Regionalliga Süd Saison 2000/2001

FC Schweinfurt 05 - Kickers Offenbach
Endergebnis: 0:1 (0:0)


Spielbericht vom 17.03.2001 - Anstoß: 14:30 Uhr
1:0-Sieg des OFC - Vasic hilft nur die blanke Ironie

Schweinfurt. Nach dieser Niederlage half Schweinfurts Trainer Djuradj Vasic nur noch die blanke Ironie: "Wir haben keinen Grund, nervös zu werden. In dieser Verfassung brauchen wir nicht aufzusteigen." Schweinfurt präsentierte sich nicht in der Form eines Zweitliga-Aufsteigers, Kickers Offenbach dagegen in der Verfassung, die nötig ist, um den Klassenerhalt in der Regionalliga Süd zu schaffen.

1:0 für den Außenseiter, der Sieg war verdient, die Fortsetzung einer kleinen Serie: Fünf Mal blieb der OFC hintereinander ungeschlagen. Unter Ramon Berndroth gab es zwei Siege, zwei Unentschieden. Anlass genug für die etwa 800 mitgereisten Kickers-Fans, ihre Mannschaft im Willy-Sachs-Stadion ausgiebig zu feiern.

Der Jubel der Anhänger, Sonderlob vom Trainer - für Patrick Würll, den Torschützen, kein Grund für Euphorie. Freude ja, aber kontrolliert - trotz des Luftsprungs nach dem Schlusspfiff. "Vor einem halben Jahr haben sie mich hier noch ausgepfiffen", erinnert er sich an schwere Zeiten beim OFC. Noch sind die Erinnerungen an seine Zeit in Schweinfurt erfreulicher: Acht Jahre in der Jugend der Franken, dann als 17-Jähriger der Wechsel zum FC Bayern München, mit 21 Jahren vor dieser Spielzeit nach Offenbach.

Spieler des Tages? Matchwinner gar? Würll wehrt ab: "Nur die Mannschaft zählt." Und die kämpfte sich am Samstag zu drei Punkten und ans Mittelfeld der Regionalliga Süd. Es gab keinen Ausfall, dafür viele Auffälligkeiten: ein souveräner Torwart Cesar Thier, der nur eine kleine Unsicherheit bei einem der sechs Schweinfurter Eckbällen zeigte; eine kompakte, fast fehlerfreie Abwehr mit einem umsichtigen Libero Manfred Binz sowie den beiden starken Manndeckern Stefan Dolzer und Dario Fossi. Dazu ein engagiertes und kompromissloses Mittelfeld, ein beweglicher Angriff mit dem schnellen Würll und laufstarken Stefan Ertl, dessen clevere Vorarbeit Würll mit einem Schuss zum entscheidenden Treffer nutzte (76.). Das reichte gegen Schweinfurt.

Offenbach besiegte den Tabellenzweiten, weil die Kickers in der zweiten Halbzeit mit Siegeswillen aus der Kabine kamen und der FC 05 Schweinfurt den Kampf nicht annahm. Die Kickers entschieden die Mehrzahl der Zweikämpfe für sich. Das war bei den schwierigen Bodenverhältnissen entscheidend, denn viele Chancen an dem nasskalten Nachmittag waren ein Zufallsprodukt oder wurden durch Fehler des Gegners begünstigt.

Nach einer Viertelstunde hätte es schon 2:0 stehen können - zweimal rettete Thier vor Festus Agu. Zu mehr Chancen kam Schweinfurt vor dem Seitenwechsel nicht. In der 18. Minute der erste Angriff des OFC. Matthias Becker, der auf der linken Seite viele Ballkontakte hatte, aber sich noch zu selten durchsetzte (Berndroth: "Man muss ihn durchspielen lassen und Vertrauen schenken") spielte zu Matthias Dworschak, der zu Ertl. Doch er wurde abgedrängt. Die zweite Möglichkeite hatte vier Minuten vor der Pause der durchgelaufene Patrick Dama, Schweinfurts Torwart Ralf Scherbaum parierte.

Die Chancen von Dworschak (48., Heber knapp vorbei) und Ertl (56., vorbei) bewiesen: Für Offenbach war mehr drin als nur ein Unentschieden. Schweinfurt dagegen zeigte seine Vorzüge, wenn der Ball direkt gespielt wurde, aber auch seine Schwächen im Spielaufbau. Die einzigen Torchancen für die Gastgeber gab es nach Fehlern des OFC. In der 65. Minute verschätzte sich Dario Fossi, sein Gegenspieler Agu schoss drüber. Neun Minuten vor dem Abpfiff wurde ein Freistoß von der OFC-Abwehr vors eigene Tor abgewehrt, Steffen Stockmann spielte Thier aus, Michael Köpper aber rettete zur Ecke. Abpfiff, Sieg. Trainer Ramon Berdroth freute sich still. Schon vor dem Anpfffi war er mit den Gedanken beim nächsten Gegener VfR Aalen. Seine Erklärung: "Die Mannschaft steht, was kann ich als Trainer nach dem Anpfiff tun? Nur mit Auswechslungen kann ich noch was bewirken. Den Rest müssen die Jungs auf dem Platz machen."

(Von Martin Batzel, OFFENBACH-POST)  

 

STIMMEN ZUM SPIEL

Djuradj Vasic (Trainer Schweinfurt 05): "Es gab bei uns kaum einen Unterschied zu den vergangenen Heimspielen. Wir haben zu wenig Druck erzeugt und uns in den Situationen Mann gegen Mann nicht durchgesetzt. Wenn man die letzten 30 Minuten betrachtet, muss man sagen: Wir haben verdient verloren. Auch wegen unserer Probleme im Spielaufbau. Doch mit unserem Spiel in der ersten Halbzeit war ich zufrieden. In der zweiten Halbzeit wurde Offenbach mutiger; es war wichtig, dass sich Dworschak und Köpper im Mittelfeld verstärkt eingeschaltet haben."

Ramon Berndroth (Trainer Kickers Offenbach): "Da muss man glücklich und dankbar sein. Man hat heute gesehen, wer den ersten Fehler macht, ist am Ende der Dumme. Spieler wie Marcio und Co können einem fast leid tun. Sie trainieren sehr gut, kommen aber nicht zum Zuge."

Patrick Würll (Schütze des Siegtores): "Torschütze hin oder her - man muss die Mannschaftsleistung in den Vordergrund stellen. Wenn wie jetzt Ordnung im Spiel ist, dann macht es auch Spaß - und nicht wie bei einem Hühnerhaufen in der Vorrunde. Wir haben den Abstand zum Mittelfeld minimiert und 26 Punkte. Doch wir benötigen 40 Punkte, um nicht abzusteigen. Wenn wir das nächste Heimspiel nicht gewinnen, war der Sieg in Schweinfurt umsonst."

Stefan Dolzer (Spieler OFC): "Der Sieg war enorm wichtig für unsere Moral. Aber wir dürfen nicht vergessen: Wir müssen 40 Punkte oder mehr erreichen, um den Abstieg zu vermeiden."

(Von Martin Batzel, OFFENBACH-POST)  

 

Schweinfurt erhielt erneuten Dämpfer: 0:1 gegen Offenbach

Schweinfurt (dpa/lby) - Der FC 05 Schweinfurt befindet sich zurzeit weit entfernt von Zweitliga-Reife. Der Tabellen-Zweite kassierte am Samstag in der Fußball-Regionalliga Süd mit dem 0:1 (0:0) gegen die Offenbacher Kickers die dritte Heimniederlage in Folge. Der Vorsprung des Aufstiegsaspiranten schrumpfte damit in den letzten drei Spielen von neun auf nur noch vier Punkte gegenüber Rang drei. Jubel herrschte dagegen bei den Offenbachern, die zum vierten Mal in Folge ungeschlagen blieben und mit dem überraschenden Sieg den Anschluss ans Mittelfeld geschafft haben. Das verdiente Siegtor der Hessen erzielte mit Patrick Würll ein früherer 05er-Nachwuchsspieler, der über die Amateure des FC Bayern München bei den Kickers landete.

Die Münchner verstellten eine Halbzeit konsequent die Räume und gerieten nur einmal bei Festus Agus Acht-Meter-Schuss (13.) in echte Gefahr. Auch im zweiten Spielabschnitt hatte der OFC kaum Probleme mit den formschwachen Unterfranken, die sich im Mittelfeld nie behaupten konnten. Während Schweinfurts Angriffsflaute anhielt, übernahmen die spielstarken Offenbacher das Kommando und kamen zu einem klaren Plus an Chancen. In der 76. Minute schüttelte Würll gleich zwei Bewacher ab und krönte sein Solo mit einem 17-Meter- Schuss ins Torkreuz. Steffen Stockmann und Agu hatten in den Schlussminuten kein Glück im Abschluss, so dass es bei der bitteren Heimpleite blieb. Diesmal zeigten die Offenbacher alles, was die Schweinfurter lange ausgezeichnet hatte: Mannschaftliche Geschlossenheit sowie Zweikampf- und Laufstärke.

(Von dpa)  

 

Würll beschert den Kickers drei Punkte

Schweinfurt. Ausgerechnet Patrick Würll erzielte den Treffer des Tages für den Fußball-Regionalligisten Kickers Offenbach, der nach dem 1:0-Sieg beim Tabellenzweiten Schweinfurt 05 in diesem Jahr weiter ungeschlagen bleibt, aber immer noch auf einem Abstiegsplatz liegt.

Exakt die 75. Minute war angebrochen, als der 22-Jährige mit einem fulminanten Linksschuss in den Winkel traf. Ausgerechnet Würll. Ausgerechnet jener Mann, der nahezu seine gesamte Fußballjugend bei den Unterfranken verbrachte und der noch im Frühherbst des letzten Jahres seinem ehemaligen Verein einen Korb erteilte, als es beim OFC für ihn gar nicht laufen wollte. "Damals haben mich die Fans, die mich jetzt feiern, noch ausgepfiffen", erinnert er sich und wollte gar nicht so gern der umjubelte Spieler sein. Generell liefe es halt jetzt besser im Team, in dem "jeder alles gibt. Wir sind nicht mehr so ein Hühnerhaufen wie früher. So macht es wirklich Spaß", urteilt Würll.

"Spielerische Defizite" erkannte auch der Mann des Tages beim OFC, "aber dafür hat läuferisch alles gepasst". In der Tat agierten die Gäste in einer chancenarmen Partie auf schwer bespielbarem Boden keinesfalls brasilianisch. "Körperlich sind wir auf einem guten Weg", erklärte Offenbachs Trainer Ramon Berndroth, "aber Hektik und Abspielfehler sind nach wie vor vorhanden. Auf die Serie gebe ich nichts. Ich bin froh, dass sich die Mannschaft langsam konsolidiert. Vor uns liegt aber noch viel Arbeit". Den "taktischen Vorteil des Konterns" durfte sein Team nutzen. Eine Rolle, die an sich eher auch den Schweinfurtern liegt. "Die hatten die Favoritenrolle inne", sagte Berndroth, "und da spielt es sich viel schwerer, das wissen wir". Zudem erhielt der OFC-Coach wertvolle Tipps von Egon Pfister. Der stammt wie Würll aus der Rhön und beobachtete die Schweinfurter beim 0:3 gegen Mannheim 14 Tage zuvor. "Heute war kein Unterschied zu diesem Heimspiel zu erkennen", zog Schweinfurts Trainer Djuradj Vasic Parallelen. Hier wie da hatten die Gastgeber Probleme, ideenreichen Fußball zu spielen, ein konzentriertes Abwehrbollwehr zu knacken. Bis auf ein, zwei Einzelaktionen des Schweinfurter Stürmers Festus Agu und der Möglichkeit für Steffen Stockmann, als Michael Köpper und Cesar Thier gemeinsam auf der Linie retteten, ließen die Offenbacher keine weiteren Gelegenheiten des Tabellenzweiten zu. "Wir haben zur Zeit Probleme in allen Mannschaftsteilen", stellte Vasic mal wieder fest und attestierte der OFC-Offensivabteilung ein gutes Auftreten, vor allem nach dem Wechsel. Bis zur Pause verlief die Partie ohne große Höhepunkte, jedoch nie langweilig. "Das war ein Geduldsspiel. Man hat gesehen: Wer den ersten Fehler macht, ist der Dumme", so Berndroth. Darko Ramovs machte ihn schließlich, ließ Gegenspieler Würll Richtung Strafraum ziehen. "Genau das selbe Tor habe ich schon in der Vorbereitung von ihm gesehen", erzählte Berndroth hinterher und erinnerte sich an das Vorbereitungsmatch in Neu-Isenburg. Und das locker plaudernd im Stadioninnenraum, den auch zwei Offenbacher Fans, alte Freunde von Berndroth betraten, um Team und Trainer zur Belohnung Erdbeerbonbons zu überreichen. Rot-Weiße, versteht sich.

(Von Bernd Stelzenbach, FRANKFURTER NEUE PRESSE)  

 

FC Schweinfurt - Kick. Offenbach 0:1 (0:0)

Die Trends blieben nach einem zerfahrenen Spiel gewahrt: Schweinfurt steckt nach der dritten Heimniederlage in Folge weiter im Tief, Offenbach setzte die Erfolgsserie mit Trainer Berndroth (zwei Siege, zwei Remis) fort. 05-Trainer Vasic entschied sich für eine offensivere Aufstellung mit Agu, Sprecakovic und Teofilovic, bei Offenbach rückte Ertl in die Anfangself. Schweinfurt begann aggressiv und hatte in der ersten Hälfte mehr Spielanteile, hielt das Tempo aber nur 20 Minuten hoch. Die gut organisierten Gäste mussten wenige brenzlige Situationen überstehen.

Gestützt auf ein klares Zweikampf- Plus in der Defensive - Dolzer und Köpper beherrschten Tuma und Sprecakovic - wurde Offenbach nach der Pause mutiger und kam zu etlichen Chancen. Schweinfurt reagierte nervös, ließ den Gästen zu viel Raum. In der Spitze wurde Würll immer stärker. Nicht von ungefähr gelang dem Stürmer mit einem 17-Meter-Schuss in den Winkel der verdiente Siegtreffer. Eine Gegenoffensive gelang dem FC 05 nicht mehr. Würll hätte sogar auf 0:2 erhöhen müssen.

(Von Hans Strauß, KICKER-ONLINE)  

 

Zurück im Geschäft
Würll schießt den OFC in Schweinfurt zum Sieg, doch Trainer Berndroth findet weiterhin Härchen in der Suppe

Am Samstagabend hat Ramon Berndroth die Arme hinter dem Kopf verschränkt, die Beine hochgelegt und Gott, der es mit Kickers Offenbach zurzeit nicht schlecht zu meinen scheint, einen guten Mann sein lassen. Zur Zerstreuung guckte der Trainer des OFC ein bisschen Fernsehen, "Wetten, dass ...?" flimmerte über die Mattscheibe. Ob Berndroth jedoch, da innerlich aufgewühlt, gedanklich beim dampfplaudernden Blondie Thomas Gottschalk war, darf zumindest leicht bezweifelt werden. Schließlich war, wenige Stunden zuvor, im Schweinfurter Willy-Sachs-Stadion ein Fußballspiel abgepfiffen worden, das für den OFC am Ende ein Meilenstein auf dem dornigen Weg zum Klassenerhalt sein könnte, denn spätestens nach dem 1:0 (0:0)-Sieg beim Tabellenzweiten aus Franken sind die Kickers wieder "back in Business", zurück im Geschäft.

Vier Spiele, zwei gewonnen, zwei unentschieden, macht acht satte Punkte. Zum Vergleich: In 20 Spielen vor der Winterpause klaubten die Hessen gerade mal 18 Zähler zusammen. Eine Bilanz also, die aller Ehren wert ist, die für die Zukunft zuversichtlich stimmt, die aber auch so oder so ähnlich ausfallen musste, um überhaupt eine reelle Chance zu haben, die Klasse zu erhalten, "ansonsten", sagte Berndroth, "wären wir doch jetzt schon total abgeschlagen, bereits abgestiegen". Abheben werde aber keiner seiner Mannen, da mache sich der Trainer gar keine Sorgen, "euphorisch werden sie so schnell nicht".

Was vielleicht auch daran liegt, dass die Kickers zwar punktemäßig mächtig Boden gutmachen, "aber immer noch nicht so Fußball spielen, wie ich es mir vorstelle", bedeutete der Fußballlehrer, der es daher auch kaum fassen kann, "dass es in Schweinfurt gut gegangen ist".

Dabei hatten sich die Offenbacher den Sieg, den der überragende Stürmer Patrick Würll mit einem Kracher aus 18 Metern (76.) herausschoss, bei den verunsichert wirkenden Schweinfurtern redlich verdient, setzten den Gastgebern "hunderprozentigen Willen" (Berndroth) entgegen, lieferten taktisch eine erstklassige Leistung ab, spielten diszipliniert und stellten die Räume geschickt zu. Und in Schweinfurt wurden, auch wenn Berndroth das öffentlich nicht so gerne verlautbaren lässt, wieder einige Helden geboren. "Fossi, Ertl, Dworschak, Thier", zählt der Trainer auf, "die waren schon verdammt stark - und natürlich Patrick Würll, der hat sensationell gespielt."

Doch natürlich hat Ramon Berndroth auch wieder einige Härchen in der Suppe gefunden, zu viele "unlogische Handlungen" habe er beobachten müssen, unnötige Ballverluste durch Stefan Dolzer oder Michael Köpper etwa, "das kann ich nicht nachvollziehen". Überhaupt verhalte sich die Mannschaft noch nicht clever genug, es gebe Phasen im Spiel, "da werden sie schon fast wieder selbstgefällig", da mache sich eine gewisse Sorglosigkeit, der "Hang zum Naiven" breit. "In der Regionalliga", sagte Berndroth, "wird das sofort bestraft."

Seinem Team komme aber zu Gute, dass es fast alle Spiele in der Hinrunde verloren hat, "davon profitieren wir, denn die Gegner tragen jetzt die Bürde des Favoriten, und für uns haben die Spiele einen Revanche-Charakter". Zudem sei die Mannschaft gefestigt, "da will keiner mehr beweisen, wie gut er Fußball spielen kann", Kickers Offenbach "stabilisiere" sich, was Berndroth aber als logischen Prozess ansieht, "so lange wie ich, war ja in dieser Saison auch noch kein Trainer hier".

Und nun ? Erst einmal zurücklehnen ? "Nein", sagte Berndroth, "dazu gibt es keinen Grund, was haben wir denn erreicht ?" Er bleibe "ganz cool", man wisse ja nie, "wo der Ball das nächste Mal hinfällt". Nun denn, zumindest der Anschluss ist hergestellt, ein Punkt trennt den OFC nur noch von einem Nichtabstiegsplatz, und in zwei Wochen kommt der VfR Aalen auf den Bieberer Berg. "Da wird der Käfig voll sein", sagte der Trainer, "wenn wir die Spiele zuletzt vergeigt hätten, dann wären noch 2500 gekommen."

(Von Ingo Durstewitz, FRANKFURTER RUNDSCHAU)  

 

Auch nach dem 1:0 in Schweinfurt will sich Trainer Berndroth nicht blenden lassen
Kickers-Sieg ein Erfolg der Ordnung und des Willens

FRANKFURT. Am Tag nach der großen Überraschung war Ramon Berndroth schon wieder dienstlich in Richtung München unterwegs. Auch wenn es dem Trainer der Offenbacher Kickers nach dem 1:0 Sieg seiner Mannschaft beim Tabellenzweiten Schweinfurt 05 wohl niemand übergenommen hätte, wenn er - wie seine Spieler - einen verdienten freien Nachmittag genossen hätte. Aber Berndroth läßt sich nicht vom kurzfristigen Erfolg täuschen, auch wenn die Kickers unter seiner Regie jetzt in vier Spielen acht Punkte angesammelt haben und die Welt im tristen Abstiegskampf der Fußball-Regionalliga wieder etwas freundlicher aussieht.

"Was haben wir denn schon erreicht?" fragt Berndroth und gibt die Antwort selbst: "Gut, wir haben unsere schlimme Situation ein bißchen gemildert. Sonst wären wir schon weg vom Fenster." Fakt ist, daß er OFC mit Platz immer noch einen Abstiegsrang innehat. Also gibt es keinen Grund, sich selbstgefällig zurückzulehnen. Im Gegenteil: Harte Arbeit ist angesagt.. Und da geht Berndroth mit gutem Beispiel voran. 400 Kilometer weiter südlich haben die "kleinen Löwen" - ein direkter Konkurrent im Abstiegskampf - gegen Eintracht Trier gespielt, und so etwas läßt sich der OFC-Trainer nicht entgehen. "Es war die einzige Möglichkeit, die Sechziger zu beobachten", sagt Berndroth, der ein 1:2 der Münchener zu sehen bekam. Nicht schlecht für den OFC, Natürlich ist er ein wenig stolz auf seine Mannschaft, der am Tag zuvor in Schweinfurt eine Überraschung, "auf die man insgeheim in unserer Situation ja hoffen muß", gelungen ist. Aber so wie sich die Kickers vor 3500 Zuschauer im Willy-Sachs-Stadion präsentiert haben, mußte man irgendwie kaum Sorgen haben. Wobei Berndroth den Gegner in die Kategorie "dankbar" eingeordnet hat. Weil es leichter sei, beim Tabellenzweiten anzutreten als gegen einen Abstiegskonkurrenten. Wobei Schweinfurt nun keine allzu spielstarke Mannschaft besitzt.

Deswegen ist es dem OFC bis auf zwei, drei Szenen, in denen Torjäger Agu seine Gefährlichkeit bewies, auch relativ leicht gefallen, die Unterfranken weitgehend aus der Gefahrenzone fernzuhalten. Bezeichnenderweise hat sich Berndroth da draußen in der Coaching-Zone an unwohlsten gefühlt, als seine Mannschaft Mitte der zweiten Halbzeit das Heft selbst in die Hand nahm. Weil die eigentliche Schweinfurter Stärke in der Kunst besteht, Fehler des Gegners eiskalt auszunutzen. So wie im Hinspiel. Doch seitdem Berndroth die Fäden in der Hand hält, hat sich beim OFC zumindest eines grundlegend geändert: Die Mannschaft hat endlich eine gewisse Grundordnung auf dem Platz, und die behält sie auch bei. "darauf habe ich großen Wert gelegt, weil vor der Kür die Pflicht kommt." Wobei in Schweinfurt auch die Kür zu sehen war. In jener 76. Minute, als Patrick Würll an der Strafraumgrenze mit dem Rücken zum Tor angespielt wurde, sich elegant um zwei Schweinfurter drehte und sein Werk mit links aus 17 Metern vollendete. Torhüter Scherbaum hatte gegen den plazierten Schuß keine Chance. Für den Mann des Tages, der seine komplette Fußballjugend beim FC Schweinfurt O5 verbracht hat, war das natürlich "ein traumhaftes Gefühl, hier das entscheidende Tor zu machen". Zumal der von den Bayern Amateuren an den Bieberer Berg gekommene Schweinfurter Jung' ja erst unter Berndroth wieder in die Stammformation gerückt ist. Kein Wunder, daß der Trainer für den jungen Angreifer, der sogar noch das 2:0 hätte erzielen können, lobende Worte fand. "Das war eine tolle Aktion." Und der kleine Unterschied zwischen drei und einem Punkt. "Dieses eine Tor waren wir besser", sagte Berndroth, und auch sein Kollegen Djuradi Vasic gab zu, daß "die Kickers in der zweiten Halbzeit besser" gewesen seien. Ein Arbeitssieg, ein Erfolg der Ordnung, der Einsatzbereitschaft und den Willens. "Wir müssen eben Fußball noch arbeiten", sagt Berndroth, der schon am Freitag abend als Beobachter mit Vergnügen gesehen hat, wie Regionalligafußball auch sein kann.

Er hat das 3:3 der Darmstädter gegen Pfullendorf miterlebt. Und die "Lilien", die als Tabellendritter schließlich vom Kickers-Sieg in Schweinfurt profitiert haben, weil sie dadurch den Unterfranken bis auf 4 Punkte nahe gekommen sind, haben den OFC-Trainer sichtlich beeindruckt. Berndroth hat ein Team mit System, mit perfektem Flügelspiel gesehen, mit organisiertem Pressing, eine Mannschaft, in der jeder weiß, was der andere macht. "Hut ab. Da sieht man die Aufbauarbeit eines Trainers", sagt der OFC-Trainer zum Werk des Kollegen Michael Feichtenbeiner. "Da möchte ich einmal mit den Kickers hinkommen", sagt Berndroth. In dieser Saison wird das wohl kaum mehr möglich sein. Da ist -zumal im Abstiegskampf - mehr die erdige Form des Fußballspiels gefragt. "Aber solange wir mit unserer Mitteln erfolgreich sind, ist mir das egal". Dann müßten die Kickers ihre kleine zur großen Serie ausbauen.

(Von Klaus Dieterele, FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG)  


Mannschaftsaufstellungen:

FC SchweinfurtKickers Offenbach
Scherbaum - Rögele - Dorbarth, Ramovs - Gröger, Wirsching, Stockmann - Teofilovic (61. Galuschka), Sprecakovic (54. Karagöz), Tuma - Agu. Thier - Binz - Dolzer, Fossi, Ertl, Dworschak, Maier, Köpper, Dama - Würll (87. Brendel), Becker (90. Barletta).

Spielstatistik:

SchiedsrichterToreGelbe KartenGelb-Rote KartenRote KartenZuschauer
Bauer (Perl)0:1 Würll (76.)Agu, Ramovs (FCS) / Maier, Dama, Dworschak, Dolzer, Binz (OFC)--3500
Alle Angaben ohne Gewähr


Aktuelle Tabelle Saison 2000/2001
Alle Ergebnisse vom 24.Spieltag (16.03.- 18.03.01)
Tabellenstand nach dem 24.Spieltag (16.03.- 18.03.01)
Spiele des OFC in der Rückrunde 2000/2001 mit Spielberichten
Alle Spieltage auf einen Blick (mit Ergebnissen)
Torjäger und Karten Statistik Saison 2000/2001
Tabellenplatzstatistik Saison 2000/2001
Ergebnisse Saison 2000/2001
Kickers Offenbach Homepage

Seite wurde am 19.03.2001 aktualisiert