Regionalliga Süd Saison 2000/2001

Kickers Offenbach - SV Darmstadt 98
Endergebnis: 1:2 (0:0)


Spielbericht vom 04.11.2000 - Anstoß: 15:00 Uhr
Offenbach droht der Abstieg

Offenbach - Nach dem Abstieg aus der zweiten Liga droht Kickers Offenbach jetzt direkt der Absturz in die Oberliga. Die Offenbacher unterlagen am Samstag im Hessen-Derby gegen Darmstadt 98 verdient mit 1:2 (0:0). Damit sind die Offenbacher seit sieben Spieltagen ohne Sieg und verlieren langsam den Anschluss an das Mittelfeld. Die Darmstädter dagegen sind nach vier Spielen ohne Niederlage im gesicherten Mittelfeld. Die Gäste hatten schon in der ersten Halbzeit mehr Torchancen als die wieder einmal erschreckend schwachen Offenbacher. Bei der besten Darmstädter Möglichkeit traf Nadaroglu in der vierten Minute nur den Pfosten.

Nur 40 Sekunden waren in der zweiten Halbzeit gespielt, als der starke Hoop einen der zahlreichen Darmstädter Konter zum 0:1 verwertete. Die Offenbacher durften nur kurzzeitig Hoffnung schöpfen, als Stefan Ertl den einzigen Fehler der dichten Darmstädter Abwehr in der 55. Minute mit einem Schuss auf fünf Metern zum Ausgleich nutzte. Doch in der Folgezeit berannten die Offenbacher den Darmstädter Strafraum druck- und kopflos und kamen zu keinen einzigen weiteren Torchance. Die Entscheidung fiel in der 72. Minute erneut nach einem Konter der Gäste, als Juskic mit einem Schuss aus zwölf Metern zum 1:2 die fünfte Offenbacher Heimniederlage besiegelte.

(Von ?,SPORT 1 ONLINE)  

 

Kickers sind auf dem Nullpunkt
Stille statt Protest im Stadion

Wie tief kann Kickers Offenbach noch sinken ? Vor der Saison galt der Zweitliga-Absteiger als Titelfavorit Nummer eins, wollte den Betriebsunfall umgehend ausmerzen, doch mittlerweile findet sich der OFC auf einem Abstiegsplatz wieder; der Traditionsverein taumelt ohnmächtig der Oberliga Hessen entgegen - und es scheint niemand in Sicht, der den freien Fall stoppen kann.

Am 18. August des Jahres 2000, einem Freitag, verlor Kickers Offenbach auf heimischen Feld gegen den VfR Mannheim mit 0:2. Damals probten die treuen Anhänger des stolzen Traditionsvereins den Aufstand. Sie rebellierten und protestierten, kletterten auf die Zäune, machten ihrem Ärger lauthals Luft; sie brüllten "Gerster raus", "Eintracht-Schweine", beschimpften die Mannschaft, den damaligen Trainer Dragoslav Stepanovic aufs Übelste, und sie hingen ein Plakat auf, auf dem geschrieben stand: "Wir waren stolz auf diesen Verein !"

Heute, elf Wochen später, reagiert nur noch das Chaos, der Klub ist am absoluten Tiefpunkt, auf dem Nullpunkt angekommen, doch die Anhänger schweigen, sind ernüchtert. Sie schimpfen nicht mehr auf ihr Team, wenngleich es eher noch mieser kickt, sie nehmen das Dargebotene scheinbar teilnahmslos hin, ergeben sich, so möchte man meinen, in ihr Schicksal. Auch nach der 1:2-Pleite gegen den verhassten Nachbarn SV Darmstadt 98, der fünften (!) Niederlage im achten Heimspiel, rührten sie sich nicht, schweigend zogen sie von Dannen. Auf am Boden Liegende soll man nicht mehr eintreten, natürlich, auf der anderen Seite ist diese Gleichgültigkeit, diese Ohnmacht vielleicht noch schlimmer als lautstarke Proteste.

Die Probleme der Kickers sind in jedem Falle hausgemacht, in den vergangenen vier Monaten haben die Verantwortlichen den Verein böse abgewirtschaftet, ihn zur Lachnummer der Liga werden lassen und so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Und dann die unendliche Geschichte mit den ständig wechselnden Trainern - eine einzige Farce, eine Posse, einfach nur lächerlich. Fünf Coaches (Neururer, Stepanovic, Hahn, Kohls, jetzt wieder Hahn) durften in 15 Spielen ihr Glück versuchen, wenn man so will, jeder mal für drei Partien. Wie soll die verunsicherte Mannschaft, ohnehin einem Nervenbündel gleichkommend, da Selbstvertrauen tanken können?

Die Offenbacher haben nach der Demission von Dragoslav Stepanovic wertvolle Zeit verstreichen lassen, von 18 zu erreichenden Punkten hat die Mannschaft seitdem ganze vier geholt, die hohen Herren haben dem Verein durch nahezu irrsinnige Übergangslösungen selbst geschadet, was Manager Klaus Gerster immerhin einräumte, indem er "von einem Zickzackkurs" sprach. Der neue Coach soll nun also am 1. Januar das Himmelfahrtskommando antreten, und scheinbar spekulieren die Kickers noch immer darauf, den Wunschkandidaten Djuradj Vasic vom FC Schweinfurt, der schon einen Vertrag für die kommende Spielzeit unterschrieben haben soll, loseisen zu können.

Das Schlimmste an allem aber ist die Tatsache, dass die sehr gut bezahlte Mannschaft nicht mit Herz bei der Sache zu sein scheint, nicht an einem Strang zieht, was auch die Abgänge von Daniel Graf und Dubravko Kolinger belegen. Zudem kann das Team offenbar nicht besser Fußball spielen, steht nach 15 Spielen vollkommen zu Recht auf dem 16. Platz, vom spielerischen Potenzial ist es vielleicht das schwächste der Regionalliga, auf alle Fälle nicht tauglich für die Dritte Liga - und nur mit Kampf wird es schwer, die Klasse zu halten. Und über alledem schwebt die Jahreshauptversammlung am 11. Dezember, die, wie viele meinen, zu einer wahren Schlammschlacht werden könnte.

(Von Ingo Durstewitz, FRANKFURTER RUNDSCHAU)  

 

"Lilien" zeigen einfallslosen Kickers die Grenzen auf
Bieberer Berg und stürzt Offenbach in Depressionen / Kolinger vor Wechsel nach St. Pauli

Das dargebotene Bild war eines mit symbolischem Gehalt. Der grüne, 90 Minuten lang umgepflügte Rasen dampfte im gleißenden Flutlicht vor sich hin, die Fans, so sie Offenbacher Farben trugen, versanken in ratloser Lethargie, während die Kickers-Spieler Stefan Simon sowie Tobias Schindler noch Minuten nach dem Abpfiff Seite an Seite auf der Auswechselbank kauerten; eingemummelt in dicke Daunenjacken, die Stutzen herunter gezogen, die Ellenbogen, die den schweren Kopf stützen, auf die Knie gestemmt, die Mienen versteinert.

50, 60 Meter weiter indes kannte der kollektive Freudentaumel in blau und weiß keine Grenzen mehr. Die Fußballer des SV Darmstadt 98, die gerade den Offenbacher Kickers mit 2:1 die fünfte Niederlage im achten Heimspiel beibrachten, herzten, umarmten und liebkosten sich, hüpften umher wie eine Rasselbande kleiner Kinder, fassten sich schließlich an den Händen und rissen vor der Kurve der entzückten "Lilien"-Fans die Arme in die Höhe. Einmal, zweimal, dreimal. Die 98-er hatten das Derby gewonnen, verdient mit 2:1, hatten den Bieberer Berg erstürmt, was, ohne die gute Leistung schmälern zu wollen, ja auch keine große Kunst mehr ist.

Noch ein bisschen später, der Schweiß war längst getrocknet, sprach Michael Feichtenbeiner, Trainer der Triumphatoren, von einer Darbietung seiner Mannen, "die aller Ehren wert" gewesen sei, und er sei einfach nur überglücklich, "dieses bedeutungsvolle Spiel" gewonnen zu haben. Und der Darmstädter Fußballlehrer badete zu Recht in Glückseligkeit, denn seine Mannschaft war die bessere, die reifere, war den biederen, hölzernen und wieder erschreckend schwach kickenden Hausherren vor allem spielerisch haushoch überlegen. Hernach wunderte sich gar Darmstadts Kapitän David Wagner über die "Einfallslosigkeit" im Spiel der Kickers.

Gerade in den ersten 45 Minuten zeigte die Elf vom Böllenfalltor dem OFC die Grenzen schonungslos auf, ließ die Spieler in den weißen Jerseys wie einen an der Kette liegenden tumben Tanzbären im Kreis laufen. "Die Darmstädter", gestand OFC-Manager Klaus Gerster, "waren frecher und selbstbewusster", sie haben es, wie Feichtenbeiner sagte, "nur verpasst, uns selbst zu belohnen".

Das holten die 98-er, deren Spitzenspiel gegen den FC Schweinfurt auf Grund einer Liveübertragung des Hessen Fernsehen vom 11. auf den 30 November verlegt wurde, aber direkt nach dem Wiederanpfiff nach, Dietmar Roth vertändelte den Ball im Mittelfeld, Boris Kolb flitzte davon, bediente Ronald Hoop, der zum 0:1 vollendete. Tja, das war's wohl, dachten die meisten der etwa 9000 Zuschauer vermutlich, doch die Kickers schlugen zurück, sie kämpften, nahmen ihr Herz in beide Hände, für kurze Zeit kam das "Feeling Bieberer Berg" wieder auf; was auch daran lag, dass Stürmer Nazir Saridogan, der auf Grund einer Erkältung zunächst die Bank drückte, ins Spiel kam und mehr Torgefahr versprühte als das gesamte Team in den ersten 45 Minuten.

Nach einem schlimmen Schnitzer von Tuncay Nadaroglu, der im eigenen Fünfer über den Ball senste, kam der OFC durch Stefan Ertl dann tatsächlich zum Ausgleich, worauf hin die "Lilien", wie Feichtenbeiner erkannte, völlig ohne Grund "den Faden verloren - da stand das Spiel auf der Kippe". Die Südhessen wankten, sie fielen aber nicht, denn aus dem Nichts schlug der starke Zivojin Juskic zu, der eine schöne Kombination über Oscar Corrochano, Sergej Kusmin und Wagner zum 2:1 abschloss. Das war's nun wirklich, und anschließend zeigten die Sieger Größe, traten nicht verbal auf die Geschlagenen ein. "Häme oder Schadenfreude", sagte Darmstadts Präsidiumsberater Uwe Wiesinger, "sind Fehl am Platz."

Am Bieberer Berg flüchten sie sich indessen in Durchhalteparolen. Gerade die starke Phase nach dem 1:1 sei ein "gutes Zeichen", sagte der Offenbacher Interimstrainer Knut Hahn, die Mannschaft verfüge über Potenzial. Sie steht aber auch, nur durch ein Tor vom Vorletzten getrennt, auf Tabellenplatz 16, und, das haben sie auch in Offenbach schon gemerkt, mit dem Rücken zur Wand. "Die Realität hat begonnen", sagte Hahn, und Manager Klaus Gerster sieht schwere Zeiten anbrechen: "Die Begeisterung, die einem im Erfolgsfalle trägt, schlägt jetzt natürlich in Enttäuschung um."

Die Kickers, hatte er unter der Woche gesagt, sitzen auf einer heißen Herdplatte, nach dem 1:2 fügte er an: "Und je länger wir darauf sitzen, desto größer werden die Brandblasen". Gerster zittert daher schon dem Auswärtsspiel bei Wacker Burghausen, "einem direkten Konkurrenten im Abstiegskampf", entgegen. Auf alle Fälle passt es ins Bild des Niedergans, dass nun der nächste Spieler das sinkende OFC-Schiff verlassen wird; Verteidiger Dubravko Kolinger wechselt wohl zum Zweitligisten FC St. Pauli, mit dem er schon vor der Runde in engem Kontakt stand. Kolinger, der schon die ganze Zeit durch Lustlosigkeit auffiel, wird bereits heute am Millerntor erwartet.

(Von Ingo Durstewitz, FRANKFURTER RUNDSCHAU)  

 

2:1 in Offenbach - mehr als ein Derbysieg
SV Darmstadt 98 triumphiert erneut am Bieberer Berg - Überragender Zivojin Juskic trifft zum 2:1

"Ich habe in Holland schon einige Derbys mitgemacht. Aber so etwas wie heute habe ich noch nicht erlebt." Darmstadts Torjäger Ronald Hoop schüttelte fasziniert und überglücklich den Kopf. Nun ist auch ihm bewusst, dass Fußballspiele zwischen dem SV Darmstadt 98 und den Offenbacher Kickers etwas Besonderes, für die Fangruppen beider Vereine die Ereignisse schlechthin sind. Und wie bereits 1994 und 1998 verließ der SV 98 als strahlender Sieger den Bieberer Berg. Ronald Hoop (46.) und Zivojin Juskic (71.) sorgten vor 10000 Zuschauern für den verdienten 2:1-Erfolg.

Nach dem Schlusspfiff herrschte im Offenbacher Fanblock eisiges Schweigen, während die rund 3000 Lilien-Fans ihre Lieblinge, die triumphierend die Umzäunung emporgeklettert waren, feierten, als seien sie in die Zweite Bundesliga aufgestiegen. Erfreulich: Es blieb friedlich, keine Ausschreitungen überschatteten das Derby. Darmstadts Trainer Michael Feichtenbeiner ließ sich nach dem 2:1 nicht lumpen und gab seinen Mannen zur Belohnung zwei Tage trainingsfrei.

"Ich bin sehr zufrieden und glücklich, dass wir dieses bedeutungsvolle Spiel gewonnen haben. So wie meine Mannschaft heute aufgetreten ist vor unseren vielen treuen Fans, das war toll." Der SV 98 hält Tuchfühlung zu der oberen Tabellenregion, während Zweitligaabsteiger Offenbach im Jammertal versinkt.

Spitzenplatz, Wiederaufstieg? Von diesen Zielen sind die Kickers weit entfernt: sie stehen auf einem Abstiegsplatz. Auch wenn einigen der Ernst der Lage noch nicht bewusst zu sein scheint. "Die zweite Halbzeit macht mir Mut. Auch wenn sich unsere Situation natürlich nicht verbessert hat", sieht Knut Hahn, der nun wieder das Training leitet, "Perspektiven."

Wenn derzeit eine Mannschaft Perspektiven hat, dann die des SV 98. Trainer Feichtenbeiner hat eine Einheit geformt, in der sich Hierarchien entwickelt haben, die alle akzeptieren. Torhüter Andreas Clauss ist seit Wochen in bestechender Form, Matthias Hohmann mausert sich zum Organisator der Abwehr. Boris Kolb hat endlich den Ruf des "ewigen Talents" abgeschüttelt, ist derzeit der agilste Stürmer des SV 98. Der absolute, von allen anerkannte Chef ist jedoch Zivojin Juskic. Feichtenbeiner: "Er ist das Herz unserer Mannschaft." Kämpferisches Vorbild, Denker und Lenker im Mittelfeld - und seit Samstag auch Torschütze. Juskic sorgte in der 71. Minute mit seinem ersten Treffer im Lilien-Dress für die Entscheidung. Nach Vorarbeit von Sergej Kusmin behielt David Wagner die Übersicht, legte auf Juskic zurück. Seinen Schuss fälschte Günther Maier zum 1:2 ins eigene Netz ab - der Darmstädter Sieg war perfekt.

Bereits in der ersten Halbzeit hätte der spielerisch und kämpferisch überlegene SV 98 für klare Verhältnisse sorgen können. Nadaroglus Kopfball flog an den Pfosten (4.), Dworschak klärte in letzter Sekunde vor Wagner (29.), der kurz darauf die dickste Darmstädter Chance vergab (37.). Das 0:0 zur Halbzeit schmeichelte den Offenbachern ziemlich.

Den erlösenden Führungstreffer markierte direkt nach dem Wechsel Ronald Hoop (dem bis dahin fast gar nichts gelungen war) nach herrlicher Vorarbeit des quirligen Kolb. "Der Trainer hat immer an mir festgehalten, und ich war überzeugt, dass ich irgendwann wieder treffe. Jeder macht mal so eine Durststrecke durch", wirkte Hoop sichtlich erleichtert über seinen sechsten Saisontreffer. Dass beim SV 98 aber nach dem Führungstreffer kaum noch etwas zusammenlief, verdutzte auch Trainer Feichtenbeiner. "Das ist ein Phänomen. Kaum hat man den Lohn für das erhalten, für das man eine Halbzeit lang gekämpft hat, bekommt man Angst, das wieder zu verlieren." Die Ordnung war dahin, Offenbach drängte den SV 98 in die Defensive. Doch erst eine Kette von Fehlern bescherte den Gastgebern den Ausgleich.

Alexander Lorenz verlor am eigenen Strafraum den Ball an Günther Maier, Ronald Nagy störte nicht energisch genug, und dann säbelte auch noch Tuncay Nadaroglu an Maiers Flanke vorbei - Stefan Ertl traf zum 1:1 (56.). Zuvor schon hatten Saridogan (53.), der an Clauss scheiterte, und Stefan Simon (Lattenkopfball/54.) gute Chancen für die Kickers. "Entscheidend war, dass wir nach dem Ausgleich ruhig geblieben sind", lobte Feichtenbeiner seine Mannschaft, die nach dem 2:1 die planlos anrennenden Offenbacher sicher auf Distanz hielt. Ende gut, alles gut - aus Darmstädter Sicht. Oder wie Präsident Walter Grimm trocken anmerkte: "In Offenbach zu gewinnen, ist doch immer wieder etwas Besonderes."

(Von ?, DARMSTÄDTER ECHO)  

 

OFC - Darmstadt 1:2

Vor ein paar Monaten, noch zu Zweitligazeiten, haben sie vom Bieberer Berg noch ein wenig mitleidig hinabgeblickt auf die kleine Welt ihrer einstiegen Konkurrenten. Darmstadt 98? Der SV Wehen? Mittlerweile müssen die Offenbacher Kickers mit einer neuen Perspektive leben. Wir da unten, ihr da oben. Der verhaßte Nachbar vom Böllenfalltor ist sportlich längst am vermeintlichen Branchenführer in der Regionalliga vorbeigezogen, und auch der Klub vom Halberg hat den traurigen Männern von Biebers Höhen mittlerweile den Rücken zugekehrt. Die Kräfteverhältnisse haben sich verschoben, doch Schadenfreude ist - zumindest offiziell - bei der Konkurrenz nicht zu erkennen.

Eher die Sorge um einen Traditionsverein, der - selbstverschuldet - in Turbolenzen geraten ist und dem der Absturz in die Viertklassigkeit droht. Die Ursachen liegen auf der Hand. Die Saison ist 15 Spieltage alt, und in dieser Zeit haben vir Trainer an der Mannschaft herumgewurstelt - das ist Rekordverdächtig und spricht nicht gerade für eine Vereinsführung mit klarem Konzept. Mal davon abgesehen, ob mit dem spielenden Personal der Aufstieg ein realistisches Ziel gewesen wäre - wie soll ein Team, das sich ständig wechselnden Vorgesetzten mit ständig wechselnden Ideen und Konzepten gegenübersieht, auf dem Platz zu einer Einheit werden? Und natürlich gibt der Zickzackkurs in der Trainerfrage den Spielern auch genug Rechtfertigungsmöglichkeiten, warum ein Regionalligateam mit einem 7,5-Millionen Etat wie ein mittelmäßiger Oberligaklub Fußball spielt. Das zerrissene Bild, das die Führung des Vereins seit Monaten abgibt, trägt auch nicht gerade zur Beruhigung der Situation bei. Ein intakter Verein präsentiert sich ganz anders.

Die Kickers müssen sich schleunigst ihrer besseren Zeiten besinnen. So lange ist das noch gar nicht her. Geduld, Ruhe und Kontinuität sowie ein tragfähiges Konzept, das hat es zuletzt in der Ära Hans-Jürgen Boysen gegeben, mit dem folgerichtigen Aufstieg in die Zweite Liga. Danach haben sie in Offenbach nur noch Flickschusterei betrieben. Vom vermeintlichen Retter Neururer über Zampano Stepanovic bis hin zu diversen internen Zwischenlösungen. Aber stete Wechsel höhlt irgendwann selbst einen ganzen Berg. Es ist höchste Zeit, zur Kontinuität zurückzukehren. Zu mittelfristigen Konzepten, zu perspektivischem Denken und Handeln. Und das heißt nichts anderes als Neubeginn - mitten in der ohnehin verpfuschten Saison. Der fünfte Trainer, der angeblich am 1. Januar anfängt und Aufbauarbeit leisten soll, ist die allerletzte Chance. Mit ungewissem Ausgang.

(Von ?, FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG)  

 

Brandblasen werden nach Derbypleite immer größer

Offenbach 14 Punkte aus 15 Spielen. Platz 16. Als Absteiger aus der 2. Liga auf dem drittletzten Platz. Nur die Amateure des FC Bayern München und der SC Pfullendorf stehen schlechter in der Tabelle der Fußball-Regionalliga Süd als die Offenbacher Kickers. Der OFC ist nach der 1:2-Niederlage im Derby gegen den SV Darmstadt 98 seit sieben Spielen ohne Sieg und muss nun am Samstag bei Wacker Burghausen (erkämpfte gestern bei den Amateuren des VfB Stuttgart ein 2:2) gegen einen "Mitkonkurrenten im Abstiegskampf" (Manager Klaus Gerster) antreten. Nach der fünften Heimniederlage der Saison, den Kapriolen in der Führungsetage und auf der Trainerbank steigt die Angst vor dem freie Fall aus der 2. Liga in die Oberliga.

"Wir sitzen auf einer heißen Herdplatte und je länger wir daraufsitzen, desto größer werden die Brandblasen", sagte Gerster. Wie die sportliche Situation der Kickers schnellstens zu verbessern ist, weiß scheinbar keiner so genau am Bieberer Berg. "Da muss tabula rasa gemacht werden - sonst nichts. Wir warten sonst auf einen neuen Coach und steigen ab", meckerte OFC-Idol Roland Weida. "Die Mannschaft muss sich schnellstens an einen neuen Trainer gewöhnen können", sagte Oliver Roth, der Torjäger vergangener Jahre. Bis Mitte Dezember wird Knut Hahn die Mannschaft betreuen. Ab Januar soll der künftige Trainer - Insiderinformationen zufolge doch der Schweinfurter und Ex-Bürstädter Djuradic Vasic - das Team übernehmen.

Bis Weihnachten bleiben somit nur Durchhalteparolen. Beispiel: "Wir müssen sehen, dass wir kontinuierlich punkten, dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken. Perspektivisch gesehen können wir auf der Leistung aufbauen", sagte Interimstrainer Knut Hahn - und stand mit dieser Meinung ziemlich alleine da.

Die Kickers, vergangene Woche nach einer desolaten zweiten Halbzeit gegen den SV Elversberg 1:3 unterlegen, konnten nicht an die gute Vorstellung vor zwei Wochen gegen Spitzenreiter Karlsruher SC (0:0) anknüpfen. Sie waren defensiver eingestellt als zuletzt - mit Libero und zwei Stürmern - und den "Lilien" spielerisch unterlegen. Nur selten gelang es ihnen, den Gegner unter Druck zu setzen. Von Selbstvertrauen keine Spur. Der dritte Sieg der "Lilien" in Folge am Bieberer Berg war verdient.

Während die 2 000 Darmstädter Anhänger - sie hatten zu Spielbeginn mit dem Transparent "Wissenschaftsstadt grüßt Elendsviertel FFM" provoziert - noch lange nach dem Schlusspfiff den Erfolg am Bieberer Berg ausgiebig feierten, staute sich bei den Offenbachern der Frust an. Team-Koordinator Marcus Wolf redete im Stadion auf die verbliebenen Fans ein, die über fehlendes Engagement ihrer Mannschaft klagten. "Sie haben alles gegeben, sich wirklich bemüht", meinte Wolf - eine interpretierbare Aussage. Über die Außenbahnen (Günther Maier, Patrick Dama) war wenig gekommen, die Angreifer Stefan Ertl und Tobias Schindler (Hahn: "Er konnte die guten Trainingseindrücke nicht bestätigen") hingen in der Luft. Schindler stand überraschend für Nazir Saridogan, mit sieben Treffern bester Torschütze in dieser Saison, in der Anfangsformation. Saridogan, vergangene Woche krankheitsbedingt nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, wurde in der zweiten Halbzeit eingewechselt und belebte das Angriffspiel.

Stefan Simon (51.) köpfte an den Pfosten, Ertl (55.) glich die Darmstädter Führung durch Hoop aus. Saridogan vergab zwei Chancen, ehe der starke Zivojin Juskic den Siegtreffer der "Lilien" erzielte. Die Schlussoffensive des OFC verpuffte. Hahn, zum vierten Mal in der Saison als Coach auf der Bank, muss weiter auf seinen ersten Sieg warten. Und die Luft wird immer dünner für die Kickers.

(Von Holger Appel, OFFENBACH-POST)  

 

Dubravko Kolinger verabschiedet sich

Offenbach (app). 14 Mal kam Dubravko Kolinger in dieser Saison zum Einsatz, am Samstag, im 15. Spiel, saß er nur auf der Bank. Das war ihm zuletzt im vergangenen Jahr in der 2. Liga unter Trainer Hans-Jürgen Boysen passiert. Kolinger wurde von Interimstrainer Knut Hahn auch nicht eingewechselt. Nur einmal stand Kolinger während der 90 Minuten im Mittelpunkt: Als er nach einem Foul an Günter Maier von der Bank sprang und den Linienrichter anschrie.

Zu seiner Ausbootung wollte der ehemalige Karlsruher nach dem Derby gegen den SV Darmstadt 98 nichts sagen ("Sorry, aber das müsst Ihr in der momentanen Situation verstehen"). Er packte seine Schuhe und die Utensilien für die Badetasche zusammen, verabschiedete sich von dem einen oder anderen Mannschaftskollegen - und verließ den Bieberer Berg.

Ob der 24-Jährige jemals wieder das Trikot der Kickers tragen wird, scheint unwahrscheinlich. "Das ist Sache des Managers, das möchte ich gar nicht erst kommentieren", sagte Trainer Hahn. Doch Klaus Gerster und Dubravko Kolinger waren gestern Abend nicht zu erreichen.

Kolinger, seit Sommer 1998 beim OFC und in dieser Saison einmal erfolgreich, soll laut Informationen des "Hamburger Abendblatts" in die 2. Liga zum FC St. Pauli wechseln. Das wurde gestern beim Spiel der Hamburger in Osnabrück bekannt.

Dubravko Kolinger wäre nach Daniel Graf (Karlsruher SC) bereits der zweite Abgang der Kickers in den vergangenen Tagen. Für Kolinger, dessen Vertrag bei den Kickers am Saisonende ausläuft, lagen in dieser Spielzeit schon mehrere Anfragen vor - eine kam auch von Ex-Trainer Peter Neururer, der inzwischen in Ahlen (ebenfalls 2. Liga) unter Vertrag steht.

(Von Holger Appel, OFFENBACH-POST)  

 

OFC - Darmstadt: Kickers jetzt im Abstiegsstrudel
Knut Hahn lag total daneben

Das Derby wird für den OFC wohl der letzte große Zahltag mit knapp 10 000 Zuschauern gewesen sein. Nach dem 1:2 gegen den Lokalrivalen Darmstadt versinkt der OFC endgültig im Abstiegskampf.

In den Kabinengängen der Offenbacher herrschte betretenes Schweigen. Die außerhalb des Spielfeldes gerne selbstbewusst auftretenden Kickers-Akteure verließen das Stadion "Bieberer Berg" durch die Hintertür. Einige der gut dotierten Angestellten haben mit dem Kapitel "OFC" ohnehin vorzeitig abgeschlossen. Während Manndecker Dubravko Kolinger (24) zum FC St. Pauli wechseln will, nimmt der Rest seine täglichen Aufgaben nicht mehr ernst. So sollen Trainings- oder Rehapläne nur noch in den seltensten Fällen akribisch befolgt werden. Kein Wunder. Allein die "Trainer-Notlösung" Knut Hahn (A-Jugend-Coach), während der Woche Lehrer, scheint dem Team den Ernst der Lage nicht vermitteln zu können. Symptomatisch, dass Hahn mit seiner Spielanalyse total daneben lag, als er davon sprach, "auf dem gezeigten Potenzial aufbauen zu können".

Sein Pendant Michael Feichtenbeiner hat bei den 98ern die Sache besser im Griff, "kann nach dem bedeutungsvollen Sieg optimistisch nach oben blicken".

(Von Holger Kliem, KICKER ONLINE)  


Mannschaftsaufstellungen:

Kickers OffenbachSV Darmstadt 98
Thier - Dolzer - Kòpper, Dworschak - Maier, Roth, Simon (80. Würll), Speth, Dama - Schindler (46. Saridogan), Ertl. Clauß - Nadaroglu, Hohmann, Schmidt - Da Costa (46. Nagy), Juskic, Corrochano, Lorenz - Kolb, Hoop (65. Kusmin), Wagner (83. Örüm).

Spielstatistik:

SchiedsrichterToreGelbe KartenGelb-Rote KartenRote KartenZuschauer
Fleischer (Hallstadt)0:1 Hoop (46.),
1:1 Ertl (55.),
1:2 Juskic (72.)
Kòpper, Dama (OFC) / Wagner, Schmidt (Darmstadt)Maier (90. wiederholtes Foulspiel)-9000
Alle Angaben ohne Gewähr


Aktuelle Tabelle Saison 2000/2001
Alle Ergebnisse vom 15.Spieltag (03.11.- 05.11.00)
Tabellenstand nach dem 15.Spieltag (03.11.- 05.11.00)
Spiele des OFC in der Hinrunde 2000/2001 mit Spielberichten
Alle Spieltage auf einen Blick (mit Ergebnissen)
Torjäger und Karten Statistik Saison 2000/2001
Tabellenplatzstatistik Saison 2000/2001
Ergebnisse Saison 2000/2001
Kickers Offenbach Homepage

Seite wurde am 07.11.2000 aktualisiert