Spielbericht vom 31.10.98 | |
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Mit taktischer Meisterleistung Tabellenspitze zurückerobert Kickers-Abwehrbollwerk sichert den 2:1-Sieg beim SV Waldhof Mannheim "Wenn das Ding in die Hose geht, wird der Trainer zerrissen. So aber wurde sein hohes Risiko belohnt." Dietmar Roth brachte es auf den Punkt: Mit einer taktischen Meisterleistung haben die Offenbacher Kickers die Tabellenführung in der Fußball-Regionalliga Süd durch den 2:1-Sieg beim bisherigen Spitzenreiter SV Waldhof Mannheim zurückerobert. Das Konzept von Trainer Hans-Jürgen Boysen, mit drei schnellen Stürmern gegen die Waldhöfer Viererkette anzutreten, ging auf, damit dürfte er endgültig aus der Schußlinie einiger Kritiker geraten sein. "Leidtragender" der Taktik war in der umgekrempelten Mannschaft auch Kapitän Oliver Roth, der meinte: "Es geht um den OFC und darum, ein gutes Ergebnis zu erzielen. Wenn das gelingt, hat der Trainer recht gehabt." Und Boysen hatte diesmal recht, nachdem das Spiel gegen Viererketten bisher eine Schwäche der OFC-Mannschaft war. Vor allem auf das neuformierte Abwehrbollwerk der Kickers war Verlaß. Der nach einer "schöpferischen Pause" wieder in die Mannschaft gekommene Bernd Gramminger meldete Waldhofs Torjäger Kirsten völlig ab, Patrick Dama machte die linke Abwehrseite gut zu, so lange seine Kräfte ausreichten ("Ich habe meine Auswechslung signalisiert"), und Roth spielte einen fehlerfreien Libero. Michael Köpper und Dubravko Kolinger sorgten für die absolute Lufthoheit im Strafraum, wenn auch die brenzligsten Situationen nach Kopfbällen zustande kamen. Eine halbe Stunde lang tat sich kaum etwas auf dem schweren, schwammigen Boden des Carl-Benz-Stadions vor offiziell 14500 Zuschauern, davon ein Drittel aus Offenbach. Die Gastgeber versuchten, mit langen Bällen die Offenbacher Hintermannschaft zu überraschen. Da dies nicht gelang, spielte sich das sehr kampfbetonte Geschehen zumeist im Mittelfeld ab. Ein umstrittener Eckball führte in der 32. Minute zum 1:0. Birlik verlängerte am kurzen Pfosten mit dem Kopf, und der Ball senkte sich an den hinteren Innenpfosten und ins Netz. Der einschußbereite Borges mußte nicht mehr eingreifen. Aber die Kickers waren nicht geschockt, antworteten gekonnt: Stefan Ertl schickte Stefan Simon, dessen Flanke bei Günther Maier landete. Seinen Flachschuß konnte SVW-Keeper Straub nur abklatschen, und Oliver Speth mußte aus fünf Metern den Ball nur noch über die Torlinie schieben. Das 1:1 entsprach den Spielanteilen, war aber mit dem Pausenpfiff gefährdet. Ein weiter Freisto0, der sich abermals über Keffel senkte, wurde von Pasieka in den Strafraum geköpft und von Rehm zur vermeintlichen 2:1-Führung eingeschossen. Aber der Linienrichter signalisierte, daß der Ball zuvor die Torauslinie überschritten hatte - Aufatmen beim Kickers-Tross. Dem erwarteten Druck der Waldhöfer nach der Pause begegneten die Kickers mit dem schnellen 2:1-Führungstor. Nach einem Traumpaß von Oli Speth spielte Dirk Vollmar, der läuferisch und kämpferisch eines seiner besten Spiele im OFC-Trikot machte, Torwart Straub aus und schoß den Ball aus spitzem Winkel ins leere Tor. Allerdings vergab Vollmar noch zwei große Möglichkeiten zum 3:1. Einziges OFC-Manko blieb das Konterspiel, denn zu viele Bälle aus günstigen Mittelfeldpositionen wurden zu spät oder zu ungenau zum freigelaufenen Mitspieler gebracht. Aber die Abwehr sorgte dafür, daß Keffel nahezu beschäftigungslos blieb. Der Waldhöfer Frust machte sich in vielen Nickligkeiten bemerkbar. Negativer Höhepunkt war das brutale Foul von Ratkowski von hinten an Roth, das zur Roten Karte führte. Nach dem Schlußpfiff gab es kein Halten. Die Kickersspieler stürmten zu den Fans und warfen ihre Trikots in die jubelnde Menge.
Sicher, die Kickers haben den wichtigen Vergleich mit Waldhof Mannheim verdient gewonnen und sich damit
die Tabellenspitze zurückerobert. Aber erleichtert dieser Erfolg wirklich die Arbeit des Trainerduos
Hans-Jürgen Boysen und Stephan Groß ? Auf den ersten Blick: Ja. Es sichert ihre Position. Auf den zweiten
Blick: Nein. Denn die ohnehin hohen Erwartungen steigen mit jedem Punkt. In den vergangenen Wochen wurde
deutlich: Die Kickers-Freunde haben keine Freude an Platz zwei; nicht einmal kurzfristig. Die Meisterschaft
zählt - und sonst gar nichts. Da können Trainer und Verantwortliche reden wie sie wollen.
Boysen leistet gute Arbeit, die Taktik gegen Waldhof stimmte. Erstmals in dieser Saison behauptete sich der
OFC gegen eine Vierer-Abwehrkette - und das auch noch im Spitzenspiel. Kampf dominierte, aber der war bei
den Bodenverhältnissen eben mehr gefragt als die hohe Ballkunst. Die beherrscht Waldhof besser als die
Kickers. Auch das wurde deutlich. Von einer Vorentscheidung mag niemand sprechen. Ein Zähler Vorsprung ist
zu wenig, die Saison zu lang, die Ausgangsposition des OFC aber günstig. Von den verbleibenden fünf Spielen
vor der Winterpause bestreitet er drei auf dem Bieberer Berg. Und dort hat er noch nicht verloren.
Der Sieg in Mannheim brachte Offenbach ein Stück näher an das große Ziel: Rückkehr in den bezahlten Fußball.
Doch mit jedem Schritt steigt auch der Druck auf Trainer und Mannschaft, die Chance noch zu verspielen.
(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 02.11.98) |
SV Waldhof Mannheim | Kickers Offenbach |
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Straub, Ratkowski, Rehm, Borges, Santos, Hach (82. Georgiadis), Pasieka, Mallam, Protzel (53. Vukcevic), Kirsten, Birlik (71. Georgiev). | Keffel, D. Roth, Gramminger, Kolinger, Maier, Speth (78. Hartmann), Köpper, Dama (62. Giersch), Ertl, Vollmar (86. Stohn), Simon. |
Schiedsrichter | Tore | Gelbe Karten | Gelb-Rote Karten | Rote Karten | Zuschauer |
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Albrecht (Kaufbeuren) | 1:0 Birlik (32.), 1:1 Speth (35.), 1:2 Vollmar (48.) | Protzel, Santos, Pasleka, Birlik, Hach, Rehm (Waldhof) / Köpper, Vollmar (OFC) | - | Ratkowski (80.) | 14500 |