Offenbach Wann gab es das zuletzt am Bieberer Berg: die Welle eine Viertelstunde vor Abpfiff? In der Regionalliga-Saison unter Druck, gaben die Kickers beim 3:1 in der ersten DFB-Pokal-Runde gegen den Karlsruher SC "die richtige Antwort auf die teilweise vernichtende Kritik der vergangenen Wochen" (Kapitän Matthias Dworschak).
Kämpfen, rennen, dazu das von Trainer Ramon Berndroth während der Woche erstellte "neue Konzept der kompakten Offensive" geht auf gegen einen Zweitligisten in Abstiegsform. Karlsruhe führt zwar nach 55 Sekunden 1:0 - na und? Fehler Bachir Kaba (ihm verspringt der Ball), Fehler Dexter Langen, Flanke Moritz Hoeft, Stürmer-Fuchs Bruno Labbadia mit dem Kopf vor Manndecker-Neuling Angelo Barletta am Ball - Rückstand am Bieberer Berg. Egal! Abputzen, weiter geht's, gibt Berndroth seinen Spielern mit auf dem Weg in die verbleiben den 44 Minuten der ersten Halbzeit. Der Trainer glaubt an den Erfolg, "für eine Niederlage fiel das Tor zu früh". Erste Warnung für den KSC ein Freistoß von Patrick Falk (7.). Antwort Karlsruhe: Flanke Charles Haffner, Kopfball Aydin Cetin (13.) - sonst nichts. Die Kickers spüren: Die Badener sind schlagbar, unsicher, wenn sie unter Druck geraten, ohne System beim Spielaufbau.
Offenbach will Wiedergutmachung - und wer spricht nach dem 3:1 noch vom 1:3 bei Kickers Stuttgart? Freistoß Samir Naciri, Falk steht ungedeckt (23.). Aber der OFC zeigt auch Schwächen, das Trainerduo Berndroth/Michael Dämgen bessert vom Spielfeldrand aus nach. Einen Taktik-Schnellkurs bekommt Becht-Ersatz Fouad Brighache auf Rechtsaußen. Die "kompakte Offensive" funktioniert noch nicht, wie Berndroth sich wünscht. Die großen Lücken zwischen Mittelfeld und Angriff bedeuten Schwerstarbeit für Dworschak. 37. Minute, Nazir Saridogan führt den Ball eng am Fuß, eine Drehung, Anspiel auf Dworschak, Marco Grimm legt den Kickers-Kapitän. Falk verwandelt, der "OFC ist wieder da" (Fans auf der Waldemar-Klein-Tribüne). Spätestens jetzt ist Stuttgart vergessen, der Pokalkampf beginnt. Offenbach wird frech. Ob Zweitligist Karlsruhe oder Bezirksoberligist FC Rödelheim macht für Dexter Langen keinen Unterschied - wie im Testspiel lässt er auch im Pokal vier Gegner aussteigen, KSC-Keeper Thomas Walter lenkt zur Ecke (41.). Offenbach in Euphorie, Karlsruhe abgeklärt - Flanke Haffner, Labbadia-Kopfball, Cesar Thier schaut dem Ball hinterher - Pfosten (42.). Der Weckruf für die Kickers, ihre Fans sind schon lange munter, haben den Lautstärken-Vergleich mit den befreundeten KSC-Anhängern angenommen (und gewonnen). Die Wechselwirkung von Unterstützung von den Rängen und Leistung auf dem Spielfeld funktioniert beim Pokal-Fight. Stimmungsfaktor Bieberer Berg, die Fans sind der 12. Mann. Naciri auf Falk, Walter greift zu. Halbzeitpfiff, begleitet von Beifall gehen die Kickers in die Kabine.
Seitenwechsel, Schrecksekunde: Falk fällt auf die linke Schulter, wird behandelt, sechs Minuten später muss er raus, Christian Knappmann kommt. Und sonst: Die 6000 sehen nur Offenbach! Naciri quer zu Knappmann, der verpasst (70.). 87.: Freistoß Kagiouzis, Walter vor Knappmann. 90.: Erste Ecke für den KSC, Kaba klärt nach Haffner-Solo.
Verlängerung. Offenbach gibt alles, Karlsruhe hat nichts, die KSC-Fans dafür "die Schanuzen voll". Naciri kann nicht mehr, ihn plagen Krämpfe. Seine letzte gute Tat ist die Verlängerung des Barletta-Anspiels zu Mounir Zitouni, der auf Knappmann. Der Stürmer stoppt mit der Brust, weiter zu Dworschak, quer zu Kagiouzis - 2:1 (100.). Der schönste Spielzug der Kickers in dieser Saison. Nach 107 Minuten feieren die Fans "Karneval in Bieber", nach 111 gibt Naciri auf. Zehn Kickers gegen elf Karlsruher - na und? Körperdrehung Knappmann, wieder Walter (116.). Die Entscheidung: Christian Müller stürmt in den Strafraum, Mario Eggimann langt hin, Elfmeter. 3:1 Kagiouzis (120.).
Kickers Offenbach: Thier - Zitouni - Kaba, Barletta - Brighache, Dworschak, Langen - Naciri, Falk (69. Knappmann) - Petry (78. Kagiouzis), Saridogan (64. Müller).
Karlsruher SC: Walter - Grimm (104. Fritz), Waterink, Eggimann, Melkam - Rothenbach (87. Graf), Cetin, Engelhardt, Haffner - Hoeft (76. Saenco), Labbadia.
Tore: 0:1 (1.) Labbadia, 1:1 Falk (37, Foulelfmeter), 2:1 Kagiouzis (100.), 3:1 Kagiouzis (120., Foulelfmeter) - Zuschauer: 6000 - Schiedsrichter: Brych (München) - Gelb: Falk, Brighache / Eggimann, Cetin, Waterink