Ramon Berndroth musste ein wenig schmunzeln. "Da predige ich den Spielern in sechs Wochen Vorbereitung, sie sollen den Ball flach halten und kombinieren. Und dann muss ich ihnen eine Stunde vor dem Spiel erzählen: Vergesst, was ich gesagt habe, haut den Ball lang nach vorne."
Der plötzliche Wintereinbruch hatte dafür gesorgt, dass die Berndrothsche Lehre vom gepflegten Kombinationsfußball konterkariert wurde und der Trainer des OFC seinen Kickern vor dem ersten Punktspiel des neuen Jahres gegen Borussia Fulda die urbritischten Tugenden empfehlen musste, um im Schnee auf dem Bieberer Berg zurecht zu kommen.
Dem Ergebnis nach war der Schnellkurs in Sachen "Kick and rush" erfolgreich, der OFC kam mit dem 2:0 (1:0) gegen den Tabellenletzten ordentlich aus den Startlöchern und konnte im Aufstiegsrennen Boden gutmachen. Prinzipiell war der Sieg jedoch eine schwere Geburt. Erstens, weil sich Fulda den Kickers energisch widersetzte, zweitens, "weil ein reguläres Spiel nicht möglich war", so Berndroth, und drittens, weil die Mannen um Kapitän Manfred Binz die in der Vorbereitung erarbeitenden Automatismen nicht vollends außer acht lassen konnten.
Einen Vorwurf gab es von Seiten Bernd roths deswegen allerdings nicht. Im Gegenteil: Der 49 Jahre alte Coach, noch eine ganze Zeit lang nach dem Spiel merklich angespannt, lobte seine Mannschaft dafür, "dass sie das richtige Mittel ausgepackt haben" . In dem "undankbarsten Spiel der Saison" habe seine Mannschaft erneut ihr "Riesenkämpferherz" gezeigt, "und deswegen wird sie in dieser Saison noch viel erreichen", meinte Berndroth. Besondere Freude hatte der OFC-Trainer an Patrick Würll. "Er war schon die ganzen Wochen im Training hoch konzentriert und hat das heute voll umgesetzt", lobte Berndroth den 23-jährigen Stürmer, der nicht nur lauf- , sondern auch nervenstark auftrat und nicht umsonst die beiden Treffer (18./79.) erzielte. Dass ein Auftritt wie der gegen Fulda Begehrlichkeiten weckt, darüber ist sich der mit 13 Treffern erfolgreichste OFC-Angreifer im Klaren. Deswegen sieht Würll für sich in punkto Vertragsverhandlungen keine Eile geboten. "Dass erst im März verhandelt werden soll, ist für mich kein Problem", sagt er, "ich kann mich jetzt ohnehin noch nicht entscheiden". Erst müsse er nämlich abwarten, wohin die Entwicklung in Offenbach gehe. Fest steht jedoch, dass Würll in den Profi-Fußball will. Und zwar möglichst zur kommenden Saison. "Am liebsten", so sagt er, würde er mit Offenbach aufsteigen und sieht dafür auch "gute Chancen". Doch wenn es nicht klappen sollte, "dann ist die letzte Option der Aufstieg mit einem anderen Klub".
Das Ziel Profi-Fußball hat auch Matthias Dworschak fest im Visier. Der kahlköpfige Mittelfeldkämpfer, der bereits für Eintracht Frankfurt in der ersten und zweiten Liga am Ball war, sieht im Alter von 27 Jahren die Zeit gekommen, noch mal in den Profi-Fußball zurück zu kehren. Auch Dworschak favorisiert dabei den gemeinsamen Weg mit dem OFC und würde "auch noch mal ein Jahr Regionalliga spielen, wenn die Entwicklung stimmt". Soll heißen? "Man muss sehen, dass der Verein in die zweite Liga will", sagt Dworschak.
Im Vorstand des OFC peilen sie dieses Ziel natürlich an. "Von der Struktur her gehören wir in die zweite Liga", meint Vizepräsident Thomas Kalt. Trotz eines erfolgreich angelaufenen TV-Modells - bis jetzt wurden Anteile in Höhe von 320 000 Euro ausgegeben - weiß Kalt aber auch, dass "es Probleme gibt, die jetzigen Strukturen aufrecht zu erhalten, wenn wir nicht aufsteigen". Die Chancen sind seit Freitag jedoch eher besser geworden. Und wenn Berndroths Spieler erst das Gelernte umsetzen dürfen, dürfte eine weitere Steigerung möglich sein.