klärt auf der Linie.
51. Minute: 1:1 - Dama spielt steil auf Stohn, dessen halbhohe Flanke bugsiert Dirk Vollmar mit einem Flugkopfball aus fünf Metern ins Netz.
60. Minute: Vergebens reklamieren die Osnabrücker nach einem Foul von Köpper an Thioune Elfmeter. Im direkten Gegenzug läuft Vollmar allein auf Brunn zu, doch der VfL-Torwart wehrt den halbhohen 14m-Schuß mit der linken Hand ab.
71. Minute: Wieder reklamiert Osnabrück nach Foul von Dolzer an Thioune Elfmeter. Der Schiedsrichter verlegt den Tatort außerhalb. Den Freistoß köpft Thioune scheinbar unhaltbar ins kurze Eck, doch Dietmar Roth grätscht den Ball Zentimeter vor der Torlinie noch aus dem Kasten.
82. Minute: Nach einem Eckball kommt Christian Claaßen aus acht Metern frei zum Kopfball, doch Keffel faustet den Ball aus dem Tordreieck.
85. Minute: Flanke Thioune, Christian Claaßen köpft aus fünf Metern, doch mit Kopf, Faust und Schulter lenkt Keffel mit einem Reflex den unhaltbaren Ball über die Latte.
88. Minute: Speth umspielt zwei Osnabrücker, will auch an Brunn vorbei, Speth fällt, der Torwart hat den Ball, kein Elfmeter.
92. Minute: 1:2 - 50m-Paß von Stohn auf Speth, Querpaß auf Oliver Roth. Der Kapitän nimmt den Ball direkt, trifft halbhoch über die rechte Schulter von Brunn zum Siegtreffer.


Vertrag als Torprämie

Es war ein Tor mit Ansage. Im Abschlußtraining hatte Dirk Vollmar nach der x-ten Fahrkarte angekündigt. "Das Tor hebe ich mir für Samstag auf." In der 51. Spielminute hielt der 27jährige Wort. "Die Flanke von Stohn kam super, den Ball mußte ich reinmachen", schilderte Vollmar den Ausgleichstreffer. Wieder ein Kopfballtor. Zweimal hätte er noch treffen können, scheiterte an Torwart Brunn. "Egal. Hauptsache wir sind da, wo wir hingehören. In der 2. Bundesliga", sagt der Kickers-Spieler mit den kleinsten Füßen ("Größe 40, die hat auch Diego Maradona"). Mit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga sind auch alle Spekulationen um die Zukunft von Dirk Vollmar beendet. Der geplante Wechsel zu Dynamo Dresden ist endgültig erledigt. Vollmar unterzeichnete vor dem Spiel in Osnabrück einen neuen Drei-Jahresvertrag, gültig bis 30. Juni 2002 bei den Kickers. "Ein ganz wichtiger Spieler für uns", atmete Manager Gerster nach Vertragsunterzeichnung auf.


Grevelhörster zum OFC

Noch keine Freigabe für den Mainzer Stürmer

Der erste Neuzugang der Offenbacher Kickers fieberte in Osnabrück auf der Tribüne mit. Lars Schmidt durfte jubeln. Nach seinem Wechsel von Mainz nach Offenbach bleibt er zweitklassig. Wahrscheinlich wechselt in den nächsten Tagen ein zweiter Mainzer nach Offenbach. Der 29jährige Marco Grevelhörster hat gestern einen Vertrag bei den Kikkers unterschrieben. Allerdings tritt er erst ab 1. Juli 2000 in Kraft, solange ist der Stürmer noch an Mainz gebunden. "Vielleicht können wir Grevelhörster früher bekommen, aber wir werden keine Ablöse bezahlen", hofft Manager Gerster auf eine vorzeitige Vertragsauflösung des früheren FSV-Spielers. Wahrscheinlich ist, daß sich die Vereine bis Saisonbeginn finanziell einigen werden.

Weiterhin im Gespräch sind Altin Lala (Hannover 96, früher Fulda) und Michael Mason (FC St. Pauli). Endgültig abgesagt hat David Wagner, der von Gütersloh zu Waldhof Mannheim wechselt. Allerdings hüllen sich Gerster und Boysen über weitere Kandidaten in Schweigen. "Wir haben Zeit genug und müssen nichts überstürzen. Es gibt jede Menge Spieler von Zweitligaabsteigern und jede Menge Namen auf der Transferliste", sieht Boysen die Kikkers nicht unter Zeitdruck. Verlängert wurde der Vertrag mit Kai-Uwe Giersch. Allerdings ist noch offen, ob für ein oder zwei Jahre.


Für 2. Liga fällt sogar Urlaub aus

Der vierte Aufstieg für Boysen

Grenzen ausloten. Das Maximale erreichen. Zwei Vorsätze, die Hans-Jürgen Boysen bei den Offenbacher Kickers täglich vorlebt. Am Samstag erreichte Boysen den vorläufigen Höhepunkt seiner Trainerkarriere. Zwölf Jahre nach Robert Jung (Aufstiegsrunde 1987) führte Boysen die Kickers zurück in den bezahlten Fußball. Im zehnten Trainerjahr war es der vierte Aufstieg für den Fußball-Lehrer, der erst bei drei Vereinen gearbeitet hat. Beim SV Mörlenbach (Bezirksoberliga bis Oberliga), beim SV Sandhausen (Oberliga und Regionalliga) und seit 1. Juli 1997 bei Kickers Offenbach. Täglich pendelt er mit Co-Trainer Stephan Groß zwischen seinem Wohnort Viernheim und dem Bieberer Berg. Als Profi beim Karlsruher SC und dem 1. FC Saarbrücken (104 Bundesligaspiele von 1980 bis 1986) war er als harter Manndekker gefürchtet. Als Trainer verfolgt er eine andere Philosophie. Angriffsfußball. "Meine Mannschaften haben bis auf eine Ausnahme immer die meisten Tore in ihrer Klasse geschossen." Der 42jährige ist privat ein absoluter Kumpeltyp. Auch im Umgang mit der Öffentlichkeit, mit den Medien hat sich Boysen durch seine offene Art viele Sympathien verschafft. Doch im Geschäft Fußball kann er auch knallhart sein. Eine seiner Grundregeln: "Ich muß immer den Erfolg der Mannschaft sehen. Es ist das Los eines Trainers, daß ich dabei einzelnen Spielern manchmal weh tun muß." So wie am Samstag Oliver Speth und Oliver Roth. Der Kapitän im letzten und entscheidenden Spiel auf der Bank. Boysen war sich durchaus bewußt, welches Risiko er damit einging. "Wenn es schief gegangen wäre, hätte jeder gesagt, wie kann er nur, und ich wäre der Looser gewesen." So aber waren Oliver Roth und der Trainer Gewinner. Nur zu genau weiß Boysen, daß Trainer auch immer auf einem schmalen Grat wandeln. Vor acht Wochen schallten "Boysen raus"- Rufe durch das Stadion. Am Samstag wurde er von den Fans auf Schultern vom Platz getragen. Wäre das Spiel in Osnabrück für die Kickers schief gegangen, wer weiß, ob Boysen weiter Trainer geblieben wäre. "War da etwas? Darüber muß ich mir jetzt keine Gedanken machen", schob Boysen am Samstag seine einen Tag zuvor geäußerten Abwanderungsgedanken weit von sich. "Jetzt wird zwei Tage nur gefeiert. Und ab Montag haben wir nur noch die 2. Bundesliga im Kopf." Montag? Sollte da nicht der Urlaub beginnen. "Urlaub fällt für mich aus. Wir haben wenig Zeit zur Vorbereitung, da gibt es zuviel zu tun." Auch hier muß die Familie, Ehefrau Angela (spielte früher Handball-Bundesliga beim VfR Mannheim) und drei Söhne, Verständnis zeigen. Der OFC fordert seinen Tribut.


Fuldaer Zeitung

Gersters hohe Prämie

Grenzenloser Jubel in Offenbach. Zehn Jahre nach dem Zwangsabstieg aus der Zweiten Bundesliga sind die Offenbacher Kickers wieder zweitklassig. Im letzten Entscheidungsspiel machte der deutsche Pokalsieger von 1970 die Rückkehr in den Profifußball mit dem 2:1 durch Tore von Dirk Vollmar und Oliver Roth beim VfL Osnabrück perfekt. Allein 4000 Offenbacher waren nach Niedersachsen mitgereist. Ebenso viele Fans verfolgten zur gleichen Zeit im Stadion auf dem legendären Bieberer Berg die Live-Übertragung auf einer Videowand. Als die Mannschaft am Samstag um 22.30 Uhr nach Offenbach zurückkehrte, wurden Spieler und Trainer Hans-Jürgen Boysen von 10000 Menschen im altehrwürdigen Stadion begeistert empfangen. Der Verkehr war zwar zwischenzeitlich zusammengebrochen, als sich der Autokorso vom Bieberer Berg in die Innenstadt und wieder zurück an den Bieberer Berg bewegte. "Zwei Tage lang werden wir nur feiern. Aber ab Montag haben wir nur noch die Zweite Liga im Kopf", sagte Trainer Boysen. Der Ex-Profi ist seit 1997 in Offenbach, feierte in seinem zehnten Trainerjahr den vierten Aufstieg. Bisher haben die Kickers erst einen Neuzugang verpflichtet. Der fast 34jährige Mainzer Kapitän Lars Schmidt kehrt ablösefrei in seine Heimatstadt zurück. Alle Stammspieler dieser Saison aber haben Verträge für die Zweite Liga unterschrieben. Dazu sollen noch fünf neue Spieler geholt werden. "Wir wollen uns in allen Mannschaftsteilen verstärken", kündigte Manager Klaus Gerster an. Er kassiert - genau wie die gesamte Mannschaft - eine Aufstiegsprämie von 500000 Mark. Die halbe Million hatte sich Gerster ausgehandelt, als er im Dezember 1995 nach Offenbach kam.


Süd-West Presse

Rückkehr nach zehn Jahren Nach zehn Jahren in der Grauzone der Amateur-Gefilde kehrt Kickers Offenbach in den bezahlten Fußball zurück. Das 2:1 (0:1) beim VfL Osnabrück führte den Tabellenzweiten der Regionalliga Süd in die zweite Liga - zuvor waren schon SV Waldhof, Alemannia Aachen und der Chemnitzer FC aufgestiegen. Vor 18000 Zuschauern drehten die Offenbacher nach dem Rückstand (Claassen/20.) den Spieß durch Vollmar (53.) und Roth (90.) noch um. Ebenso wie die Mannschaft kassiert auch der Technische Direktor Klaus Gerster, Berater von Nationalspieler Andreas Möller, 500000 Mark Aufstiegsprämie. Als erster Neuzugang steht Lars Schmidt (33) von Mainz 05 fest. Der Etat der Offenbacher, die nachts von 10000 Menschen am Bieberer Berg empfangen wurden, steigt von fünf auf über zwölf Millionen. Hans-Jürgen Boysen, seit 1997 in Offenbach, feierte in seinem zehnten Trainer-Jahr den vierten Aufstieg. Für Osnabrücks Trainer Wolfgang Sidka, erst seit zwei Wochen im Amt, erfüllte sich der Aufstiegstraum zum 100. Jahr des VfL-Bestehens derweil nicht.


Pfullendorf/Biberach jubeln

Durch den Offenbacher Aufstieg bleibt dem Regionalligisten SC Pfullendorf und dem Oberligisten FV Biberach der Abstieg erspart. Und: Die württembergische Oberliga braucht nicht auf 17 Mannschaft aufgebläht zu werden.


Stuttgarter Zeitung

Ein großer Traum wird endlich wahr Offenbach im Ausnahmezustand. Gestern um 14 Uhr hat die Mannschaft des OFC den Balkon des Rathauses betreten. ¸¸Wir haben es geschafft, trotz aller Probleme und Tiefschläge die wir in den letzten Wochen hinnehmen mußten. Nun hat es sich gelohnt, soviel Liebe und Herzblut zu investieren'', sagte Trainer Hans-Jürgen Boysen überglücklich. Der Coach hatte zuvor bereits mit seinen Spielern in der Frankfurter Diskothek ¸¸King Camehameha'' die Nacht zum Tag gemacht. 2:1 gewann der Pokalsieger von 1970 am Samstag beim VfL Osnabrück - und war als deutscher Amateurmeister damit in die zweite Bundesliga aufgestiegen. Dirk Vollmar (51. Minute) und Kapitän Oliver Roth (90.) hatten nach der VfL-Führung durch Christian Claaßen (20.) den ¸¸Traum vom Profifußball'' (Manager Klaus Gerster) perfekt gemacht. Währenddessen saß Vizepräsident Wilfried Kohls zu Tränen gerührt auf seinem Tribünenplatz. ¸¸Ich habe alles in den Klub investiert und fühle mich jetzt bestätigt'', meinte der ehemalige Torwart der Kickers. Der aktuelle Keeper René Keffel hatte in der Endphase der Relegationspartie überragend gehalten und Osnabrücks Chancen durch Claaßen vereitelt. ¸¸René Keffel - Fußballgott'', skandierten daraufhin die gut 2000 mitgereiste Fans im ausverkauften Stadion an der Bremer Brücke. Der 31jährige warf alles was er bei sich trug in die Menge und meinte: ¸¸Das hier ist genauso berauschend wie die Geburt des eigenen Kindes.'' Auch Ehrenspielführer Herrmann Nuber ließ seinen Emotionen freien Lauf: ¸¸Wenn es jemand verdient hat aufzusteigen, dann wir. 1995 standen wir mit Millionenschulden vor dem Konkurs, jetzt sind wir wieder zurück auf der großen Bühne.'' Und schuldenfrei. Heute trifft sich OFC-Manager Klaus Gerster, der für den Aufstieg wie die Mannschaft 500000 Mark Prämie erhält, mit Hannovers Mittelfeldakteur Altin Lala (23). Der Albaner war bereits vergangene Saison der Wunschspieler von Trainer Boysen. Zudem sollen die Mainzer Stürmer Gustav Policella und Marco Grevelhörster geholt werden. Zudem bleibt Wackelkandidat Dirk Vollmar am Bieberer Berg. Der von Dynamo Dresden umworbene Angreifer verlängerte bis 2002. ¸¸Mein großer Traum wurde wahr. Zweite Bundesliga mit Offenbach'', sagte Vollmar zu den Gründen. Damit kehrt nach zehn Jahren ein weiterer Traditionsverein in den Profibereich zurück - zur Freude der zweiten Liga.


Stuttgarter Nachrichten

¸¸Unser nächstes Ziel ist die Bundesliga'' Bescheidenheit paßt nicht zu den Machern am Bieberer Berg: Gerade erst hatten die Offenbacher Kickers durch einen 2:1-Sieg beim VfL Osnabrück den Sprung zurück in die Zweite Fußball-Bundesliga geschafft, da wurden schon vollmundig neue Wünsche geäußert. ¸¸Der Aufstieg paßt gut in die Aufbruchstimmung in unserer Stadt. Das nächste Ziel der Kickers muß der Bundesliga-Aufstieg sein'', erklärte Oberbürgermeister Gerhard Grandke, als er das erfolgreiche Team offiziell empfing. In der zweiten Liga kalkuliert Offenbach mit einem Etat von 12,5 Millionen Mark und einem Zuschauerschnitt von 10000 Besuchern. Mit Lars Schmidt (FSV Mainz 05) steht bisher erst ein Neuzugang fest, fünf Spieler sollen noch geholt werden. Durch den Aufstieg der Offenbacher bleibt der SC Pfullendorf in der Regionalliga. Eine Etage tiefer darf sich damit der FV Biberach freuen, der auch in der nächsten Saison in der Oberliga spielt.


Westfälische Nachrichten

Über Lengerich in die 2. Bundesliga Kickers Offenbach besiegte den VfL Osnabrück Osnabrück - Als alles vorbei war, stand der Osnabrücker Trainer Wolfgang Sidka ein wenig abseits, die Arme verschrenkt, kaum einen Blick für den Trub el. Sachte fuhr er mit der Fußspitze über den Rasen und trauerte der vergebenen Chance seiner Mannschaft nach. Durch die 1:2-Niederlage vor 18 000 Zuschauern an der Bremer Brücke gegen Kickers Offenbach verpaßte der VfL den Sprung in die 2. Fußballbundesliga und bleibt auch sieben Jahre nach dem Abstieg aus dem Fußballunterhaus Regionalligist. Doch in einer der bittersten Stunden für den VfL blickte Präsident Dr. Dirk Rasch nach vorne: »Wir werden nicht in Depressionen verfallen, sondern schon am Montag über die neue Saison reden. Der VfL Osnabrück ist wieder eine angesehene Adresse im ball.«

Das Ende einer knüppelharten Relegationsrunde traf die Osnabrücker wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Die Rahmenbedingungen waren geschaffen, um im nächsten Jahr Zweitliga-Fußball an der Bremer Brücke zu präsentieren: Das sommerliche Wetter, die stimmungsvolle Kulisse und ein Tor von Christian Claassen in der 20. Minute. Der 32jährige Stürmer traf mit einem harten Linksschuß genaus ins obere Eck. Doch am Ende jubelten die Gäste aus Offenbach. Sie ließen sich ungeachtet des Rückstandes nicht in ihrem Selbstbewußtsein erschüttern. Harte Zweikämpfe und viele Freistöße prägten das Endspiel um den Zweitliga-Aufstieg. Der VfL stürmte, erspielte sich zahlreiche Einschußmöglichkeiten, doch ohne Erfolg. Die Kickers dagegen agierten verhalten und warteten auf ihre Kontermöglichkeiten. Bis zur 47. Minute war der VfL in der 2.Liga, doch dann drehten die Offenbacher den Spieß um. Ein Kopfball von Dirk Vollmar zum 1:1 und die Kickers waren zweitklassig. Lähmendes Ensetzen bei den 15 000 Osnabrückern, überschwenglicher Jubel bei den 3 000 Offenbacher Fans waren die Folge. Doch die Mannschaft von Wolfgang Sidka zeigte in dieser Phase Charakterstärke und eine gute Moral. Christian Claassen hätte sich in den Annalen des VfL Osnabrück verewigen können, doch seine beiden Kopfbälle, als die Zuschauer schon den Torschrei auf den Lippen hatten, parierte Rene Keffel jeweils mit einem Reflex. »So ist das nun mal. Man kann schnell der Held sein, aber auch schnell abstürzen«, erklärte Claassen nach dem Schlußpfiff. Schließlich besiegelte ein Konter in der Nachspielzeit das endgültige Schicksal des VfL. Torjäger Oliver Roth markierte das vielumjubelte 2:1 für die Kickers. Sekunden später ertönte der letzte Pfiff von Schiedsrichter Lutz Fröhlich, den die Osnabrücker gar mehr nicht registrierten. Während die Offenbacher jubelten, lagen die Osnabrücker niedergeschlagen am Boden. Das Stadion teilte sich in zwei Hälften. Der Kickersblock tobte und feierte, während auf der anderen Seite Totenstille herrschte. »Wenn man seine Chancen nicht nutzt, dann wird es halt eng«, bemerkte Horst Hrubesch, der als Co-Kommentator des NDR fungierte. Daniel Thioune lag regungslos auf dem Rasen, ließ seinen Tränen freien Lauf. Kapitän Martin Przondziono verließ mit hängendem Kopf den Schauplatz seiner letzten Arbeitsstunden für den VfL. Er hatte sich nicht als zentrale Schaltstelle im Mittelfeld profiliert und knüpfte an seine mäßigen Vorstellungen der letzten Spiele an. Ob der angeschlagene Libero Kay Wenschlag dem Osnabrücker Spiel die entscheidenden Impulse gegeben hätte, bleibt spekulativ: »Man tut den Spielern unrecht, wenn jetzt derart spekuliert wird. Er war verletzt und konnte nicht spielen. Ich muß seiner Mannschaft ein Kompliment aussprechen. Sie hat hervorragend gekämpft. Das war ein echtes Endspiel, in dem uns das Quentchen Glück fehlte. Im nächsten Jahr werden wir wieder anpacken«, schaut Sidka nach vorne. Die Kickers sind über quasi über Lengerich in die 2.Liga aufgestiegen. Die Vorbereitung am Aldruper Damm war sicherlich ein gutes Zeichen für die Offenbacher. »Wir sind überglücklich. Meine Mannschaft hat mit Herzblut gespielt. Wir haben endlich im dritten Anlauf den Aufstieg geschafft«, strahlte Trainer Hans-Jürgen Boysen.


Mannheimer Morgen

Die Kickers steigen auf, und eine ganze Stadt feiert mit FUSSBALL: Zehntausend Fans empfangen den OFC am Bieberer Berg / OB Grandke: "Nächstes Ziel muß Bundesliga heißen" Grenzenloser Jubel in Offenbach. Zehn Jahre nach dem Zwangsabstieg aus der Bundesliga sind die Offenbacher Kickers wieder zweitklassig. Im letzten Entscheidungsspiel machte der deutsche Pokalsieger von 1970 am Samstag nachmittag an der Bremer Brücke die Rückkehr in den Profifußball mit einem 2:1-Sieg beim VfL Osnabrück perfekt. Und eine ganze Stadt feierte mit, nachdem in unmittelbarer Nachbarschaft Eintracht Frankfurt erst am 29. Mai mit dem 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern in einem atemberaubenden Saisonfinale die Arbeitsplätze in der Bundesliga gesichert und die Massen über Offenbach hinaus in Glückseligkeit getaucht hatte. Als die Mannschaft Samstag um 22.30 Uhr nach Offenbach zurückkehrte, wurden Spieler und Trainer Hans-Jürgen Boysen von 10 000 Menschen im altehrwürdigen Stadion begeistert empfangen. "Die haben feucht-fröhlich gefeiert. Aber es blieb alles friedlich", sagte ein Polizeisprecher am Sonntag morgen. Der Verkehr war zwar zwischenzeitlich zusammengebrochen, als sich der Autokorso vom Bieberer Berg in die Innenstadt zum Mainufer-Fest und wieder zurück in die "Kultstätte Bieberer Berg" bewegte. Die grauenvollen Bilder mit über 100 Verletzten nach dem Regionalligaspiel im Mai gegen den zweiten Aufsteiger SV Waldhof Mannheim waren damit endgültig in Vergessenheit geraten. Gestern mittag folgte der offizielle Empfang durch den Oberbürgermeister Gerhard Grandke mit einem weiteren Autokorso. "Für diesen Tag hat der Verein lange gearbeitet. Der Aufstieg paßt gut in die Aufbruchstimmung in unserer Stadt. Das nächste Ziel der Kickers muß der Bundesliga-Aufstieg sein", rief Grandke vom Rathaus. "Zwei Tage lang werden wir nur feiern. Aber ab Montag haben wir nur noch die zweite Liga im Kopf", sagte Trainer Hans-Jürgen Boysen. Der Ex-Profi vom Karlsruher SC ist seit 1997 in Offenbach, feierte in seinem zehnten Trainerjahr den vierten Aufstieg. Frankfurts Sportdezernentin Sylvia Schenk betonte, daß der Region zwei Profiteams angesichts der drei Bundesligisten in München gut zu Gesicht stehen würden. "Offenbach war einfach dran. Der Erstliga-Aufstieg würde den Fußball hier riesig nach vorn bringen." Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg. Bisher haben die Kickers erst einen Neuzugang verpflichtet. Der fast 34jährige Mainzer Kapitän Lars Schmidt kehrt ablösefrei in seine Heimatstadt zurück. Alle Stammspieler dieser Saison aber haben Verträge für die 2. Liga unterschrieben. Dazu sollen fünf weitere neue Spieler geholt werden. "Wir wollen uns in allen Mannschaftsteilen noch verstärken", kündigte Manager Klaus Gerster an. Der Berater der Nationalspieler Andreas Möller (Dortmund) und Marco Reich (Kaiserslautern) kassiert genau wie die gesamte Mannschaft eine Aufstiegsprämie von 500 000 Mark. Die halbe Million hatte sich Gerster ausgehandelt, als er im Dezember 1995 nach Offenbach kam. Damals waren die Kickers auf dem Tiefpunkt, spielten vor 1500 Zuschauern in der Oberliga und hatten drei Millionen Mark Schulden. Mittlerweile ist der Zuschauerschnitt auf 12 000 angewachsen und der Verein schuldenfrei. In der 2. Bundesliga kalkuliert Offenbach mit einem Zuschauerschnitt von 10 000 und einem Etat von 12,5 Millionen Mark. "Ziel kann nur der Klassenverbleib sein", sagt Boysen, obwohl der Erfolgsdruck schon wieder weiter gewachsen ist. lhe


Rheinpfalz Online

Zurück im Paradies FUSSBALL: Offenbach wieder in 2. Liga

Als der "schwarze Abt" seine Arme in den stahlblauen Himmel über Osnabrück reckte, waren die Offenbacher Kickers zurück im Fußball-Paradies. Klaus Gerster, so umstrittener wie umtriebiger Macher beim hessischen Traditionsklub, stand nach dem Zweitliga-Aufstieg des Pokalsiegers von 1970 im Mittelpunkt der Ovationen. Der wie immer dunkel gewandete Technische Direktor, überregional als Ziehvater und Berater von Nationalspieler Andreas Möller ein Begriff, hatte nach dem entscheidenden 2:1 (0:1)-Sieg der Kickers beim Nordmeister VfL Osnabrück keine Chance, kühle Distanz zu bewahren. Kuttenträger und andere abenteuerliche Typen fielen Gerster wie wiedergefundene Kinder um den Hals, die edle Sonnenbrille rutschte flugs von der Nase. "Ich bin einfach überwältigt, mehr kann ich gar nicht sagen", äußerte Gerster, der für den Aufstieg ebenso wie die Mannschaft eine Prämie von 500.000 Mark kassierte. Ausgaben, die sich der Anfang der 70er Jahre maßgeblich in den Bundesliga-Skandal verwickelte Klub durchaus leisten kann: Durchschnittlich 13.000 Fans passierten in der abgelaufenen Saison die Stadiontore am Bieberer Berg, nach dem zehnjährigen Intermezzo im Amateurlager steigt der Etat der Offenbacher in der kommenden Saison von 5,0 auf 12,5 Millionen Mark. Knapp 4.000 Anhänger hatten den Vizemeister der Regionalliga Süd nach Niedersachsen begleitet, 3.000 Fans verfolgten auf einer 25 Quadratmeter großen Videowand auf dem Bieberer Berg die Partie, die durch Tore von Dirk Vollmar (53.) und Oliver Roth (90.) noch eine positive Wende nahm. Vor 18.000 Zuschauern waren die Gastgeber durch Christian Claassen (20.) in Führung gegangen. In die Jubelgesänge am heimischen Bieberer Berg stimmte auch Oberbürgermeister Gerhard Grandke ein. "Dieser Aufstieg paßt zur Aufbruchstimmung in unserer Stadt", sagte das Stadtoberhaupt, das die siegreiche Mannschaft einschließlich Trainer Hans-Jürgen Boysen am Sonntag nachmittag zum Empfang bat. Ein Autokorso ins Stadion schloß sich an. Boysen: "Alle Verantwortlichen haben mit Herzblut an diesem Team gebastelt. Wer diese Ochsentour übersteht, ist auch verdient aufgestiegen." Für Hessens Ministerpräsident Roland Koch muß der zweite OFC-Aufstieg binnen drei Jahren durchaus nicht der letzte sein. "Ich träume davon, daß es in nicht allzu weiter Ferne wieder Duelle zwischen Eintracht Frankfurt und den Offenbacher Kickers in der ersten Liga geben wird", hieß es in einem Glückwunschschreiben aus der Staatskanzlei in Wiesbaden. Das letzte Derby dieser Art, kaum jemand wird sich daran erinnern, fand am 25. Februar 1984 im Waldstadion statt und endete mit einem 3:0-Erfolg für die Eintracht.


Mainpost

Am besten nur als Durchgangsstation

Wie so viele seiner Zunft ist auch Hans-Jürgen Boysen ein Videofan. Der dazugehörige Recorder ist für den Trainer von Kickers Offenbach ein wichtiges Arbeitsgerät. "Wenn man den Gegner richtig studiert hat, muß man seinen Spielern nicht viel erzählen, man muß sie nur entsprechend plazieren." In der nächsten Saison kann sich Boysen nun dem - im Vergleich zur Regionalliga - wesentlich umfangreicher vorliegenden Filmmaterial über hiesigen Zweitliga-Fußball widmen: Kickers Offenbach ist mit einem überzeugend herausgespielten 2:1-Sieg beim VfL Osnabrück in die Zweite Liga aufgestiegen. Dabei lief längst nicht alles nach Plan für die Kickers - nach 20 Minuten schoß der VfL zum ersten Mal auf das Tor von Offenbachs Bestem, Torhüter Rene Keffel. Christian Claaßen traf genau in den Winkel - das 1:0. Die Kickers hatten zwar deutliche Vorteile in der Spielanlage, doch brachten kaum einmal das gegnerische Tor in Gefahr. "Olli, Olli"-Sprechchöre dominierten bald im ausverkauften Piepenbrock-Stadion. Die mitgereisten Offenbacher Fans forderten vehement die Einwechslung von Publikumsliebling Oliver Roth. Der Torjäger war von Boysen zunächst auf die Ersatzbank verbannt worden. Nach der Pause durfte Roth dann endlich ins Sturmzentrum - prompt stiegen die Offenbacher Aufstiegs-Aktien. Dirk Vollmars schöner Flugkopfball sorgte schnell für den Ausgleich, und fortan kontrollierten die Kickers das Spiel. Der VfL Osnabrück, der nur bei einem Sieg in die Zweite Liga aufgestiegen wäre, erhöhte erst in der Schlußviertelstunde den Druck. Doch Keffel rettete zweimal in höchster Not gegen den stets gefährlichen Claaßen. Als Oliver Roth nach feinem Konter über den ebenfalls eingewechselten Speth in der Schlußminute das 2:1 markierte, gab es für die rot-weiße Herrlichkeit kein Halten mehr. Eine "Riesensause" versprach Roth den Fans am heimischen Bieberer Berg via Videoleinwand. "Wir haben heute ein riesiges Tor aufgemacht, sowohl sportlich als auch finanziell" - Boysen war dagegen auch inmitten des Jubels gedanklich schon wieder bei zukünftigen Planungen. "Ich brauche noch einen Torwart, einen Abwehrspieler, zwei Mittelfeldstrategen und wenigstens einen Stürmer", hat er Manager Klaus Gerster angewiesen. Der bemüht sich nun um die Verstärkungen: Der Mainzer Kapitän Lars Schmidt ist bereits verpflichtet und zitterte in Osnabrück schon auf der Tribüne mit, sein Klubkollege Marco Grevelhörster soll ihm folgen. Jetzt sucht Gerster noch richtige "Knaller". Pascal Ojigwe, in der vergangenen Saison durch Otto Rehhagels Wechselfehler zu tragischer Berühmtheit gelangt, ist einer davon. Dabei könnte der OFC von Synergie-Effekten aus Gersters Doppeltätigkeit als Kickers-Manager und Spielerberater profitieren. Nachdem mit Marco Reich und Thomas Sobotzik zwei Gerster-Klienten in Kaiserslautern spielen, bestehen gute Kontakte. Mit Manfred Binz (Borussia Dortmund) ist ein weiterer Gerster-Zögling im Gespräch. Das Kleckern ist in Offenbach nun Vergangenheit - eine halbe Million Aufstiegsprämie streicht die Mannschaft ein. Mit dem Aufstieg vergoldet sich auch der Manager sein bislang ehrenamtliches Wirken - er hat sich von den anstehenden Fernsehgeldern vertraglich eine halbe Million gesichert. Doch Gersters sportliche und finanzielle Bilanz kann sich sehen lassen: Innerhalb von drei Jahren schaffte der Verein den Sprung von der hessischen Oberliga in die Zweite Liga, der Ruf des Skandalklubs wurde abgestreift, und der Verein ist finanziell konsolidiert. Für die kommende Saison peilt er einen Zuschauerschnitt von 15 000 an - angesichts großer Kickers-Euphorie durchaus realistisch. Nur zu gerne würde Kickers Offenbach auch die Zweite Liga nur als Durchgangsstation erleben. 1860 München, Fortuna Düsseldorf, der 1. FC Nürnberg, Arminia Bielefeld und nun der SSV Ulm sind klangvolle Namen - in Offenbach hofft man, sich in die Liste der von der Regionalliga in die Erste Bundesliga hochgekommenen Vereine eintragen zu können.


Express - Köln

Grenzenloser Jubel: Offenbach im Zweitliga-Rausch und schuldenfrei

Grenzenloser Jubel in Offenbach. Zehn Jahre nach dem Zwangsabstieg aus der 2. Bundesliga sind die Offenbacher Kickers wieder zweitklassig. Im letzten Entscheidungsspiel machte der Deutsche Pokalsieger von 1970 am Samstag an der Bremer Brücke die Rückkehr in den Profifußball mit dem 2:1 beim VfL Osnabrück perfekt. Und eine ganze Stadt feierte mit, nachdem in unmittelbarer Nachbarschaft Eintracht Frankfurt erst am 29. Mai mit dem 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern in einem atemberaubenden Saisonfinale die Arbeitspätze in der Bundesliga gesichert und die Massen über Offenbach hinaus in Glückseligkeit getaucht hatte. Allein 4 000 Offenbacher waren nach Niedersachsen mitgereist. Ebensoviele Fans verfolgten zur gleichen Zeit im Stadion auf dem legendären Bieberer Berg die Live-Übertragung auf einer Videowand. Als die Mannschaft am Samstag um 22.30 Uhr nach Offenbach zurückkehrte, wurden Spieler und Trainer Hans-Jürgen Boysen von 10 000 Menschen im altehrwürdigen Stadion begeistert empfangen. «Die haben feucht-fröhlich gefeiert. Aber es blieb alles friedlich», sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Der Verkehr war zwar zwischenzeitlich zusammengebrochen, als sich der Autokorso vom Bieberer Berg in die Innenstadt zum Mainuferfest und wieder zurück in die «Kultstätte Bieberer Berg» bewegte. Die grauenvollen Bilder mit den Prügelszenen und über 100 Verletzten nach dem Regionalligaspiel im Mai gegen den zweiten Aufsteiger SV Waldhof Mannheim waren damit endgültig in Vergessenheit geraten. Am Sonntag mittag folgte der offizielle Empfang durch den Oberbürgermeister Gerhard Grandke mit einem weiteren Autokorso. «Für diesen Tag hat der Verein lange gearbeitet. Der Aufstieg paßt gut in die Aufbruchstimmung in unserer Stadt. Das nächste Ziel der Kickers muß der Bundesliga-Aufstieg sein», rief Grandke vom Rathaus. «Zwei Tage lang werden wir nur feiern. Aber ab Montag haben wir nur noch die 2. Liga im Kopf», sagte Trainer Boysen. Der Ex-Profi vom Karlsruher SC ist seit 1997 in Offenbach, feierte in seinem zehnten Trainerjahr den vierten Aufstieg. Frankfurts Sportdezernentin Sylvia Schenk betonte, daß der Region zwei Profiteams gut zu Gesicht stehen würden. «Offenbach war einfach dran. Der Erstliga-Aufstieg würde den Fußball hier riesig nach vorn bringen.» Doch bis dahin ist noch ein weiter Weg. Bisher haben die Kickers erst einen Neuzugang verpflichtet. Der fast 34jährige Mainzer Kapitän Lars Schmidt kehrt ablösefrei in seine Heimatstadt zurück. Alle Stammspieler dieser Saison aber haben Verträge für die 2. Liga unterschrieben. Dazu sollen noch fünf neue Spieler geholt werden. «Wir wollen uns in allen Mannschaftsteilen verstärken», kündigte Manager Klaus Gerster an. Der Berater der Nationalspieler Andreas Möller (Dortmund) und Marco Reich (Kaiserslautern) kassiert - genau wie die gesamte Mannschaft - eine Aufstiegsprämie von 500 000 Mark. Die halbe Million hatte sich Gerster ausgehandelt, als er im Dezember 1995 nach Offenbach kam. Damals waren die Kickers auf dem Tiefpunkt. Spielten vor 1 500 Zuschauern in der Oberliga und hatten drei Millionen Mark Schulden. Seitdem landeten die Kickers dreimal auf Rang zwei in ihrer Klasse, setzten sich zweimal in der Aufstiegsrunde durch. Der Zuschauerschnitt ist auf 12 000 Fans angewachsen, der Verein schuldenfrei. In der 2. Bundesliga kalkuliert Offenbach mit einem Schnitt von 10 000 Besuchern und einem Etat von 12,5 Millionen Mark. «Ziel kann nur der Klassenverbleib sein», sagt Boysen, obwohl der Erfolgsdruck schon wieder weiter gewachsen ist.


Passauer Neue Presse

Kickers Offenbach im Zweitliga-Rausch

Deutscher Pokalsieger von 1970 macht mit 2:1-Sieg in Osnabrück Aufstieg perfekt Grenzenloser Jubel in Offenbach. Zehn Jahre nach dem Zwangsabstieg aus der Bundesliga sind die Kickers wieder zweitklassig. Im letzten Entscheidungsspiel machte der deutsche Pokalsieger von 1970 am Samstag an der Bremer Brücke die Rückkehr in den Profi-Fußball mit einem 2:1-Sieg beim VfL Osnabrück perfekt. Und eine ganze Stadt feierte mit, nachdem in unmittelbarer Nachbarschaft Eintracht Frankfurt erst am 29. Mai mit dem 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern in einem atemberaubenden Saisonfinale die Arbeitsplätze in der Bundesliga gesichert und die Massen über Offenbach hinaus in Glückseligkeit getaucht hat. Allein 4000 Offenbacher waren nach Niedersachsen mitgereist. Genausoviele Fans verfolgten zur gleichen Zeit im Stadion auf dem legendären Bieberer Berg die Liveübertragung auf einer Videowand. Als die Mannschaft am Samstag um 22.30 Uhr nach Offenbach zurückkehrte, wurden Spieler und Trainer Hans-Jürgen Boysen von 10 000 Menschen im altehrwürdigen Stadion begeistert empfangen. "Zwei Tage lang werden wir nur feiern. Aber ab Montag haben wir nur noch die zweite Liga im Kopf", sagte Trainer Hans-Jürgen Boysen. Der Ex-Profi vom Karlsruher SC ist seit 1997 in Offenbach, feierte in seinem zehnten Trainerjahr den vierten Aufstieg. Bisher haben die Kickers erst einen Neuzugang verpflichtet. Der fast 34jährige Mainzer Kapitän Lars Schmidt kehrt ablösefrei in seine Heimatstadt zurück. Dazu werden weitere fünf neue Spieler geholt. "Wir wollen uns in allen Mannschaftsteilen noch verstärken", kündigte Manager Klaus Gerster an. Der Berater der Nationalspieler Andreas Möller (Dortmund) und Marco Reich (Kaiserslautern) kassiert genau wie die gesamte Mannschaft eine Aufstiegsprämie von 500 000 Mark. Gerster hat die Offenbacher von der Oberliga bis in die 2. Liga geführt und den Zuschauerschnitt von 1500 auf 12 000 gesteigert.


Ibbenbürener Zeitung

Boysen ist überglücklich

In der Pressekonferenz nahmen die Trainer zum entscheidenden Aufstiegsspiel in die 2. Fußball-Bundesliga Stellung. Wolfgang Sidka (Osnabrück): "Zunächst einmal möchte ich den Offenbachern gratulieren. Die waren schon dreimal in dieser Relegation, wir erst zum ersten Mal und das war schwierig. Es war heute ein Endspiel und ich möchte meiner Mannschaft ein Kompliment machen. Ein Sieg für uns wäre sicherlich verdient gewesen, denn wir hatte doch sehr viele Chancen. In manchen Sitautionen hat uns auch das Glück mit dem Schiedsrichter gefehlt, das der OFC daheim gegen Trier hatte. Zum Schluß wurde es mit dem Zeitdruck immer enger. Ich hoffe, daß Osnabrück es dem OFC nächstes Jahr nachmachen kann, doch jetzte brauchen wir erst einmal drei Wochen Urlaub." Hans-Jürgen Boysen (Offenbach): "Ich habe mit viel Liebe und Leidenschaft an diesem Team gebastelt, um das große Ziel, den Aufstieg, perfekt zu machen. Der Druck der auf uns lastete, war riesengroß. Deswegen möchte ich meiner Mannschaft ein Riesenlob machen. Wir wußten, daß der VfL hervorragend kontern kann. Das 2:0 war demnach möglich. Der Ausgleich war für uns enorm wichtig, denn so konnten wir uns wieder ein wenig mehr zurückziehen. Besonders erwähnen möchte ich Tom Stohn und unseren Torwart Rene Keffel, der heute überragend gehalten hat. Beide haben großen Anteil am heutigen Erfolg. Ob dieser Sieg verdient ist, ist müßig zu sagen. Ich denke, wenn man das alles durchgemacht hat, haben wir es verdient. Dem VfL wünsche ich für nächstes Jahr alles Gute und ich hoffe das wir und bald wiedersehen."


Der VfL verpaßt den Aufstieg

Dramatik pur herrschte am Samstag nachmittag an der Bremer Brücke in Osnabrück. Vor ausverkauftem Haus verpaßte der heimische Fußball-Regionalligist VfL die große Chance, in den Profi-Fußball zurückzukehren. Mit 1:2 (1:0) unterlagen die Gastgeber nach spannenden 90 Minuten den Offenbacher Kickers, die somit zurück in der 2. Bundesliga sind. Schon eineinhalb Stunden vor dem wichtigsten Spiel des Jahres war das Piepenbrock-Stadion nahezu voll. La-Ola schwappte durchs weite Rund und die Stimmung war prächtig. Als die Mannschaften einliefen, verwandelte sich auch die Sitzplatztribüne in Lila-Weiß. Alle Besucher hielten ein Schild hoch und es bot sich ein traumhaftes Bild. Scheinbar angesteckt von der Atmosphäre spielten beide Mannschaften von Beginn an auf Sieg, wobei die Hausherren etwas mehr fürs Spiel taten, da sie ja unbedingt einen Sieg benötigten, während den Kickers schon ein Remis reichte. Die erste gute Gelegenheit besaßen allerdings die Kickers. Dirk Vollmar kam aus elf Metern frei zum Schuß, traf das Leder aber nicht voll. Drei Minuten später kochte die Stimmung im Stadion dann über. Christian Claaßen zog aus halblinker Position ab und traf unhaltbar ins linke, obere Eck. Nun mußten die Offenbacher natürlich mehr riskieren und lösten sich zunehmend. Erneut Dirk Vollmar war es, der nach 34 Minuten nur das Außennetz traf. In der 38. Minute hatte Christian Claaßen die Möglichkeit, das wichtige 2:0 für den VfL zu markieren. Doch nach schönem Doppelpaß mit Martin Przondziono schoß er aus neun Metern über das Tor. Die beste Chance aufs vorentscheidende 2:0 vergab aber Daniel Thioune in der Nachspielzeit. Er lief alleine auf OFC-Keeper Rene Keffel zu, der hervorragend parierte. Der Nachschuß von Martin Przondziono war zu schwach. Fünf Minuten waren im zweiten Abschnitt gespielt, da wurde es plötzlich still im Lager des VfL. Dirk Vollmar, den die VfL-Abwehr nie unter Kontrolle bekam, erzielte mit einem herrlichen Flugkopfball den 1:1-Ausgleich. Zehn Minuten darauf gab es eine ganz strittige Situation im Kickers-Strafraum. Daniel Thioune wurde zu Fall gebracht, Lutz Fröhlich ließ jedoch weiterspielen. Der Ärger beim VfL war so groß, das Dirk Vollmar im direkten Gegenzug alleine auf Uwe Brunn zulief. Der hielt jedoch mit einer Glanztat. Nun rannte den Gastgebern natürlich die Zeit weg. Wolfgang Sidka brachte mit Marc Bury, Sehrudin Kavazovic und Markus Wulftange drei neue Kräfte. Lars Schiersand, Wolfgang Schütte und Greg Schwager verließen den Platz. So hatte der VfL in der 72. Minute die große Gelegenheit, wieder in Front zu gehen. Nach Freistoß von Martin Przondziono beförderte Daniel Thioune das Leder mit der Schulter Richtung Offenbacher Gehäuse, doch Dietmar Roth rettete für seinen geschlagenen Torwart. Es boten sich aber weitere Möglichkeiten für den VfL. So nach 82 Minuten, als Christian Claaßen nach Przondziono-Ecke zum Kopfball kam, Rene Keffel aber erneut zur Stelle war. Die wohl beste Chance des gesamten Spiels hatte erneut Christian Claaßen fünf Minuten vor dem Ende. Sechs Meter vor dem Tor kam er frei zum Kopfball. Rene Keffel hielt den Ball jedoch mit einem unglaublichen Reflex. In der Nachspielzeit rückten der Vfl dann komplett auf, so daß Oliver Roth einen perfekt vorgetragenen Konter zum 2:1-Endstand für Offenbach vollendete. Nach der Partie flossen bei den Akteuren des VfL und bei vielen Fans bittere Tränen, die Enttäuschung an der Bremer Brücke war riesengroß.


Die Süddeutsche Zeitung

Kühne Träume vom Durchmarsch

Euphorie bei Zweitliga-Aufsteiger Offenbach, dank Manager Gerster von der Schuldenlast befreit Offenbach - "Wenn man den Gegner richtig studiert hat, braucht man seinen Spielern nicht viel zu erzählen", sagt Hans-Jürgen Boysen, "man muß sie nur richtig plazieren". Studiert hat der Trainer der Offenbacher Kickers allem Anschein nach richtig und viel. "Wir kennen die Osnabrücker besser als die uns", vermeldete Boysen vor dem entscheidenden Aufstiegsspiel zur Zweiten Liga beim VfL Osnabrück, und in letzter Minute ging sein Konzept auch auf. Offenbach machte mit einem 2:1-Sieg den Aufstieg perfekt. Den frühen Rückstand durch Christian Claaßen hatten sie schnell weggesteckt. Kurz nach der Pause gelang Dirk Vollmar der Ausgleich. Für die hektische Schlußphase hatte Boysen noch einen Trumpf im Ärmel: OFC-Kapitän und Publikumsliebling Oliver Roth, nach seiner Muskelverletzung noch nicht bereit für ein komplettes Spiel. "Es reicht, wenn er in der zweiten Halbzeit kommt und ein Tor macht", hatte Boysen gesagt, er sollte Recht behalten. In der 90. Minute sorgte Oliver Roth mit dem 2:1 für den Aufstieg. Alles lief wie einstudiert. Die in der Rückrunde aufgekommenen Querelen um Trainer Boysen - vergessen. Rücktrittsforderungen, von den Kickers-Fans nach dem Verlust der Tabellenführung in der Regionalliga Süd formuliert - Makulatur. Sportlich wie wirtschaftlich plante man die Rückkehr in den bezahlten Fußball am Bieberer Berg bereits seit längerem. Der umtriebige (und zuweilen auch umstrittene) Manager Klaus Gerster wußte schon vor Wochen: "Wir sind reif für die 2. Liga. Mainz 05 hat man bereits um den zweitligaerfahrenen Akteur Lars Schmidt erleichtert. Stürmer Marco Grevelhörster soll folgen, und mit dem in Kaiserslautern spielenden Nigerianer Pascal Ojigwe stehen die Kickers ebefalls in Kontakt. Die sachdienlichen Beziehungen hat Manager Gerster ja, immerhin war er schon als Manager von Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt mit trickreichem Vertragswerk betraut, und diverse Profis unterhalten mit Gerster Spielerberater-Kontrakte. Andreas Möller gilt als sein Ziehsohn, und in Kaiserslautern handelete er sich erst krüzlich Stadionverbot ein, weil er seinem Klienten, FCK-Jungstar Marco Reich, angeblich den Kopf verdreht. Dann ist da noch Gerster-Zögling Manfred Binz. Möglich, daß der in Dortmund ausgemusterte frühere Nationalspieler, der ablösefrei zu haben wäre, in Offenbach zum Karriereschluß noch mal als "Manni, der Libero" zu sehen sein wird. Finanziell müssen sich die Kickers keine Sorgen mehr machen: Im Schnitt 12 000 Zuschauer wollten bereits in der Regionalliga das "Berg-Feeling genießen. Dank attraktiver Gegner in der Zweiten Liga läßt sich das noch steigern, zumal die Kickers einen Platz im oberen Tabellendrittel anstreben. "Das nächste Ziel muß der Bundesliga-Aufstieg sein", verkündete Oberbürgermeister Gerhard Grandke bei der Aufstiegsfeier sogar, da wollte auch Ministerpräsident Roland Koch nicht nachstehen. "Ich träume davon, daß es in nicht allzu weiter Ferne wieder Duelle zwischen Eintracht Frankfurt und den Offenbacher Kickers in der ersten Liga geben wird", hieß es im Glückwunschschreiben aus der Staatskanzlei. Die Kickers, denen 1984 die Lizenz entzogen wurde und die vor zehn Jahren auf sportlichem Weg ins Amateurlager rutschten, als sechste Mannschaft nach dem 1860 München, Fortuna Düsseldorf, Nürnberg, Bielefeld und dem SSV Ulm, die Liga zwei lediglich als Durchgangsstation auf dem direkten Weg von der Regionalliga in die Bundesliga nutzt? Es Euphorie auf seriösem Terrain. Immerhin hat Manager Gerster den einstigen Skandalklub finanziell konsolidiert. In der Oberliga übernahm er den OFC vor drei Jahren, damals mit drei Millionen Mark Schulden. Nach dem Sprung in die Regionalliga, dem jetzt der in die 2. Liga folgte, ist man schuldenfrei. Auch dank der in Liga zwei fälligen Fernsehgelder steigt der Etat nun von fünf auf zwölf Millionen Mark. Gerster will jetzt auch wieder einmal auf den eigenen Geldbeutel achten. Drei Jahre hat er unentgeltlich Verträge aufgesetzt, jetzt kassiert er zehn Prozent der Fernseh-Übertragungsgagen - macht eine halbe Million Mark. Die gleiche Summe erhält die Mannschaft als Aufstiegsprämie. Vertrag ist Vertrag, sagt Gerster: "Es hat noch nie einen faireren Manager-Vertrag im Profi-Fußball gegeben."


Gelnhäuser Tageblatt

OFC kommt nach Meerholz

Die Offenbacher Kickers beginnen die Vorbereitung auf die Rückkehr in den bezahlten Fußball in Meerholz. Am Donnerstag, 8. Juli, sind die frisch in die zweite Liga aufgestiegenen Offenbacher Kickers zu Gast beim VfR 09 Meerholz. Anstoß ist dabei um 19 Uhr, sobald der vom "Friseursalon Gerhard Vieweg" gestiftete Spielball per Fallschirmsprung auf dem Meerholzer Sportgelände eingetroffen ist. Für dieses Gastspiel des OFC wird es keinen Vorverkauf geben. Karten sind an der Abendkasse zum Preis von zehn Mark erhältlich. Frauen, Rentner und Jugendliche ab 14 Jahren zahlen sieben Mark, Kinder ab sechs Jahren sind für fünf Mark dabei. Das Freundschaftsspiel gegen die Offenbacher Kickers ist Teil der Feierlichkeiten zum 90jährigen Jubiläum des VfR 09 Meerholz. Im Jahresverlauf folgen noch unter anderem die Stadtmeisterschaften der Senioren Anfang August sowie eine hr3 Clubdisco am 28. August (ab 21 Uhr) in der Sport- und Kulturhalle Meerholz

 

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Seite wurde am 21.06.99 aktualisiert