Übermut und Unordnung beenden die Kickers-Serie
Karlsruhe. Übermut, Unordnung, zwei Gegentore nach individuellen Fehlern - die
Serie der Offenbacher Kickers von zehn Spielen ohne Niederlage endete im Wildparkstadion
nicht weil der Karlsruher SC so stark, sondern die Spur cleverer war. Der KSC
spielte nicht mit der Klasse einer Spitzenmannschaft, aber äußerst effizient
und effektiv. Die Kickers begannen stürmisch, vernachlässigten die von Trainer
Ramon Berndroth in den Spielen zuvor so hoch gelobte Ordnung und rannten in die
Niederlage. 1:0 für Karlsruhe durch Werner Heinzen nach einem zu kurz abgewehrten
Ball (12.). 2:0 durch den Ex-Offenbacher Daniel Graf (85.), der sonst gegen seinen
Gegenspieler Stefan Dolzer keinen Zweikampf gewann, aber die Unaufmerksamkeit
der gesamten Kickers-Defensive nutzte. Es war eine unspektakuläre Niederlage.
"Karlsruhe hat beide Halbzeiten 1:0 gewonnen, und wir sind wieder unten dabei",
kommentierte Dietmar Roth kurz und bündig. So einfach kann Fußball sein.
Berndroth wollte mit der "Schweinfurt-Taktik" in Karlsruhe bestehen. Ein Spitze,
dazu ein kompaktes Sechser-Mittelfeld - beim FC 05 reichte es für ein 1:0. Im
Wildpark begann Offenbach aber ungestüm wie in einem Heimspiel (Berndroth: "So
will ich sie am Freitag am Berg gegen Elversberg sehen"). Und das "Bemühen zu
zeigen, wir sind doch nicht so schlecht" (Berndroth), kostete Kraft, die später
in Zweikämpfen fehlte. Karlsruhe hielt die bei Offenbach vermisste Ordnung, so
dass der OFC-Coach stets das Gefühl hatte, "der KSC wird das 2:0 machen", aber
nie, "dass wir den Ausgleich schießen". Dafür waren die Kickers-Aktionen nicht
zwingend genug. Zweite Minute: Freistoß Tom Stohn, Matthias Becker zögert, Marco
Grimm klärt. 19. Minute: Flanke Günther Maier, Grimm rettet vor Patrick Würll.
45. Maier-Flanke, Würll-Kopfball, vorbei. Chancen für Offenbach waren rar. Selten
kamen die Kickers gefährlich in den Strafraum, kaum erarbeiteten sie sich Standardsituationen,
wie sie in den Spielen zuvor für Gefahr und Punkte sorgten. Und doch vertraute
Berndroth - auch mangels Alternativen - dem Team. Er baut zudem nicht gerne um,
will keine Unruhe und versuchte es mit Stohn als Libero, der in Vertretung für
den gesperrten Manfred Binz eine ordentliche Partie ablieferte - sofern er sich
nicht ins Offensivspiel einschaltete. "Als Libero hat er das Spiel vor sich,
kann sich die Wege einteilen." Im Mittefeld ging er unter.
Als Berndroth dann auf Anraten von Schiedsrichter Peter Lange den stark rotgefährdeten
Maier rausnahm (für ihn kam Roth), hatte der Trainer endgültig genug von Umstellungen.
Ein erneuter Wechsel war kein Thema - auch zehn Minuten vor Schluss beim Stand
von 0:1 nicht. Wen sollte Berndroth auch bringen? Auf der Bank saßen nach der
Sperre von Manfred Binz und den (kurzfristigen) Absagen der Verletzten Marcio
(Saison beendet), Michael Köpper und Dario Fossi (beide Prellung) außer dem eingewechselten
Roth noch Frank Mager, Patrick Glöckner, Lars Meyer, Andrew Sarfo, Ersatzkeeper
René Keffel und Thomas Brendel als einziger Stürmer. Keine wirklichen Alternativen,
um das Spiel umzubiegen. Da setzte Berndroth (der drei Minuten vor Schluss dann
doch noch umdachte und Brendel brachte) lieber auf Sicherheit. Offenbach (37
Zähler) orientiert sich an den punktgleichen Teams aus Regensburg und Elversberg.
Nur besitzt Jahn 2000 mit -3 das beste Torverhältnis der Dreiergruppe und die
Spielvereinigung aus dem Saarland mit -14 das schlechteste. Offenbach liegt mit
-7 dazwischen. Am Freitag kommen die Saarländer an den Bieberer Berg, am letzten
Spieltag geht's nach Regensburg. Zu schaffen wird der Klassenerhalt nur mit der
Ordnung sein, die Berndroth seinen Spielern neun Partien lang mit Erfolg predigte.
Damit es den Kickers am Ende nicht so geht wie Dolzer und Matthias Dworschak
im Wildparkstadion. Der Hunger trieb sie in die Fankneipe. Geduldig warteten
sie auf belegte Brötchen derweil der Mannschaftsbus inzwischen schon auf dem
Weg zum Stadionausgang fuhr - und sie hinterher liefen. Glück: Beim nochmaligen
Durchzählen fiel im Bus auf: Auch nach dem Abpfiff stimmte die (Sitz-)Ordnung nicht.
(Von Martin Batzel, OFFENBACH-POST)
Graf: Ich bin kein Verrräter
Karlsruhe (bam). "Verräterschwein - das tat schon weh." Daniel Graf (24) erlebte
am Samstag, wie schwer Fußball-Fans vergessen können. Ende Oktober wechselte
er überraschend vom Bieberer Berg ins Wildparkstadion zum Karlsruher SC. Eine
Entscheidung, die die Kickers-Anhänger ihm nachtragen, für die es laut Graf aber
eine plausible Erklärung gibt: "Ich hatte eine Klausel in meinem Vertrag, dass
ich gehen kann, wenn's mit Offenbach keine Chance gibt, oben mitzuspielen. Also:
Es lag doch nicht an mir." Da Offenbach unten statt oben mitspielte, griff Graf
bei der Offerte der Badener zu - wobei er zuvor mehrfach um Vertragsauflösung
bat. 50 000 Mark gab's für den Stürmer, weitere 25 000 werden fällig, steigt
der KSC in die Zweite Liga auf.
"Ich habe doch nichts gegen Offenbach, sondern für jeden Klub, bei dem ich spielte,
immer alles gegeben." Das waren vor den Kickers der 1. FC Kaiserslautern, FC
Homburg und Fortuna Köln. Im Sommer 2000 wechselte der Angreifer nach Offenbach,
musste aber wegen eines Kreuzbandrisses (den er sich noch im Trikot der Fortuna
zuzog) lange pausieren. Nach drei Einsätzen für den OFC, "in denen ich zeigen
wollte, dass man mich zu Recht geholt hat", kam die KSC-Anfrage. Für Karlsruhe
schoss er in bisher 14 Spielen fünf Tore. Das Ziel: "Nächstes Jahr will ich nicht
mehr gegen den OFC spielen. Nichts gegen Offenbach, aber ich will hoch - mit
dem KSC." Die Vergangenheit - dazu gehören auch die Kickers - ist abgehakt. Auch
das verübeln ihm die Fans.
(Von Martin Batzel, OFFENBACH-POST)
Karlsruher SC - Kick. Offenbach 2:0 (1:0)
Der OFC, diesmal mit Stohn als Libero für den gesperrten Binz, begann aggressiv, setzte sofort die verunsicherten und nervösen Karlsruher unter Druck. Schon nach zwei Minuten hatte Becker die erste gute Gelegenheit für die Ki- ckers. Kurz darauf hätten Rothenbach und Grimm fast ein Eigentor fabriziert, sie "scheiterten" aber an Keeper Walter. Besser machten es die Tabellenführer auf der Gegenseite: Mit der ersten Chance brachte Heinzen den KSC durch einen satten Flachschuss aus 20 Metern in Führung. Karlsruhe fand erst danach seinen Rhythmus und bestimmte nun das Spiel, allerdings hatte Würll noch vor der Pause die Ausgleichschance auf dem Kopf.
Der KSC, nach dem Wechsel überlegen, hätte die Sache frühzeitig entscheiden können. Doch Fabus und Heinzen vergaben ihre Möglichkeiten, zudem fand Cetins Pass bei einer Drei-gegen-Eins-Überzahl keinen Abnehmer. Kurz vor Schluss war es der Ex-Offenbacher Daniel Graf, der eine Vorlage des überragenden Werner Heinzen technisch fein per Drehschuss zum 2:0 verwertete.
(Von Peter Putzing, KICKER-ONLINE)
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