Regionalliga-Süd Saison'98/'99

Mit einem Verzweiflungsschuß rettete Michael Köpper gestern abend in der 88. Minute den Offenbacher Kickers in der Fußball-Regionalliga Süd einen glücklichen Punkt gegen einen unerwartet starken Neuling Schweinfurt 05. Die Unterfranken boten einen technisch sauberen Fußball, führten zweimal und blieben auch im achten Spiel in Folge unbesiegt. Bei den Kickers schwankte die Gefühlslage zwischen Erleichterung (über den glücklichen Punkt) und Enttäuschung über ein über weite Strecken mäßiges Spiel. Die Zuschauer sahen eine hochinteressante Partie. Für die Moral der Kickers spricht, daß sie zweimal einen Rückstand aufgeholt haben.

Den Unmut der Fans bekam Trainer Hans-Jürgen Boysen zu spüren, der auf dem Weg zur Pressekonferenz stark beschimpft wurde. Dabei wurde sogar eine Scheibe des Presseraums beschädigt.

Die Kickers warfen wieder ihre ganze Kampfkraft in das Spiel, vergaßen darüber aber das spielerische Moment. Die Gäste wirkten wesentlich geschlossener, nutzten die Unordnung in der Offenbacher Abwehr und hätten bei konsequenter Chancenauswertung dem Tabellenzweiten die erste Heimniederlage beibringen können. Bis zum Spitzenspiel am kommenden Samstag bei Waldhof Mannheim müssen sich die Kickers auf jeden Fall gewaltig steigern.

Das Trainer-Duo Hans-Jürgen Boysen und Stephan Groß (feierte gestern seinen 45. Geburtstag) hatte die Mannschaft auf drei Positionen umgestellt. Für Gramminger, Kastner (Groß: "Sie waren zuletzt schwach") und Stohn (Grippe-Virus) spielten Giersch, Köpper (beide im defensiven Mittelfeld) und Vollmar im Sturm. Weitere Oberraschung beim Anpfiff: Die Schweinfurter spielten in den blauen Offenbacher Auswärtstrikots. Der Schiedsrichter hatte Einwände gegen die grün-weißen Trikots der Gäste. Die erste von vielen merkwürdigen Entscheidungen.

Die Kickers begannen sehr elanvoll, konnten die dichte Sehweinfurter Abwehr aber kaum in Bedrängnis bringen. Das Flügelspiel kam nicht wie erhofft zur Geltung. Die wenigen Möglichkeiten entsprangen Einzelaktionen. Bei Schüssen von Kolinger (19.) und Hartmann (22.) zeigte Torwart Scherbaum seine Klasse. Machtlos war der Schweinfurter Schlußmann dann in der 33. Minute. Ein Flachschuß von Kolinger rauschte neben den Pfosten zum 1:0 ins Netz.

Aber wieder einmal brachte eine Führung nicht die erhoffte Stabilität ins Spiel, im Gegenteil. Nur fünf Minuten später fiel der Ausgleich. Die ungeordnete OFC-Abwehr ließ Popov aus den Augen, spekulierte auf Abseits und mußte mit ansehen, wie der 34jährige Serbe Diegmüllers Paß über Keffel ins Netz lupfte. Pech für die Kickers, daß der Linienrichter, der in der ersten Halbzeit zehnmal äußerst merkwürdige und falsche Abseitspositionen ahndete, auf der falschen Seite stand.

In der 2. Halbzeit legten die Schweinfurter ihre Zurückhaltung ab, stürmten von der ersten Minute an. Zunächst wurde ein Tor von Teofilovic wegen Abseits (wieder "dieser" Linienrichter) nicht gegeben. Eine sehr schöne Kombination fast über das ganze Feld vollendete Teofilovic zum 1:2. Diesmal antworteten die Kickers sehr schnell. Günther Maier setzte sich energisch gegen drei Schweinfurter durch, flankte scharf nach innen, und Vollmar vollstreckte aus fünf Metern zum Ausgleich (60.).

Die Schweinfurter waren keineswegs geschockt und erspielten sich sehr selbstbewußt eine Vielzahl von Torchancen wie noch keine Gastmannschaft auf dem Bieberer Berg. Die Unzufriedenheit der Zuschauer bekam auch Trainer Boysen zu spüren. Als er ausgerechnet seinen Kapitän Oliver Roth auswechselte, erntete er ein Pfeifkonzert von den Rängen. Dafür wurde es nur zwei Minuten später mucksmäuschenstill beim 2:3. Teofilovic hatte gegen das Chaos, das sich Abwehr nannte, leichtes Spiel und ließ Keffel aus acht Metern keine Chance. Kurz vor dem Ende nahm Köpper einen Abpraller aus 25 Metern volley und jagte den Ball genau in den Winkel zum 3:3.

(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 24.10.98)