Der 1. FC Kaiserslautern ist übern Bieberer Berg
Cleveres Bundesliga-Schlusslicht gewinnt im DFB-Pokal beim kampfstarken Regionalliga-Letzten Offenbach mit 4:0
Keine Gnade. Kein Erbarmen. Fußball kann manchmal eine grausame Sache sein.
Wer es nicht glaubt, der hätte am gestrigen Montagabend mal am Bieberer Berg in
Offenbach sein sollen. Denn da zerriss sich eine Mannschaft, die der Offenbacher
Kickers, und da schlug eine andere, die des 1. FC Kaiserslautern, eiskalt zu: Der
Pfälzer Erstligist zog durch einen letztlich ungefährdeten 4:0-Sieg in die zweite
Hauptrunde des DFB-Pokals ein und schoss sich zumindest ein kleines
Stückchen aus der Krise. Aber auch die Hessen waren zufrieden. "Wir haben uns
heute das Selbstvertrauen geholt, das wir für die Punktrunde brauchen", resümierte
OFC-Manager Klaus Gerster, "genauso wichtig war aber der Schulterschluss
zwischen den Fans und der Mannschaft.
Im Spiel zwischen den beiden tief im Schlamassel steckenden Klubs ging es nicht
alleine um den Einzug in die nächste Runde, nein, man hätte die Partie auch unter
dem Motto "eine Frage der Ehre" anpfeifen können. Die Kickers, Tabellenletzter der
Regionalliga Süd, hatten zuletzt ihre eigenen Fans verprellt, waren aufs Übelste
beschimpft worden und hatten nun, wie es Manager Klaus Gerster formulierte, "die
große Chance zur Rehabilitation". Die Mannschaft hatte verstanden, genauso wie
die etwa 16 000 Zuschauer, die wie eine Wand hinter ihrem Team standen.
Angepeitscht von den Fans gingen die Platzherren von der ersten Minute an
beherzt zu Werke. Kein Zweikampf wurde gescheut, kein Ball verloren gegeben,
die Recken von Trainer Dragoslav Stepanovic pflügten den Rasen förmlich um,
kämpften, so wie es ihr Coach gefordert hatte, als ginge es um ihr Leben, und sie
kämpften um Aussöhnung mit ihren Anhänger.
Sechs Minuten hat es daher auch nur gedauert, ehe die Dampfwalze in den roten
Jerseys um ein Haar das erste Mal hätte jubeln dürfen: Der Lauterer Kapitän Mario
Basler, gewohnt aufreizend spielend, wollte den Ball zu Keeper Georg Koch
zurückpassen, doch Kickers Neuzugang Marcio, der einen guten Eindruck
hinterließ, spritzte dazwischen, legte per Hacke auf den lauernden Nazir Saridogan
ab, doch Torwart Koch war einen Schritt schneller.
Die Hessen spielten weiter einen guten Ball, frech und respektlos rannten sie sich
die Angst aus den Knochen, agierten gleichzeitig diszipliniert und standen
kompakt in der Defensive. Und da der zum Siegen verdammte FCK aus dem Spiel
heraus so furchtbar viel Produktives nicht zu Stande brachte, war er auf ein
Missverständnis zwischen OFC-Schlussmann Cesar Thier und Libero Manfred Binz
angewiesen, um zu seiner ersten Torchance zu gelangen. Basler hatte den Ball
weit eingeworfen, Thier rannte Binz über den Haufen, und Dubravko Kolinger lenkte
den Schuss von Vratislav Lokvenc zur Ecke (17.).
Dann waren wieder die Offenbacher an der Reihe, Binz hatte sich das Leder im
Mittelfeld geschnappt, war in den Pfälzer Strafraum marschiert, hatte da noch die
Chuzpe, mit Saridogan einen Doppelpass zu spielen, ehe er gebremst wurde und
die Kugel Stefan Ertl vor die Füße fiel, der sie aber nicht ins Tor, sondern daneben
feuerte. Die Lauterer, weiterhin schwach, waren ihrerseits erneut auf eine Nettigkeit
der Hessen angewiesen, Binz spielte einen herrlichen Flachpass - in die Füße des
Gegners. Doch der ansonsten blasse Youri Djorkaeff und Lokvenz scheiterten an
Torhüter Thier. Dann kam es, wie es so oft kommt: Urplötzlich tauchte Hany
Ramzy vor dem Kickers-Kasten auf, zog aus der Drehung ab, und der Ball schlug
hinter dem verdutzt aus der Wäsche blickenden Thier im Netz ein (38.). Zwei
Minuten später war er endgültig vorüber, der Traum vom David, der Goliath stürzt.
Nach einer Flanke Jeff Strassers ließ Lokvenz Dietmar Roth alt aussehen und
erzielte das 2:0. "Wir haben gut gespielt, sind aber durch zwei Glückstore bestraft
worden", sagte Stepanovic in der Pause.
Was im zweiten Abschnitt folgen sollte, war wohl allen Zuschauern und
wahrscheinlich auch den Kickers-Spielern klar: Die Pfälzer ließen sich die Butter
nicht mehr vom Brot nehmen, routiniert spielten sie ihre Überlegenheit aus, auch
wenn die Offenbacher zu keiner Sekunde aufsteckten und mutig nach vorne
spielten. Marcio etwa hinterließ noch einmal seine Duftmarke, zirkelte den Ball aus
17 Metern nur knapp über die Querlatte (51.).
Zwei Minuten später schlugen die Mannen von Trainer Otto Rehhagel gnadenlos
zu. Tore Petersson verwandelte eine Hereingabe von Slobodan Komljenovic zum
3:0, und in der 75. Minute hatte schließlich Mario Basler, der vom Offenbacher
Anhang teilweise wüst beschimpft wurde, seinen großen Auftritt. Einen Freistoß
aus 18 Metern schlenzte der Kapitän unhaltbar ins Netz. Das war's, und den
Kickers bleibt immerhin die Erkenntnis, dass sie nicht schlechter als der 1. FC
Kaiserslautern waren - sie waren nur nicht so clever.
(Von Ingo Durstewitz, FRANKFURTER RUNDSCHAU)
Kickers verkaufen sich trotz 0:4-Pokal-Aus gut
Offenbach. DFB-Pokal-Aus für die Offenbacher Kickers in Runde
eins. 0:4 (0:2) gegen den 1. FC Kaiserslautern. Doch das nahm dem
OFC gestern Abend am Bieberer Berg keiner übel. Der Geist vom
Bieberer Berg war wieder erwacht trotz des frühen Ausscheidens.
Denn schon vorher war klar: Der Letzte der Regionalliga Süd legt
seinen Schwerpunkt auf die Punkterunde.
16 000 Zuschauer feierten ihre Kickers mit Gesängen und Bengalos.
Keine Spur des Grolls, den sie noch vor zehn Tagen gegen ihre
Mannschaft hegten, als diese sich beim 0:2 gegen den VfR
Mannheim vorführen ließ. Fast eine Halbzeit lang war der
Zweitligaabsteiger gleichwertig, bot dem in der Bundesliga sieg- und
torlosen Erstligisten einen harten Pokalkampf. Die Fans
revanchierten sich mit Begeisterung auf den Rängen. Und auch der
OFC dürfte trotz des frühen Ausscheidens zufrieden sein. Die
Einnahmen aus dem Pokalgeschäft spielten bei der Etatplanung keine
große Rolle. Doch durch Werbe- und Fernseheinnahmen und
Zuschauergelder brachte die Pokalpartie eine Bruttoeinnahme von
etwa einer Million Mark.
Die Kickers kämpften und agierten wie noch nie in dieser Saison.
Besonders auffällig in der ersten Halbzeit das Spiel über die
Außenpositionen. Der frühere Kaiserslauterer Stefan Ertl auf der
rechten Seite bei seinem ersten Pflichtspieleinsatz nach zehn
Monaten Verletzungspause und das kombinationsfreudige Duo
Patrick Dama und Stefan Simon auf links brachten die Pfälzer
Abwehr mehrfach in Verlegenheit. Kaiserslautern enttäuschte -
nichts zu sehen von der nominellen Qualität des Teams, das mit
immerhin acht Nationalspielern antrat.
Die erste Chance des Spiels hatte Offenbach: Marcio,
Neuverpflichtung aus Mainz, legte auf für den quirligen Nazir
Saridogan, doch FCK-Keeper Georg Koch rettete. Kaiserslautern war
immer gefährlich, wenn Offenbachs Abwehr patzte. Ertls Schuss
wurde zur Ecke abgewehrt (25.). Nur vier Minuten später wieder
eine Schrecksekunde für OFC-Trainer Dragoslav Stepanovic. Fehler
von Libero Manfred Binz, doch kein Durchkommen für Lokvenc und
Youri Djorkaeff gegen Thier.
Schlagabtausch nun in Offenbach: Stefan Dolzer aus 30 Metern
drüber (31.), Saridogan versucht's nach schöner Einzelleistung mit
einem Heber. Kaiserslautern antwortet abgeklärt: Vorarbeit von
Stepis Schwiegersohn Slobodan Komljenovic, Hany Ramzy vollendet
- 0:1 (38.). Lokvencs Tor drei Minuten später schickte die Kickers
mit einem 0:2 in die Kabine. Kaum wieder draußen, kassierten sie das
0:3 (53.) durch Jörgen Pettersson. Und Basler legte mit einem
blitzsauberen Freistoßtor nach (76.).
(Von Martin Batzel, OFFENBACH-POST)
"Rote Teufel" leisten Wiedergutmachung
Gut eine halbe Stunde war kein Klassenunterschied zwischen dem
Regionalligisten und dem Bundesligisten festzustellen, doch dann setzte sich der
1. FC Kaiserslautern dank der größeren Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor verdient durch.
In der kampfbetonten Partie agierten die Kickers von Beginn an mit großem
Einsatzwillen und Engagement, doch größere Chancen erspielten sich die
Lauterer. In der 29. Minute musste OFC-Keeper Thier gleich zwei Mal gegen
Djorkaeff und Lokvenc Kopf und Kragen riskieren, um einen Gegentreffer zu
verhindern. In der 38. Minute dann die Führung für die Gäste. Nach Flanke von
Komljenovic nutzte Hany Ramzy die Konfusion in der Offenbacher
Hintermannschaft und brachte den FCK in Führung. Nur wenig später erzielte
dann Vratislav Lokvenc den Treffer zum 2:0 (41.). Gegenspieler Dietmar Roth
kam in dieser Situation einen Schritt zu spät gegen den Angreifer.
Nach dem Wechsel forcierten die Kickers dann die Offensive und kamen durch
Marcio zu einer guten Möglichkeit (52.). Praktisch im Gegenzug machte der
Schwede Jörgen Pettersson mit dem 3:0 alles klar für den Bundesligisten (53.).
Die Kickers steckten zwar auch in der Folge nicht auf, konnten die "Roten
Teufel" aber nicht mehr gefährden. Den Schlusspunkt setzte Mario Basler, der
einen Freistoß aus 20 Metern Entfernung verwandelte.
(Von ?, KICKER ONLINE)
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