Zur falschen Zeit am falschen Ort
Ende einer Erfolgsserie: Eintracht Trier muss sich dem Tabellenletzten Kickers Offenbach mit 0:1 beugen
OFFENBACH. Manchmal weisen Fingerzeige darauf hin, wie sich Ereignisse entwickeln.
Für Fußball-Regionalligist Eintracht Trier ist am Freitag schon die Ankunft am
Bieberer Berg mit Problemen verbunden. Und richtig genug: Die Dienstfahrt endet
mit einer 0:1-Niederlage.
"Was soll denn das? Wir brauchen die Sachen!" Wütend erklärt Eintracht-Zeugwart
Uli Huwer am Stadioneingang einem Offenbacher Ordner, dass die Metallkisten mit
der Ausrüstung sofort in die Kabine transportiert werden müssen. Doch der Mann
zuckt nur die Schultern: "Der Traktor kommt gleich." Die SVE-Fußballer sitzen
derweil in der Umkleide und warten. Wertvolle Zeit verrinnt, die ihnen zur Vorbereitung fehlt.
Vielleicht ist das ein Grund dafür, dass sich die Eintracht nach dem Anpfiff
zaghaft, beinahe ängstlich präsentiert. Offenbar sind die Trierer auch beeindruckt
von der Kulisse und vor allem von der forschen Gangart, die der Tabellenletzte
an den Tag legt. Dies sind jedenfalls nicht die Kickers, die in den vergangenen
Wochen durch eine beispiellose Serie von Misserfolgen an den Rand des Abgrunds
geraten sind. Bissig, teils sogar beinhart in den Zweikämpfen ergreift Offenbach
die Initiative und macht den Gästen Dampf.
Einer sieht am Ende seine Vorahnungen bestätigt: "Ich hätte hier gerne eine Woche
früher gespielt", meint Eintracht-Trainer Paul Linz nach dem Abpfiff zerknirscht.
In der Tat wird rasch deutlich, dass die Eintracht zur falschen Zeit am falschen
Ort erschienen ist. Die Kickers sind offenbar durch das reinigende Gewitter bei
ihrer Hauptversammlung, das am Mittwoch Trainer Dieter Müller an die Spitze des
Vereins gespült hat, beflügelt. Zunächst lässt Matthias Becker eine hundertprozentige
Chance aus, als er trotz freier Schussbahn knapp verzieht (6.), dann scheitert
der quirlige Angreifer Nazir Saridogan per Kopf (14.).
Nach einer halben Stunde scheint die Eintracht die hitzige Atmosphäre in der
"Hölle" Bieberer Berg besser verkraften zu können – da gerät sie entscheidend
ins Hintertreffen. Nach einer Ecke von rechts segelt der Ball in den Strafraum,
Stefan Ertl köpft zum 1:0 (35.) ein. "Kickers, Kickers, Kickers!" schallt es von den Rängen.
Früher brachen die Gegner reihenweise unter dem Druck des Publikums zusammen
– die Eintracht bleibt standhaft. Sie bläst in der zweiten Halbzeit sogar zum
Angriff. "Das ist genau das, was ich sehen will: Der Wille, das Ding noch umzubiegen",
lobt Trainer Linz später diese Einstellung.
Plötzlich zeigt sich, wie es mit den Offenbachern bergab gehen konnte: Selbst
ehemalige Bundesliga-Profis wie Dietmar "Bulle" Roth oder Matthias Becker zeigen
mit dem Wissen um ihre prekäre Lage Nerven. Die Hessen verteidigen mit Mann und
Maus, sind in der gesamten zweiten Hälfte außer Stande, vernünftig zu kontern.
Aber es ist einfach nicht der Tag der Trierer. Nach Danny Winklers gefährlichem
Kopfball (78.) hoffen sie noch, doch als der gleiche Spieler völlig frei nach
einer Flanke des eingewechselten Marcus Koster am Tor vorbei köpft (82.), wird
ihnen klar, dass sie als Verlierer vom Platz gehen.
"So ein Sch…", kommentiert Präsident Peter Rauen frustriert das Ende der Erfolgsserie.
Acht Spiele in Folge hatte der SVE nicht verloren, nun hat es ihn ausgerechnet
vor dem Schlagerspiel gegen Schweinfurt am kommenden Samstag (14.30 Uhr) erwischt.
"Kopf hoch, Jungs. Wir lassen uns nicht von unserem Weg abbringen", ermuntert
der Coach seine Elf. Die Analyse von OFC-Trainer und -Präsident Dieter Müller
dürfte Mut machen: "Der Sieg war glücklich. Trier wird in dieser Verfassung oben mitspielen."
(Von Frank Giarra, TRIERISCHER VOLKSFREUND)
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