René Keffel und das Pech mit Dragoslav Stepanovic
Offenbach - An die Worte Dragoslav Stepanovics erinnert sich René Keffel noch ganz genau. Damals teilte der Ex-OFC-Trainer dem Torwart im besten Serbo-Hessisch mit: "Weißt Du, Ren´e, habe ich geglaubt, du bringst uns Glück. Hast eben kein Glück gebracht, deswegen spielt jetzt wieder Cesar." Damals, das war am 13. August 2000, hatte Kickers Offenbach gerade 2:3 bei den Amateuren des FC Bayern München verloren. Keffel spielte, weil Stepanovic mit dem Namen der Nummer eins seines Vorgängers Peter Neururer - eben Cesar Thier - nichts anzufangen wusste. "Und Keffel ist hier am Bieberer Berg ein Gott."
Hinter den Worten von Übergangstrainer Stepanovic steckte wenig Substanz, Konsequenz für Keffel: Ihm blieben nur der eine Pflichtspieleinsatz, viele Freundschaftsbegegnungen (im OFC-Spieler-Jargon wegen der Dienstagtermine ironisch Champions League genannt) und langes Warten. Bis zum Mittwoch, dem 2:0 gegen die TSG Hoffenheim. Die OFC-Fans begrüßten Keffel ebenso laut wie sie ihn verabschiedeten: Die zehn Monate auf der Ersatzbank schadeten seiner Beliebtheit nicht. Keffels Aufstellung gegen Hoffenheim war überraschend - auch für ihn. "Es war fair von Cesar, vor dem Warmmachen zu sagen, dass es nicht geht. So konnte ich mich in Ruhe vorbereiten." Thier konnte nicht, weil er sich einen Nerv im Nacken eingeklammt hatte. Kopf drehen - unmöglich. Schulter belasten - nicht drin. Schlechteste Voraussetzungen für den Torwart, der in den zehn Spielen zuvor nur fünf Gegentore kassierte. Eine Quote, die OFC-Trainer Ramon Berndroth natürlich nicht bewog, über einen Wechsel auf der Torwartposition nachzudenken. Auch jetzt nicht. Eigentlich. Denn morgen in München - wieder bei den Bayern-Amateuren (13.30 Uhr) - wird wohl Keffel spielen. Nicht wegen seiner fehlerfreien Leistung gegen Hoffenheim, sondern damit Thier seine Entzündung im Handgelenk kuriert, die ihn seit Wochen plagt. Und was wäre gegen Hoffenheim gewesen, wenn Keffel sich verletzt hätte? "Das habe ich habe Cesar auch gefragt. Und er hat trotz seiner Schmerzen geantwortet: Dann geh ich rein, egal, was passiert." In dieser Einstellung sieht der Trainer die Stärken seiner Torleute, von denen Keffel nach dem Hoffenheim-Spiel davon ausging, in München wieder auf der Bank zu sitzen und Thier glaubt, in München zu spielen. Gestern, im Vormittagstraining, stand Thier wieder zwischen den Pfosten - Keffel aber auch. Zwar hat Berndroth nie Zweifel an seiner Hierarchie aufkommen lassen - Thier Stammkeeper, Keffel Ersatz - doch tendiert er dazu, Thier erneut eine Pause zu gönnen. "Einen Bruch im Spiel wird es dadurch nicht geben." Heißt weitergedacht nichts anderes als: Danach spielt Thier wieder.
Weil Keffel um die Rollenverteilung weiß, genießt er jeden Augenblick: die Rufe der Fans, die Welle mit den Mitspielern, erneuter Besuch der Zuschauer in Block zwei, Dank für die Gratulationen, Abklatschen. Die Mitspieler in der Kabine, Trainer - alle müssen eben ein wenig warten. Denn da genießt einer, der selbst lange warten musste. Knieverletzung im August 1999, dem ersten Heimspiel der Kickers gegen Nürnberg nach dem Zweitligaaufstieg. Monatelange Pause. Verpflichtung von Goran Curko, der gesetzt ist. Abstieg. Curko geht, Thier kommt aus Fulda. Wieder hat Keffel das Nachsehen. Berndroth lobt das professionelle Verhalten der beiden. Keffel und Thier sind Kollegen, aber auch Konkurrenten. Beliebt sind beide bei den Kickers-Fans.
Ramon Berndroth nennt René Keffel "einen der letzten Helden von Osnabrück". Doch das 2:1 und der Aufstieg in die Zweite Liga sind längst Vergangenheit. Damals, im Juni 1999, war Keffel die Nummer eins bei Kickers Offenbach. Heute steht die Eins nur auf seinem Trikot. Was bringt die Zukunft? Solange wie er spielt kein anderer beim OFC - im 14. Jahr jetzt. Ende der Saison läuft der Vertrag des 31-Jährigen aus, er möchte spielen, "solange es die Gesundheit zulässt, am liebsten beim OFC". Und was will der Verein? Die Kickers denken darüber nach, Keffel noch stärker in die Jugendarbeit einzubinden und so eine der Identifikationsfiguren der neuen Geschichte zu halten.
(Von Martin Batzel, OFFENBACH-POST)
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