Spielbericht vom 12.02.2000 - Anstoß: 15:30 Uhr | |
---|---|
Kickers nur 2:2 gegen Mainz Kickers Offenbach wird erst nach 0:2-Rückstand munter und gleicht noch aus / Torwart Goran Curko patzt und rettet "Tja, was soll ich sagen?" Wolfgang Frank zuckte mit den Achseln. Die rechten Worte wollten dem Trainer des FSV Mainz 05 nicht in den Sinn kommen. Um eine Bewertung des Spiels seiner Mannschaft beim 2:2 gegen die Offenbacher Kickers war er gebeten worden. Doch der Analyse des sonst so klar formulierenden Fußball-Lehrers wich zunächst einmal Ratlosigkeit. Über den einen Punkt konnte er sich weder freuen noch beklagen. Zwangsläufig musste er sich mit dem Erreichten zufrieden geben, denn in diesem Spiel war alles möglich. Bis zum Schluss hätte das Pendel sowohl zur einen als auch anderen Seite ausschlagen können. Bezeichnend die Szene in der 90. Minute: Die Platzherren belagerten den gegnerischen Strafraum, drängten mit Mann und Maus auf den Siegtreffer, aber der Übereifer ermöglichte den Gästen eine Kontermöglichkeit. Plötzlich lief Robert Ratkowski alleine auf das Tor zu - und scheiterte an Goran Curko. Dass ausgerechnet der Schlussmann die Kickers vor einer Niederlage bewahrte, ist ein weiterer Punkt, der zur Dramatik dieser Partie beitrug. Denn Curko hätte seinem Team beinahe einen Fehlstart in die Rückrunde der Zweiten Bundesliga eingebrockt. Zwei Aussetzer von ihm führten dazu, dass die Mainzer zwischenzeitlich mit 2:0 in Führung lagen. Erst wurde ihm ein Platzfehler zum Verhängnis, als er nach einem Rückpass von Manfred Binz unter dem Ball hersenste, die Kugel daraufhin in Richtung Tor murmelte und Ermin Melunovic (29.) diese nur noch über die Linie zu schieben brauchte. Dann patzte er bei einer Ecke, löste sich zu spät von der Linie, so dass Steffen Herzberger die Flanke verlängern und Jürgen Klopp (58.) einköpfen konnte. Eigentlich war die Messe danach gesungen. Ohne dass der FSV geglänzt hätte, schien er das Geschehen zu kontrollieren, der OFC präsentierte sich bis dahin erschreckend schwach. Von der angeblich so toll verlaufenen Vorbereitung nichts zu spüren. Ohne jeglichen Mumm agierte der abstiegsbedrohte Aufsteiger. "Versagensängste" attestierte ihr Trainer Peter Neururer dann auch. Nur auf Sicherung des eigenen Tores bedacht, forderte im Mittelfeld niemand den Ball. Vor allen Dingen die Außen Patrick Dama und Günther Maier, die die Mainzer Viererkette aufreißen sollten, blieben ohne jede Wirkung. Die Stürmer hingen in der Luft. Selbst das sonst so leidensfähige Publikum murrte. Dass die Offenbacher trotzdem noch die Kurve kriegten, lag an einem dieser für den Bieberer Berg speziellen Stimmungsumschwünge. Nur 32 Sekunden, nachdem das Spiel scheinbar verloren war, verkürzte Ion Vladoiu (59.) den Rückstand. Zuschauer und OFC-Spieler waren danach wie aufgedreht, schrien und kämpften und veranstalteten ein Chaos, in dem die Gäste für Minuten den Überblick verloren. Das Durcheinander nutzte Dubravko Kolinger (63.) schnell zum Ausgleich. Nach einer Ecke kam der Manndecker völlig frei zum Kopfball. Dass die Gäste vor größerem Unheil verschont blieben, war letztlich nur ganz großer Dusel. In der 66. Minute standen sie kurz davor, vollends überfahren zu werden. Der eingewechselte Zeno Bundea setzte zu einem fulimanten Solo an, ließ einen, zwei, drei, vier, fünf Mainzer stehen, hob den Ball dann aus rund 30 Metern Entfernung über Torwart Dimo Wache hinweg, nur um den einen, dann den anderen Pfosten zu treffen und anschließend das Spielgerät doch in die Arme des Schlussmanns springen zu sehen. Das große Halali der Kickers hatte damit ein Ende. Bis zum Abpfiff blieben sie zwar weiterhin überlegen, doch nennenswerte Torchancen verzeichneten anschließend nur noch die Gäste. Bei Herzbergers Kopfball (72.) bewies Curko aber ebenso gutes Stellungsspiel wie bei erwähnter Szene gegen Ratkowski, womit es letztlich auch beim Unentschieden blieb. Also weder Fisch noch Fleisch? Nicht für Neururer. Der freute sich, dass der OFC unter seiner Führung immer noch ungeschlagen im heimischen Stadion ist. "Wer will uns hier noch schlagen?", fragte der Trainer anschließend und bewertete den einen Punkt äußerst positiv. "Auch der hilft, einem Nichtabstiegsplatz näher zu rücken. Das macht Mut." Und wenn der Kollege schon einmal derart auf schön Wetter macht, wollte Frank mit seiner Begeisterung nicht hinter dem Berg halten. "Das war ein interessantes Spiel. Wir haben eine gute Leistung geboten. Meine Mannschaft hat gezeigt, dass sie durchaus in der Lage ist, auswärts zu gewinnen", sagte er und versuchte dabei möglichst glaubhaft zu klingen. Dass er eine bittersüße Miene zog, entging ihm jedoch. (Von Niels Barnhofer, Frankfurter Rundschau)
Offenbach. "Meiner Mannschaft ist einiges zuzutrauen." Die Zuversicht, die OFC-Trainer
Peter Neururer noch unmittelbar vor dem Anpfiff der Rückrunde in der Zweiten
Fußball-Bundesliga verbreitete, bestätigten seine Schützlinge beim 2:2 zu Hause
gegen Mainz nicht.
Nervös und ungefährlich starteten die Kickers in die Partie. Spielzüge über
die Außenbahn hatte der Coach gefordert, um die gegnerischen Viererketten auszuschalten.
Doch Günther Maier (rechts), der nach einer Stunde entnervt ausgewechselt wurde,
und Patrick Dama (links) konnten sich nur selten in Szene setzen. Ebenso das
zentrale Mittelfeld. Da waren Stefan Dolzer und Lars Schmidt überfordert. Die
Stürmer Ion Vladoiu und Holger Gaißmayer hingen demzufolge in der Luft. Unterdessen
beschränkten sich die Gäste darauf, die Chancen zu nutzen, als sich individuelle
Fehler auf Seiten der Kickers häuften. OFC-Torwart Goran Curko hatte nämlich
einen schwarzen Tag erwischt. Nach 20 Minuten fiel der Torwart erstmals negativ
auf, als Christian Hock ihn mit einem Heber überlistete. Glücklicherweise rettete
Dubravko Kolinger mit einem Fallrückzieher auf der Linie. Nicht einmal zehn Minuten
später kam der nächste Patzer des Schlussmannes. Unbehelligt trat er nach einem
Rückpass von Manfred Binz am Ball vorbei, der Mainzer Ermin Melunovic brauchte
nur noch einzuschieben (28.).
Nach der Pause änderte sich zunächst nichts. Neururer hatte mittlerweile Neuzugang
Gaißmayer wegen einer Prellung ausgewechselt. Als Ersatz debütierte Li Bing.
Der Chinese blieb bis auf ein Abseitstor (54.) blass. Nach einer knappen Stunde
stand dann erneut Curko im Mittelpunkt. Bei einem Eckstoß von Hock kam er zu
unentschlossen heraus, griff am Ball vorbei. Jürgen Klopp köpfte zur 2:0-Führung
ein. "Ich stand total neben mir", war der Keeper nach dem Abpfiff fassungslos.
Das Spiel schien entschieden. Aber es kam anders: "Mental müssen meine Jungs
schon in der Kabine gewesen sein", war der Mainzer Coach Wolfgang Frank sauer
ob des von seinem Team in der Folgezeit Gebotenen. Dem FSV fehlte jegliche Ordnung
im Spielaufbau; wie aus dem Nichts schoss Vladoiu den Anschlusstreffer (59.).
Nun reagierte Neururer und brachte mit Matthias Becker und Zeno Bundea weitere
Offensivkräfte. Der OFC entfachte einen enormen Druck in der Vorwärtsbewegung,
ließ den Gästen keinen Platz mehr. Besonders Bundea trieb einen Angriff nach
dem nächsten vor das Tor von Dimo Wache. Das Resultat war schließlich der verdiente
Ausgleich durch Kolinger (63.), der nach einer Bundea-Ecke einköpfte.
Wiederum Bundea hätte drei Minuten später noch das 3:2 erzielen können, doch
sein gefühlvoller Heber sprang von einem Pfosten an den anderen, bevor Wache
eingriff. "Erschreckend schwach, was das Team in der ersten Hälfte bot. Doch
auf die letzte halbe Stunde können wir aufbauen." Neururer weiß, das sich sein
Team am Freitag in Nürnberg deutlich steigern muss.
(Von Holger Kliem, Frankfurter Neue Presse)
|
Kickers Offenbach | FSV Mainz 05 |
---|---|
Curko - Binz - Dietmar Roth (60. Bundea), Kolinger - Maier (60. Becker), Schmidt, Dolzer, Simon, Dama - Vladoiu, Gaißmayer (49. Li Bing) | Wache - Klopp, Kolvidsson, Neustädter, Ratkowski - Nehrbauer (52. Herzberger), Din Mohammadi (70. Skrinjar), Spyrka, Hock - Demandt, Melunovic (57. Rodrigues) |
Schiedsrichter | Tore | Gelbe Karten | Gelb-Rote Karten | Rote Karten | Zuschauer |
---|---|---|---|---|---|
Gettke (Haltern) | 0:1 Melunovic (29.), 0:2 Klopp (58.), 1:2 Vladoiu (59.), 2:2 Kolinger (63.) | Schmidt (4), Kolinger (2), Vladoiu (3) (OFC) / Nehrbauer, Ratkowski, Melunovic, Spyrka (Mainz) | - | - | 16500 |