Der Offenbacher Trainer Berndroth kann der ersten Niederlage einiges Positives abgewinnen
Die Kickers stehen sich beim 0:2 selbst im Wege
REGENSBURG. Der Bitte um ein Gespräch wollte Angelo Barletta zunächst nicht nachkommen. Er hat große Schmerzen, entschuldigte der Offenbacher Betreuer den Defensivspieler. In der Begegnung bei Jahn Regensburg, die für die Kickers mit einer 0:2-Niederlage endete, hatte der gegnerische Stürmer Michael Petry Barletta mit dem Ellbogen im Gesicht getroffen. Dabei zog sich der Offenbacher eine schwere Jochbeinprellung zu. Es war am achten Spieltag der Fußball-Regionalliga Süd aber nicht nur die schmerzhafte Verletzung, die bei Barletta großes Unbehagen ausgelöst hat. Nicht minder schmerzvoll war für ihn die Rote Karte, die er in der 71. Minute nach einer Tätlichkeit an Petry vom Schiedsrichter erhalten hatte. "Ich wollte ihm nur den Kopf tätscheln" sagte der Übeltäter. Nachdem die Fernsehbilder gezeigt hatten, daß sich der Offenbacher Defensivspieler gegen seinen stürmenden Kollegen aber einen Ellbogenstoß erlaubt hatte, sah er sein Vergehen ein. "Das war von mir amateurhaft. Ich verbaue mit alles." Jetzt sei er "erstmal weg", gab Barletta zu.
Immerhin kam der Regionalliga-Neuling noch einmal aus dem Mannschaftsbus und stand den Journalisten trotz der Negativerlebnisse Rede und Antwort. Nach der ersten Saisonniederlage der Kickers verspürte Ramon Berndroth großen Redebedarf. "Die vielen Kleinigkeiten merke ich mir". Sagte der OFC-Trainer unmittelbar nach Spielschluß. Berndroth störte nicht nur das offensichtliche Fehlverhalten von Barletta. "Man muß sich immer so benehmen, daß man erst gar nicht in den Verdacht kommt." Auch das Verhalten des unerfahrenen Liberos Dario Fossi - er suchte immer wieder das Streitgespräch mit dem Schiedsrichter - beobachtete Berndroth ungern. "Wir müssen die Liga respektieren. Dazu gehörenden auch die Unparteiischen. Der Auftritt von Fossi war ein Ausdruck von Überheblichkeit."" Daß die OFC-Akteure auf dem Platz kurz davor waren, sich gegenseitig zu beschimpfen, mißfiel dem Trainer der Kickers ebenfalls. "An großen Vorträgen auf dem Spielfeld hat es bei uns heute nicht gefehlt. Am Montag kriegen die Spieler aber einen Vortrag von mir zu hören"., kündigte Berndroth an.
Was die Offenbacher Spieler im Anschluß an die Begegnung zu sagen hatten, hörte sich gut an. Ihre Aussagen zeugten von Einsicht in die eigenen Fehler. "Die beiden Gegentore haben wir uns selbst reingeschossen". Sagte Kapitän Matthias Dworschak. Der Regensburger Führungstreffer durch Yildirim Ramazan nach 27 Minuten wurde durch die Unentschlossenheit der drei Offenbacher Incesu, Fossi und Torhüter Thier beim Abwehrversuch begünstigt. Gut eine halbe Stunde später war es dann Samir Naciri, mit dessen Hilfe Ramazan vor 4000 Zuschauern sein zweites Tor erzielen durfte. "Wir sind noch ein bißchen grün. Das hat man heute in bestimmten Situationen gemerkt", sagte Dworschak.
Im Jahnstadion hatte sich auch eine gewisse Disziplinlosigkeit bei den Kickers bemerkbar gemacht. Schiedsrichter Volker Raquet verteilte gleich fünf gelbe Karten an die OFC-Spieler. "Wir haben uns von der Unruhe anstecken lassen."
Als Grund dafür nannte der Offenbacher Kapitän die "Unerfahrenheit" der Mannschaft. "Wir haben uns heute viele Leichtsinns- und Flüchtigkeitsfehler geleistet", übte auch Stürmer Patrick Würll Selbstkritik. Der Erfahrung, im achten Spiel erstmals verloren zu haben, konnte Berndroth einiges abgewinnen. Er fühle sich fast wohl" und in dem bestätigt, "Was ich bislang immer gesagt habe. Wir stehen zufällig da oben - nicht wegen unseres Potentials." Der OFC-Trainer ist sich sicher, daß die Niederlage seine Mannschaft weiterbringt. Wir sind immerhin einer Spitzenmannschft unterlegen." Den Mut scheinen die Spieler angesichts des Mißerfolgs jedenfalls nicht verloren zu haben. "Wir haben den ersten Rückschlag. Die Niederlage wirft uns aber nicht um", sagte Würll.
Auch der Offenbacher Präsident Dieter Müller bewahrte nach Spielschluß die Haltung. "Es gibt Schlimmeres." Nur Thomas Kalt, der OFC-Vizepräsident, zeigte sich "ein bißchen verärgert". Allerdings schon vor dem Spitzenspiel, das die Erwartungen nicht erfüllen konnte. Die Hessen hatten die Idee, für 69 000 Mark im Monat sogenannte "kompakte Sponsorenpakete" zu verkaufen. Der Hauptsponsor hätte dann bis Saisonende monatlich gewechselt. "Wir hätten sehr schnell ein bis zwei Partner gefunden. Es hätte ein Selbstläufer werden und uns Einnahmen in Höhe von etwa 420 000Mark bescheren können". Sagte Kalt. Doch der Süddeutsche Fußballverband stimmte dem Vorhaben der Kickers nicht zu - zum Leidwesen des Vizepräsidenten. "Wenn man ein bißchen kreativ sein will, sagt der Verband nein."
(Von Jörg Daniels, FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG)
Jahn Regensburg - Kick. Offenbach 2:0 (1:0)
Jahn behielt mit dem 2:0 seine weiße Heimweste, der OFC musste die erste Saisonniederlage hinnehmen. Von Beginn an entwickelte sich eine chancenarme Partie, da sich beide Teams im Mittelfeld neutralisierten. Während bei den Gastgebern lediglich über die Achse Hanke-Gfreiter-Tölcseres etwas lief, setzte auf Offenbacher Seite Dworschak zumindest kämpferische Impulse. Und dennoch hatten die Gäste die größeren Möglichkeiten: Schindler verfehlte einen Becker-Freistoß (19.), Barletta scheiterte in der zweiten Hälfte frei stehend am glänzend reagierenden SSV-Keeper Zoll. Da allerdings hatte Ramazan Yildirim bereits zwei Mal zugeschlagen und Offenbachs Torhüter Thier so viele Tore kassiert wie in den vergangenen sieben Partien zusammen. Regensburg unterstrich somit den Status als offensivstärkstes Team im Süden und kletterte auf Rang zwei, Offenbach verlor nicht nur drei Punkte, sondern auch Barletta nach einer Tätlichkeit an Petry.
(Von Axel Heiber, KICKER-ONLINE)
Vorbericht OFC
Aufstellung: Thier - Fossi - Zitouni, Meyer - Becht, Dworschak, Naciri, Barletta, Becker - Würll, Schindler
Reserve: Keffel (Tor), Corrochano, Kagiouzis, Alderigi, Tonello, Incesu, Schulz, Brighache, Sarfo, Langen
Es fehlen: Binz (Meniskusein- und Außenbandanriss), Speth (Innenbandverletzung), Saridogan, Mager (beide im Aufbautraining)
Zum Spiel: Becker laboriert an einer Grippe. Sollte er am Samstag zu schwach sein, kehrt Alderigi nach seiner Sperre wieder in die Anfangself zurück.
(KICKER-ONLINE)
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