Regionalliga-Süd Saison'98/'99

Kickers Offenbach steht wieder an der Spitze der Fußball-Regionalliga Süd. Mit einem auch in der Höhe verdienten 4:1-Sieg bei den TSF Ditzingen holte sich die Mannschaft von Trainer Hans-Jürgen Boysen die Tabellenführung zurück und profitierte dabei von den Patzern der Konkurrenten SV Waldhof Mannheim und SSV Reutlingen. Trotz aller Freude - Boysen zeigte auch Sorgenfalten: Stefan Ertl mußte nach dem Foul von Ruta ausgewechselt werden, beim Ex-Kaiserslauterer brach die alte Kapselverletzung wieder auf. Zwar verwandelte Oliver Roth den fälligen Strafstoß zum 0:1 (32.). Ob Ertl gegen Augsburg spielen kann, ist mehr als fraglich. "Trainieren wird er bestimmt nicht", kündigte Boysen an, der vielleicht auch auf seinen souveränen Libero Stefan Dolzer verzichten muß, der sich einen Arm auskugelte. Auch hier gilt: Dauer des Heilungsprozesses offen. Damit wurde die Verletztenliste der Kickers wieder länger, nachdem auf der Ersatzbank in Ditzingen kein Platz war. Dort saßen Kai-Uwe Giersch, Tom Stohn, Stefan Simon, Horst Russ, Paul Koutsoliakos, Dirk Vollmar und Keeper Thorsten Rohrbach.

Nach 32 Minuten mußte Boysen erstmals wechseln, nahm Ertl raus und brachte Vollmar, der sich gut einführte, in der 46. Minute an Ditzingens Torwart Tuzyna scheiterte und fünf Minuten später den Pfosten traf.

In der Folge geriet die Kickers-Abwehr zwar häufiger unter Druck, doch die einzige Ditzinger Chance durch den Schrägschuß von Streichsbier entschärfte Torwart Rene Keffel (55.). Danach ging es Schlag auf Schlag. Erst schickte Schiedsrichter Kammerer (Karlsruhe) Russo nach wiederholtem Foulspiel (an Frank Kastner) vom Platz (65.).

Ditzingens Trainer Joachim Gerland reagierte, nahm Streichsbier und Mouktar raus, brachte Sorg und Bozikovic, der aber nur eine auffällige Szene hatte, sich ein Foul an Stohn leistete und nach nur zehn Sekunden die Rote Karte sah.

Die Kickers nutzten nun die vorhandenen Räume. Ditzingen rückte auf, Vollmar setzte sich gegen die schlecht postierte Abwehr durch und traf zum 0:2 (73.). Oliver Speth (84., nach Zuspiel von Stohn) und Vollmar (86., Zuspiel Speth) erzielten die Treffer für Offenbach, das zwar in der Schlußphase Stefan Simon durch eine gelb-rote Karte verlor, aber den Gastgebern dennoch nur den einen Treffer durch Sorg ermöglichte (85.).

(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 14.09.98)

Die Überraschung war perfekt, selbst Protagonist Tom Stohn hatte damit nicht gerechnet. Kickers-Trainer Hans-Jürgen Boysen äußerte sich vor dem Anpfiff nur vage, ließ offen, ob er den Ex-Münchner bringen werde und machte seine Entscheidung, abhängig vom Spielverlauf. "Wenn wir 2:0 führen, warum sollte ich ihn einwechseln?" Als er Stohn in der 72. Minute brachte, lag der OFC erst mit 1:0 vorn. Eine Minute nach der Einwechslung fiel das 2:0.

Sechs Spieltage saß Stohn nur auf der Bank in Zivil. An einen Einsatz war nicht zu denken. Erst die langen Verhandlungen um Ablösesumme und Wechselmodalitäten von der Grünwalder Straße an den Bieberer Berg, parallel dazu die Krankheitspause. Dann schien Stohn auf dem Sprung; es folgte eine Zerrung, erneut ein Rückschlag.

Aber von Rückschlägen war gestern beim früheren Wehener nichts zu sehen, im Gegenteil: Stohn zeigte, daß er die Kickers vorwärts bringen kann. Seine erste auffällige Szene führte zur Dezimierung des Gegners (nach Foul von Marijo Bozikovic), der in Unterzahl das 0:2 kassierte. In den nächsten Situationen brachte er erst Michael Köpper (81.) in gute Schußposition und eine Minute später Dubravko Kolinger (82.), In der 84. Minute bediente Stohn uneigennützig den mitgelaufenen Oliver Speth (0:3/84.).

Stohn war zufrieden, freute sich über den geglückten Einsatz, "der so vorher nicht abgesprochen war. Daß ich eingewechselt würde, hatte ich nicht erwartet".

Schließlich trainierte er in der vergangenen Woche nur zweimal mit der Mannschaft, absolvierte ansonsten Laufeinheiten, um konditionelle Rückstände aufzuholen. Bei diesem Vorhaben will ihn Boysen mit allen Mitteln unterstützen wahrscheinlich wieder gegen Augsburg: "Wir werden Stohn künftig die Gelegenheit bieten, Rückstände aufzuholen. Und das gelingt am besten, wenn man spielt."

(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 14.09.98)

Hans-Jürgen Boysen (OFC-Trainer):
"Das Ergebnis ist hart für Ditzingen, geht aber in Ordnung. Wir waren sehr oft auf dem Vorwärtsmarsch. Es hat Spaß gemacht zu sehen, wie unsere Mannschaft die Chancen herausspielte. Man hat den Siegeswillen gespürt. Besonders freut mich, daß unser Stürmer mit Ladehemmung Dirk Vollmar getroffen hat. Es war nicht leicht, ihn in den vergangenen Wochen bei Laune zu halten."

Joachim Gerlach (Trainer TSF Dizingen):
"Vor der Pause haben wir die Drangphase der Offenbacher gut überstanden. Doch insgesamt war unser Spiel zu pomadig. Man darf sich nicht so abschlachten lassen."

Wilfried Kohls (OFC-Vize-Präsident):
"Gegen Augsburg müssen wir unsere gute Leistung bestätigen. Ditzingen war am Anfang der erwartet schwere Gegner. Es ist uns gelungen, die Substanz der gesamten Mannschaft deutlich zu stärken."

Oliver Roth (OFC-Kapitän):
"Der Sieg war auch in der Höhe verdient. Mit meiner Leistung bin ich zufrieden, schließlich habe ich trotz einer Blessur gespielt. Besonders freue ich mich für Dirk Vollmar, dem seit Wochen das Pech an den Schuhen klebte."

Klaus Gerster (OFC-Manager):
"Man muß überlegen, ob die Zahl der Polizeibeamten nicht überzogen war. Unsere Fans sind seit zweieinhalb Jahren nicht unangenehm aufgefallen. Ein Gefängniswagen, Videoaufnahmen, Personenkontrollen, man kann das auch übertreiben."

(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 14.09.98)

Frage: Herr Vollmar, nach langer Durststrecke jetzt gleich zwei Tore in einem Spiel. So kann's weitergehen, oder ?
Dirk Vollmar: "Sicher, es ist Wahnsinn, was hier in Ditzingen passierte."

Frage: Sie hatten angekündigt, kirchlichen Beistand zu suchen, um herauszufinden, woran es lag, daß Sie nicht mehr ins Tor trafen. Wann haben Sie die entscheidende Kerze angezündet ?
Vollmar: "Ich habe mich zurückgezogen, zu meiner Ruhe gefunden und mich besonnen. Es hat wunderbar geklappt."

Frage: Am kommenden Freitag kommt Augsburg. Wie groß sind Ihre Hoffnungen, gegen den FCA in der Anfangsformation zu stehen ?
Vollmar: "Zur Zeit ist mir das Augsburg-Spiel egal, nach diesem Sieg wird erst einmal gefeiert."

(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 14.09.98)