Schlusspfiff auf dem Bieberer Berg. Der Sieg ist den Offenbacher Kickers. Am neunten Spieltag der Regionalliga Süd gewinnen sie mit 2:1 gegen die Stuttgarter Kickers. Nichts Außergewöhnliches möchte man meinen. Doch die elf OFC-Kicker auf dem Feld reißen die Hände in die Höhe. Von der Bank eilen Trainer, Funktionäre und Auswechselspieler auf den Platz, um den siegreichen Kollegen zu gratulieren. Im Siegestaumel klatschen sich alle ab und umarmen sich. Die Menschentraube löst sich erst auf, als sich das Kollektiv vor dem Fan-Block aufreiht, um die Welle zu machen. Zeichen großer Erleichterung. "Ein Sieg von enorm hoher Bedeutung", sagt Ramon Berndroth später. Und der Trainer findet viele Gründe, warum dieser Erfolg so wichtig war.
Nach der ersten Saison-Niederlage gegen Jahn Regensburg galt es nämlich ein Signal zu setzen. Für die Pessimisten, die da glaubten, die Pleite sei der Anfang einer Talfahrt. "Der Gegenlauf hätte jetzt beginnen müssen. Aber wir haben sofort geantwortet", erklärt Berndroth. Dank einer konzentrierten Leistung verhinderten die Offenbacher ein neuerliches Negativerlebnis. Vornehmlich in der ersten Halbzeit ließen sie absolut nichts anbrennen.
Den anfänglichen Sturmlauf krönte Patrick Würll nach sieben Minuten mit dem Führungstreffer. Vorausgegangen war der wohl ansehnlichste Spielzug des OFC in der bisherigen Spielzeit. Dabei lief der Ball über die Stationen Tobias Schindler, Patrick Würll, ein Stuttgarter Bein, Matthias Dworschak und Samir Naciri. Allerdings versäumten es die Gastgeber den Vorsprung auszubauen. Erst ließen sie weitere Chancen ungenutzt, dann ließen sie sich von desolaten Gästen einlullen.
Berndroth sah andere Ursachen für die Verlagerung der Kräfteverhältnisse. So habe seine Mannschaft eine "starke offensive Komponente" gepflegt, die mit "viel Laufarbeit verbunden" gewesen sei. Ein Aufwand, der nicht über 90 Minuten zu betreiben sei. Erst recht nicht, wenn man berücksichtige, dass sich zahlreiche Spieler nicht in Vollbesitz ihrer Kräfte befanden. Manfred Binz setzte vorher fast drei Wochen aus. Lars Meyer, Mounir Zitouni und Thorsten Becht waren angeschlagen. Zudem stand Oscar Corrochano, dem nach langer Pause die Spielpraxis fehlte, in der Startformation. Ein Umstand, der Berndroth dazu veranlasste, den Erfolg nur noch höher zu bewerten.
Außerdem hob der Fußballlehrer die psychische Stärke seiner Mannschaft hervor. Zwei Rückschläge steckte sie weg. Zum einen, als sie direkt nach der Pause den Ausgleich hinnehmen musste. Dabei pennte die Hintermannschaft noch. Erst ging Matthias Becker an der Strafraumgrenze nicht mit zu einem Kopfballduell hoch und dann waren sich Lars Meyer und Cesar Thier nicht einig, wer den Ball aus der Gefahrenzone schlagen sollte, so dass Ivan Batista (47.) die Kugel zum Ausgleich ins Tor spitzeln konnte. Das erste Gegentor auf heimischen Terrain in dieser Spielzeit war damit perfekt.
Zum anderen mussten die Kickers das verletzungsbedingte Ausscheiden von Becker hinnehmen. Bei einem Foul des Dribbelkünstlers, der eine hervorragende Partie spielte, lief ihm Christian Kritzer mit vollem Tempo in das Kniegelenk. Schlimmste Befürchtungen kamen auf, weil der Offenbacher bei dieser Aktion mit den Stollen im Rasen hängen blieb. Doch zur Erleichterung hielten die Bänder des Offensivspielers. Ein Bluterguss im Knie wird ihn jedoch zu einer zwei- bis vierwöchigen Ruhephase zwingen.
Dass sich die Offenbacher nicht mit einem Punkt begnügten lag an Samir Naciri. Erst traf der Spielmacher (68.) aus Abseitsposition, sein zweiter Treffer (82.) fand jedoch Anerkennung. Deswegen durfte Berndroth anschließend auch sagen: "Ich sehe das Ganze ergebnisorientiert."