Regionalliga-Süd Saison'98/'99

Spielpaarung vom 10. Spieltag

SSV Reutlingen - Kickers Offenbach
Endergebnis: 3:2 (0:2)

 

Spielbericht vom 03.10.98
Arrogante Kickers fallen in Reutlingen auf die Nase
Nach 2:0-Führung noch mit 2:3 geschlagen

Hochmut kommt vor dem Fall! Beim Regionalliga-Mitfavoriten SSV Reutlingen führten die Offenbacher Kickers gestern zur Pause schon 2:0, hatten einen Mann mehr auf dem Platz - und vergeigten am Ende eines fast schon aroganten Auftritts noch den schon sicher geglaubten Sieg.

Dabei läuft von Anfang an mal wieder alles für die Kickers. 6. Minute: Eine Ecke von Oli Speth nimmt Günther Maier kurz hinterm 16er volley ab, der Ball rauscht mit viel Effet zum 1:0 ins Netz. Die Aktionen der Reutlinger dagegen geprägt von Pleiten, Pech und Pannen. 14. Minute: Maric köpf aus drei Metern völlig frei am Kickers-Kasten vorbei. 25. Minute: Torwart Langner dribbelt nach einem Rückpaß am eigenen Fünf-Meter-Raum. Kickers-Kapitän Ollie Roth geht konsequent drauf, Langner bekommt die Panik, schießt den Offenbacher Angreifer an. Und von Roths Schienbein springt die Kugel über die Linie - 2:0 für den OFC. Nach einer halben Stunde auch noch das: Aduope hebt nach einem Zweikampf mit Köpper im Offenbacher Strafraum ab, hofft auf einen Elfer. Doch stattdessen gibt's von Schiri Dr. Wack (Biberach) gelb-rot für den Reutlinger.

In der Pause reagiert Gäste-Coach Boysen, nimmt seine gelb-belasteten Routiniers Koutsoliakos und Dietmar Roth raus. Der Ex-FSVler bei seinem Debüt übrigens überraschend auf der linken Außenbabn. Simon dafür ins Sturmzentrum, ersetzte dort den verletzten Vollmar (Muskelentzündung in beiden Oberschenkeln).

Boysens Maßnahme allerdings: geht in der zweiten Halbzeit nach hinten los.

Der erste Fehlgriff des Meistermachers in spe! Ohne die Oldies ist die Defensive nur noch ein Torso, zehn Reutlinger führen die pomadig-überheblichen Kickers vor. Cast trifft in der 54. zum 1:2. Dann die große Show des 20jährigen Maric. Einem Fehlpaß von 0ffenbachs "Millionen-Mann" Tom Stohn, der nach wie vor nicht in die Gänge kommt, nutzt der Youngster zu einem Solo über den halben Platz, tunnelt auch noch Torwart Keffel - 2:2. Das 3:2 in der 74. Wieder durch Maric, der sträflich ungedeckt bleibt.

(Bericht aus dem Äppler vom 04.10.98)

 

"So eine Leistung müßte mit Arbeit im Steinbruch bestraft werden"
Kickers verlieren nach 2:0-Führung gegen 10 Reutlinger / Boysen: "So etwas noch nie erlebt"

Für Hans-Jürgen Boysen brachte sein 44. Punktspiel als Kickers-Trainer eine neue Erkenntnis. "Solange ich in Offenbach bin, habe ich so eine Situation noch nicht erlebt." Eine desolate Mannschaft hatte ihren Trainer regelrecht geschockt. Natürlich kann man in Reutligen 2:3 verlieren, das wird noch einigen Vereinen passieren. Aber man darf nicht so verlieren wie die Kickers am Samstag. Das war eine Blamage, die viel Kredit bei den Fans und die Tabellenführung kostete. Ohne Engagement, ohne Siegeswillen, dafür überheblich und fahrlässig enttäuschten die Kickers die mitgereisten 1500 Fans, die kaum glauben wollten, was sich da im Stadion Kreuzeiche abspielte.

2:0 führten die Kickers zur Pause - glücklich und unverdient. Ein abgefälschter 20-Meter-Schuß von Maier, ein Fehltritt von Torwart Langner, der nach einem Rückpaß Oliver Roth anschoß (26.), ließen die Kickers von einem sicheren Sieg träumen. Als der Schiedsrichter nach einem Foul von Köpper an Aduobe statt Elfmeter auf Schwalbe entschied und den Reutlinger mit Gelb-Rot vom Platz stellte, hatten die Kickers das Spiel gegen zehn Reutlinger abgehakt.

Vergebens wollte Boysen seine Spieler in der Kabine wachrütteln. Für die schwachen und gelb-rot-gefährdeten Koutsoliakos und Dietmar Roth brachte er Kastner und Kessler. Zum zweiten Mal hintereinander hatte Boysen mit seiner Auswechslung falsch gelegen. Von einer veränderten Einstellung der Spieler war nichts zu sehen.

Köpper sollte als Libero die Abwehr besser ordnen, doch der 30jährige Routinier versagte ebenso wie der Rest der Mannschaft. "Alle, bis auf Torwart Keffel, haben total unter ihrem Niveau gespielt", verteilte Fußball-Lehrer Boysen dreizehnmal die Note ungenügend an seine Spieler, die mit einem Altersdurchschnitt von 29 Jahren über genügend Erfahrung verfügen sollten.

Die Reutlinger wurden zum Toreschießen eingeladen. Beim 1:2 träumten Speth und Simon, ließen ihre Gegenspieler flanken und vollenden. Beim 2:2 wollten die 1,90m-Riesen Gramminger und Köpper körperlos spielen und wurden von Maric klassisch verladen. Beim 2:3 "turnte Köpper", zum Entsetzen von Boysen, "vor der Abwehr rum, und Gramminger läßt sich von Maric überlaufen."

Am hochverdienten Sieg für Reutlingen ließ Boysen überhaupt keine Zweifel aufkommen. "Das war unser absolutes Tief. Heute gibt es viele Dinge, vielleicht sogar alles zu kritisieren." Erschreckend die spielerische Hilflosigkeit. Die 60minütige Überzahl wurde nicht einmal ansatzweise ausgenutzt. Hoffnungsträger Tom Stohn zeigte sich erneut, wie schon gegen die Bayern, als Regisseur überfordert, wurde von seinen Mitspielern aber auch im Stich gelassen. "So ein Spiel ist das brutalste für einen Mann, den man aufbauen will", hofft Boysen, daß Stohns Formkurve dennoch nach oben zeigt. Was angesichts der Vorstellung von Reutlingen auch nicht schwierig sein dürfte. "So ein Spiel darf man sich, wenn überhaupt, nur einmal pro Saison erlauben", warnt Boysen seine Spieler. "Scheinbar muß es manchmal was auf die Nuß geben." Noch scheut Boysen vor Konsequenzen, auch wenn er die passende "Strafe" schon im Hinterkopf hat. "So eine Leistung müßte man mit acht Tagen Steinbruch bestrafen."

(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 05.10.98)

 

"Kläglich versagt"
Gerster: "Art und Weise schmerzt sehr"

Selbstkritik und Ratlosigkeit kennzeichneten die Situation nach der blamablen 2:3-Niederlage der Kickers in Reutlingen. "Die Art und Weise schmerzt sehr", meinte Manager Klaus Gerster, der aber auch "keine Erklärung" für die Hilflosigkeit fand, und sich in Hoffnungsfloskeln flüchtete. "Der Trainer wird das in Ruhe analysieren. Sicher ist, daß alle mehr tun müssen. da wird Wehen ein sehr wichtiges Spiel, denn wir dürfen unsere gute Ausgangsposition nicht verspielen."

Rene Keffel, als einziger Spieler in Normalform, mußte hilflos von hinten mitansehen, wie die Reutlinger ("Die hatten im Gegensatz zu uns den absoluten Siegeswillen") auf ihn zustürmen konnten. "Wir haben genau das Gegenteil vom dem gemacht, was der Trainer verlangt hat", meinte Keffel. "Das ist eine bittere und zu hundert Prozent überflüssige Niederlage."

Warum die Kickers 80 Prozent der Zweikämpfe verloren, konnte Keffel ebensowenig erklären wie Michael Köpper. "Wir haben kläglich versagt", sagte Köpper. "Wir hatten keine Ordnung, sind nicht in die Zweikämpfe gegangen und haben uns schlecht bewegt. Und das von Anfang an", wollte Köpper die drei Gegentore in der zweiten Halbzeit nicht an den Umstellungen in der Pause festmachen. "Als Libero habe ich unglücklich ausgesehen", rätselte Köpper, "wie die Reutlinger so völlig frei durch unser Mittelfeld marschieren konnten."

Kapitän Oliver Roth hatte schon in der Halbzeitpause geahnt, was auf die Kickers zukommen sollte. "Wenn wir uns nicht steigern, geben wir das Ding noch ab." Daß er mit seiner Prognose Recht behielt, ärgerte Roth so sehr, daß er nach dem Spiel gar nichts mehr sagen wollte. "Denn alles was ich jetzt sage, ist falsch."

(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 05.10.98)

 

OFC unter Zugzwang
KOMMENTAR

War die 2:3-Blamage beim SSV Reutlingen ein einmaliger Ausrutscher oder Beginn einer Krise? Diese Frage müssen die Offenbacher Kickers im nächsten Heimspiel gegen den SV Wehen beantworten. Die schwächste OFC-Vorstellung seit Jahren verlangt Wiedergutmachung. Die Mannschaft hat mit ihrer laschen Einstellung viel Kredit verspielt, der nur mit einer überdurchschnittlichen Leistung zurückgeholt werden kann. Die Kickers sind unter Zugzwang.

In dieser Woche wird das Trainergespann ganz intensiv Ursachenforschung betreiben müssen. Denn diese Niederlage kann, wenn sie nicht richtig aufgearbeitet wird, noch lange nachwirken. "Positiv" an der Niederlage war zumindest, daß die ganze Mannschaft versagt hat. Also darf es keine Schuldzuweisungen an eine bestimmte Adresse geben. Kein Spieler kann sich aus der Verantwortung stehlen oder mit dem Finger auf den Nebenmann deuten.

Die Mannschaft muß jetzt erst intern und dann auf dem Platz gegen Wehen zeigen, ob sie Charakter besitzt. Verlieren ist keine Schande. Eine Schande wäre nur, wenn die Kickers noch einmal so verlieren wie am Samstag.
Jochen Koch

(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 05.10.98)

 

OFC-INTERN

Das falsche Geschenk
Vergebens hoffte der langjährige OFC-Betreuer Herbert Grebner auf drei Punkte als nachträgliches Geschenk zum 69. Geburtstag.

"Oma" im Pech
Unglückliches Wochenende für Kickersfan Thomas Lange, bestens bekannt als "Oma". Am Freitag Sturz mit dem Fahrrad ("Ich habe die Treppe übersehen"), auf der Fahrt nach Reutlingen konfiszierte die Polizei den abgelaufenen Personalausweis - und dann kam die 2:3-Niederlage.

Fußball-Gott Mario
Mario Maric war der Matchwinner für die Reutlinger. Der Neuzugang aus der Verbandsliga (Heilbronn) wurde am Samstag nach seinen zwei Toren gegen die Kickers gleich als "Fußball-Gott" und "Super-Mario" gefeiert.

Schlechtes Omen?
Zum ersten Mal spielten die Kickers auswärts ganz in blau.

(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 05.10.98)


Mannschaftsaufstellungen:

SSV ReutlingenKickers Offenbach
Langner, Gast, Mirwald, Traub, Schwend, Janic, Sajaja (78. Mayer), Hofacker, Aduobe, Maric, Ziegler (79. Joos). Keffel, Koutsoliakos (46. Kastner), Gramminger, Kolinger, Maier, Köpper, Speth, Stohn (78. Hartmann), D. Roth (46. Kessler), O. Roth, Simon.

Spielstatistik:

SchiedsrichterToreGelbe KartenGelb-Rote KartenRote KartenZuschauer
Wack (Biberach)0:1 Maier (6.),
0:2 Oliver Roth (26.),
1:2 Cast (54.),
2:2 Maric (66.),
3:2 Maric (74.)
Schwend (SSV) / D. Roth, Koutsoliakos, Kastner, Speth, Simon (OFC)Adoube (30.)-2604
Alle Angaben ohne Gewähr


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Seite wurde am 04.10.98 aktualisiert