Brandblasen werden nach Derbypleite immer größer
Offenbach 14 Punkte aus 15 Spielen. Platz 16. Als Absteiger aus der 2. Liga auf
dem drittletzten Platz. Nur die Amateure des FC Bayern München und der SC Pfullendorf
stehen schlechter in der Tabelle der Fußball-Regionalliga Süd als die Offenbacher
Kickers. Der OFC ist nach der 1:2-Niederlage im Derby gegen den SV Darmstadt
98 seit sieben Spielen ohne Sieg und muss nun am Samstag bei Wacker Burghausen
(erkämpfte gestern bei den Amateuren des VfB Stuttgart ein 2:2) gegen einen "Mitkonkurrenten
im Abstiegskampf" (Manager Klaus Gerster) antreten. Nach der fünften Heimniederlage
der Saison, den Kapriolen in der Führungsetage und auf der Trainerbank steigt
die Angst vor dem freie Fall aus der 2. Liga in die Oberliga.
"Wir sitzen auf einer heißen Herdplatte und je länger wir daraufsitzen, desto
größer werden die Brandblasen", sagte Gerster. Wie die sportliche Situation der
Kickers schnellstens zu verbessern ist, weiß scheinbar keiner so genau am Bieberer
Berg. "Da muss tabula rasa gemacht werden - sonst nichts. Wir warten sonst auf
einen neuen Coach und steigen ab", meckerte OFC-Idol Roland Weida. "Die Mannschaft
muss sich schnellstens an einen neuen Trainer gewöhnen können", sagte Oliver
Roth, der Torjäger vergangener Jahre. Bis Mitte Dezember wird Knut Hahn die Mannschaft
betreuen. Ab Januar soll der künftige Trainer - Insiderinformationen zufolge
doch der Schweinfurter und Ex-Bürstädter Djuradic Vasic - das Team übernehmen.
Bis Weihnachten bleiben somit nur Durchhalteparolen. Beispiel: "Wir müssen sehen,
dass wir kontinuierlich punkten, dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken. Perspektivisch
gesehen können wir auf der Leistung aufbauen", sagte Interimstrainer Knut Hahn
- und stand mit dieser Meinung ziemlich alleine da.
Die Kickers, vergangene Woche nach einer desolaten zweiten Halbzeit gegen den
SV Elversberg 1:3 unterlegen, konnten nicht an die gute Vorstellung vor zwei
Wochen gegen Spitzenreiter Karlsruher SC (0:0) anknüpfen. Sie waren defensiver
eingestellt als zuletzt - mit Libero und zwei Stürmern - und den "Lilien" spielerisch
unterlegen. Nur selten gelang es ihnen, den Gegner unter Druck zu setzen. Von
Selbstvertrauen keine Spur. Der dritte Sieg der "Lilien" in Folge am Bieberer
Berg war verdient.
Während die 2 000 Darmstädter Anhänger - sie hatten zu Spielbeginn mit dem Transparent
"Wissenschaftsstadt grüßt Elendsviertel FFM" provoziert - noch lange nach dem
Schlusspfiff den Erfolg am Bieberer Berg ausgiebig feierten, staute sich bei
den Offenbachern der Frust an. Team-Koordinator Marcus Wolf redete im Stadion
auf die verbliebenen Fans ein, die über fehlendes Engagement ihrer Mannschaft
klagten. "Sie haben alles gegeben, sich wirklich bemüht", meinte Wolf - eine
interpretierbare Aussage. Über die Außenbahnen (Günther Maier, Patrick Dama)
war wenig gekommen, die Angreifer Stefan Ertl und Tobias Schindler (Hahn: "Er
konnte die guten Trainingseindrücke nicht bestätigen") hingen in der Luft. Schindler
stand überraschend für Nazir Saridogan, mit sieben Treffern bester Torschütze
in dieser Saison, in der Anfangsformation. Saridogan, vergangene Woche krankheitsbedingt
nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, wurde in der zweiten Halbzeit eingewechselt
und belebte das Angriffspiel.
Stefan Simon (51.) köpfte an den Pfosten, Ertl (55.) glich die Darmstädter Führung
durch Hoop aus. Saridogan vergab zwei Chancen, ehe der starke Zivojin Juskic
den Siegtreffer der "Lilien" erzielte. Die Schlussoffensive des OFC verpuffte.
Hahn, zum vierten Mal in der Saison als Coach auf der Bank, muss weiter auf seinen
ersten Sieg warten. Und die Luft wird immer dünner für die Kickers.
(Von Holger Appel, OFFENBACH-POST)
Dubravko Kolinger verabschiedet sich
Offenbach (app). 14 Mal kam Dubravko Kolinger in dieser Saison zum Einsatz, am
Samstag, im 15. Spiel, saß er nur auf der Bank. Das war ihm zuletzt im vergangenen
Jahr in der 2. Liga unter Trainer Hans-Jürgen Boysen passiert. Kolinger wurde
von Interimstrainer Knut Hahn auch nicht eingewechselt. Nur einmal stand Kolinger
während der 90 Minuten im Mittelpunkt: Als er nach einem Foul an Günter Maier
von der Bank sprang und den Linienrichter anschrie.
Zu seiner Ausbootung wollte der ehemalige Karlsruher nach dem Derby gegen den
SV Darmstadt 98 nichts sagen ("Sorry, aber das müsst Ihr in der momentanen Situation
verstehen"). Er packte seine Schuhe und die Utensilien für die Badetasche zusammen,
verabschiedete sich von dem einen oder anderen Mannschaftskollegen - und verließ den Bieberer Berg.
Ob der 24-Jährige jemals wieder das Trikot der Kickers tragen wird, scheint unwahrscheinlich.
"Das ist Sache des Managers, das möchte ich gar nicht erst kommentieren", sagte
Trainer Hahn. Doch Klaus Gerster und Dubravko Kolinger waren gestern Abend nicht zu erreichen.
Kolinger, seit Sommer 1998 beim OFC und in dieser Saison einmal erfolgreich,
soll laut Informationen des "Hamburger Abendblatts" in die 2. Liga zum FC St.
Pauli wechseln. Das wurde gestern beim Spiel der Hamburger in Osnabrück bekannt.
Dubravko Kolinger wäre nach Daniel Graf (Karlsruher SC) bereits der zweite Abgang
der Kickers in den vergangenen Tagen. Für Kolinger, dessen Vertrag bei den Kickers
am Saisonende ausläuft, lagen in dieser Spielzeit schon mehrere Anfragen vor
- eine kam auch von Ex-Trainer Peter Neururer, der inzwischen in Ahlen (ebenfalls
2. Liga) unter Vertrag steht.
(Von Holger Appel, OFFENBACH-POST)
OFC - Darmstadt: Kickers jetzt im Abstiegsstrudel
Knut Hahn lag total daneben
Das Derby wird für den OFC wohl der letzte große Zahltag mit knapp 10 000 Zuschauern
gewesen sein. Nach dem 1:2 gegen den Lokalrivalen Darmstadt versinkt der OFC endgültig im Abstiegskampf.
In den Kabinengängen der Offenbacher herrschte betretenes Schweigen. Die außerhalb des
Spielfeldes gerne selbstbewusst auftretenden Kickers-Akteure verließen das Stadion "Bieberer
Berg" durch die Hintertür. Einige der gut dotierten Angestellten haben mit dem Kapitel "OFC"
ohnehin vorzeitig abgeschlossen. Während Manndecker Dubravko Kolinger (24) zum FC St. Pauli
wechseln will, nimmt der Rest seine täglichen Aufgaben nicht mehr ernst. So sollen Trainings-
oder Rehapläne nur noch in den seltensten Fällen akribisch befolgt werden. Kein Wunder. Allein
die "Trainer-Notlösung" Knut Hahn (A-Jugend-Coach), während der Woche Lehrer, scheint dem
Team den Ernst der Lage nicht vermitteln zu können. Symptomatisch, dass Hahn mit seiner
Spielanalyse total daneben lag, als er davon sprach, "auf dem gezeigten Potenzial aufbauen zu können".
Sein Pendant Michael Feichtenbeiner hat bei den 98ern die Sache besser im Griff, "kann nach
dem bedeutungsvollen Sieg optimistisch nach oben blicken".
(Von Holger Kliem, KICKER ONLINE)
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