München - Fußballer sind abergläubisch, Torhüter da keine Ausnahme. Wenn einer zudem in ein Stadion zurückkehrt, in dem er im Jahr zuvor drei Treffer kassierte, ändert das daran nichts. Auch nicht, wenn er drei Tage vor der Rückkehr ins ungeliebte Stadion nach fast zwölf Monaten Pflichtspielpause kein Gegentor kassierte und seine Mannschaft 2:0 gewann. Deswegen war die Bemerkung von Kickers-Vizepräsident Edgar Old, ob Ren´e Keffel "denn auch die 'Zu-Null-Handschuhe' von Hoffenheim" angezogen habe, rhetorisch.
Die Antwort gab es während 92 Minuten im Stadion an der Grünwalder Straße. 45 Minuten lang, in der ersten Halbzeit, hatte Keffel die besagten Handschuhe an. Der OFC führte gegen de Amateure des FC Bayern München mit 1:0. In der Halbzeitpause, beim Gang aus der Kabine, müssen sie aber ihren Zauber verloren haben. Kickers Offenbach und Keffel kassierten vier Gegentore. So viele wie seit der Vorbereitungsphase nicht mehr. Im Sommer gab es vier vom VfB Lübeck, in der Regionalliga Süd eine änliche deftige Niederlage zuletzt mit dem 0:5 am 11. November 2000 bei Wacker Burghausen. Im Kickers-Tor stand damals Cesar Thier. Der saß am Samstag in München nur auf der Bank, sollte seine Entzündung im Handgelenk kurieren, Keffel ihn vertreten. Eine Halbzeit erledigte er die Aufgabe souverän, war aber da, wenn's nötig war, wie in der 36. Minute, als Stephan Kling und Zvjozdan Misimovic die Kickers-Abwehr mit einem einfachen Doppelpass ausspielten und Keffel mit Fußabwehr rettete. Sechs Minuten später führte Offenbach 1:0. Thorsten Becht wurde bei seinem Solo auf der rechten Seite nicht gestoppt, Kling schaute zu, Oscar Corrochano nahm den Flachpass auf und traf zur Führung.
Halbzeitpfiff. Auf dem Weg in die Kabine schnappte sich OFC-Trainer Ramon Berndroth Matthias Dworschak und erläuterte, wo seiner Meinung nach die wenigen Fehler waren. In der Kabine dann war es still. Berndroth: "Ich wusste nicht, was ich kritisieren sollte, so sehr haben wir das Spiel dominiert." Die Mannschaft sah es ähnlich. Kickers-Manndecker Mounir Zitouni: "Wir haben gedacht, das geht so weiter. Wir führen 1:0, kriegen kein Tor. Wie immer halt." Es kam anders und Kickers zu vier Gegentoren in einem Spiel, nachdem es zuvor nur fünf in elf Begegnungen waren. Die Mannschaft mit der besten Abwehr der Liga brach ein, der Nachwuchs des FC Bayern profitierte von den Fehlern des Gegners.
Der Fehler zum 1:1 (54.): Keffel missglückt ein Abschlag, der Ball fällt dem Gegner vor die Füße. Lars Meyer verlor den Zweikampf mit Markus Feulner, Querpass, der Ex-Internationale Hansi Pflügler drückte ein.
Der Fehler zum 2:1 (60.): Steffen Hofmann brachte einen Eckball kurz ins Spiel, die OFC-Abwehr rechnete mit einer Flanke, Feulner schoss, Meyer fälscht ins eigene Tor ab.
Der Fehler zum 3:1 (77.): München clever, führt einen Freistoß nicht nur schnell aus, sondern verlegte den Tatort auch noch um einige Meter nach vorn. Alles aber im Ermessensspielraum des Unparteiischen, wie Ex-Schiedsrichter Manfred Amarell erklärte. Proteste der Kickers zwecklos, Philip Lahm lief los, Angelo Barletta hinterher, Keffel aus seinem Tor heraus, sie störten sich gegenseitig, Florian Heller staubte ab.
Der Fehler zum 4:1 (82.): Hofmann wurde 19 Meter vor dem OFC-Tor nicht angegriffen, die komplette Kickers-Defensive stand auf einer Linie, Keffel vor seinem Tor und sah dem Heber hinterher.
Vier Gegentore dabei hätten es mehr werden können. Keffel wehrte bei einem direkten Freistoß den Ball gerade noch ab, der an der schlecht postierten Mauer vorbeiflog (67.). In der 74. Minute parierte der Torwart mit einem Reflex den Kopfball von Florian Heller. Wieder schlief die OFC-Abwehr nach einem ruhenden Ball. Hofmann hatte den Freistoß getreten. Vier Minuten später blockte Meyer den Schuss von Feulner zur Ecke ab.
München gelang nach der Pause alles, Kickers nichts. Das war der Unterschied, den keiner so recht erklären konnte. Münchens Trainer Hermann Gerland war es ob des Ergebnisses gleich, er feiert die Feste mit den jungen Münchnern, wie sie kommen. Am Samstag erst ausgiebig das 4:1 gegen Offenbach, gestern dann der Abschluss des Oktoberfestes auf der Wiesn. Für die Münchner war's am Wochenende fast wie im Himmel.