Boysen beklagt grausame Fehler
Kickers beim 2:4 ohne Chance gegen SSV Ulm
Keine Frage: Der SSV Ulm gewann das Spitzenspiel der Fußball-Regionalliga Süd
völlig verdient mit 4:2 (1:0) Toren gegen die Offenbacher Kickers und präsentierte
sich als würdiger Tabellenführer. OFC-Traiper Hans-Jürgen Boysen gab anerkennend zu:
„Ein Meilenstein für die Ulmer; der SSV wird ein verdienter Meister werden.“ Boysen
schränkte aber auch ein: „Das waren grausame individuelle Fehler, die zu unserer
Niederlage führten.
“Boysen veränderte seine erfolgreiche Elf vom 5:1 gegen Neukirchen auf zwei Positionen.
Kapitän Oliver Roth und Alexander Methfessel mußten auf der Bank Platz nehmen. Mit
nur einer Sturmspitze Dirk Vollmar und drei offensiven Mittelfeldspielern dahinter
(Speth, Winter, Simon) sollte Ulms Viererkette in Verlegenheit gebracht werden. Oli
Roth zu seiner Nichtnominierung: „Wer mich kennt, weiß, wie es in mir brodelt.
“Der SSV Ulm demonstrierte nach kurzem Abtasten eindrucksvoll seine Heimstärke. Die
Schützlinge von Trainer Ralf Rangnick, der auf sechs Stammspieler verzichten mußte,
attackierten früh. Jeder ballführende Offenbacher wurde sofort von zwei, drei Gegenspielern
„gestellt“. Dies provozierte viele Fehler bei den unsicher wirkenden und zweikampfschwachen
Offenbachern, so daß kein Spielfluß nach vorne zustande kam. Zumal von Vollmar
„keine Impulse ausgingen“, wie Boysen sagte.
Frank Kastner, der einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte, verursachte mit einem
unnötigen Foul kurz vor der Strafraumgrenze, für die er auch noch die Gelbe Karte
sah, die Ulmer Führung. Torjäger Dragan Trkulja traf genau durch die Lücke in der
Offenbacher Mauer zum 1:0. Boysen sauer: „Ich hatte vor Fouls in Strafraumnähe
wegen Trkuljas gefährlichen Freistößen gewarnt.“ Bis auf zwei Steilpässe, die der
wie ein Libero mitspielende Laux ablief, brachten die Kickers keine nennenswerte
Aktion vor dem Ulmer Tor bis zum Seitenwechsel zustande. Dagegen kamen die Platzherren
immer wieder über die rechte Angriffsseite gefährlich vor das Tor.
Auch nach der Pause änderte sich zunächst nichts. Nach Kastners Ballverlust im
Mittelfeld schoß Trkulja knapp vorbei. Kurz darauf dribbelte Libero Stefan Dolzer,
ließ sich von Rösler den Ball abluchsen, der setzte sofort Trkulja ein, der mit
einem Aufsetzer aus 22 Metern Keffel keine Chance ließ. Erst jetzt wurden die
Kickers nach dem Doppelwechsel (Methfessel und Roth kamen) bissiger. Einen Kopfball
von Simon aus fünf Metern wehrte Laux großartig mit einer Hand ab. Fast im Gegenzug
war die Kickers-Abwehr völlig offen, als Ulms Maier rechts durchlief und Rösler
bediente, der keine Mühe hatte, zum 3:0 einzuschießen.
Aber die Kickers steckten nie auf. Simon machte es in der 71. Minute besser und
verkürzte aus fünf Metern zum 1:3. Der Aufwind hielt aber nur drei Minuten an.
Keffel lenkte einen haltbaren Trkulja-Freistoß (unnötiges Dolzer-Foul mit Gelber
Karte) an den Innenpfosten, von wo der Ball die Torlinie zum 4:1 überquerte. Aber
auch Laux verhalf mit einem Patzer den Kickers zum 4:2-Endstand, als er Damas
verunglückte Flanke ins eigene Tor boxte. Keffel verhinderte mit zwei Glanzparaden
gegen Trkulja sogar ein Debakel.
„Aus dem Spiel heraus hatte ich keine Angst vor Gegentoren, nur aus Standardsituationen“,
gab Boysen zu. „Das 0:1 war zu korrigieren, dann aber kam der brutale Fehler von
Dolzer. Die Leute, die auf Platz eins hofften, sind nun erst einmal ruhig gestellt.“
(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 09.03.98)
Gramminger: „Das war eine deprimierende Niederlage“
Oliver Roth: „Die Meisterschaft können wir ad acta legen“
Mit gesenkten Köpfen gingen die Spieler der Offenbacher Kickers vom Rasen des
Ulmer Donaustadions. Vor allem für Bernd Gramminger, nach Oliver Roths Nichtnominierung
zum Mannschaftskapitän erkoren, war „die Niederlage deprimierend“, denn sein
Gegenspieler Trkulja hatte drei Tore (Saisontore 14, 15, 16) erzielt, an denen
Gramminger, der als einziger Kickers-Akteur an diesem Tag Normalform brachte,
völlig schuldlos war. Zweimal traf Trkulja mit Freistößen, einmal war Gramminger
„schon in der Vorwärtsbewegung, als Dolzer den Ball verlor und danach Trkulja
völlig frei stand“. Gramminger gab aber zu: „Ulm war einen Tick besser. Heute sind
wir an uns selbst gescheitert, wir haben zu viele individuelle Fehler gemacht, waren
zweikampfschwächer. Nach dem 1:3 kam nochmal Hoffnung auf. Auf dem Bieberer Berg
hätten wir das Spiel nochmal kippen können. Wir dürfen jetzt den Kopf nicht hängenlassen,
sondern müssen ihn frei kriegen.“
So sieht es auch Thomas Winter: „Wir können uns nicht mit Ulm messen. Nach dem 0:1
ist der Faden gerissen. Wir wollten mit langen Bällen operieren, das ist nicht so
aufgegangen. Wir müssen nun die nötigen Punkte holen, um mit Fulda mithalten zu
können. Platz zwei ist noch erreichbar. Mein persönliches Ziel ist die 2. Bundesliga.“
Für Oliver Roth war „das 2:0 der Knackpunkt. Bis heute hatten wir die beste
Regionalliga-Abwehr... Es war aber egal, ob wir 0:1 oder 2:4 verloren hätten. Die
Meisterschaft können wir nun ad acta legen, das war sowieso eher eine Belastung.
Wir konzentrieren uns nun darauf, im nächsten Auswärtsspiel besser dazustehen.
Platz zwei ist noch machbar.“
Trainer Hans-Jürgen Boysen blickt ebenfalls nach vorn: „Auch wenn die Niederlage
weh tat, von einem Rückschlag will ich nicht sprechen. Wir werden abwarten, wie
sich das nächste Spiel entwickelt. Wir haben gezeigt, daß wir in der Lage sind,
Niederlagen wegzustecken.“ Für Alexander Methfessel ist „auch nach diesem Rückschlag
noch nichts verloren“. Stefan Simon traf den Nagel auf den Kopf: „Dumm verloren.“
(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 09.03.98)
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