Spielbericht vom 12.04.98 |
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Diese Niederlage tut richtig weh Kickers verschenken vor 18000 Zuschauern nach 2:0-Führung Derbysieg gegen Darmstadt Am Sonntag, um 22.11 Uhr, war Ostern für die Anhänger der Offenbacher Kickers „versaut“. „Ausgerechnet im Derby. Es tut uns allen unheimlich leid“, ahnte Kickers-Kapitän Oliver Roth, welche Schmerzen und Wunden die 2:3-Niederlage der Kickers gegen den SV Darmstadt 98 nicht nur in Block 2 geschlagen hatte. „Es war eine Niederlage, die sehr, sehr weh tut“, versuchte auch Trainer Hans-Jürgen Boysen gar nicht erst, seine Gefühlslage zu verbergen. „Die Stimmung ist tot. Alle sind fix und fertig“, sagte der verletzte Libero Stefan Dolzer, als er aus der Kabine kam. Niemals in den letzten 15 Monaten war die Stimmung auf dem Bieberer Berg so gedrückt wie am Sonntagabend. Fassungslos mußten die etwa 15000 Kickers-Sympathisanten unter den 18000 Zuschauern mitansehen, wie die Darmstädter Spieler mit dem kollektiven Diver vor ihrer Fankurve den sechsten Sieg im 36. Derby seit 1950 feierten. Dabei waren die Lilien nach 33 Spielminuten eigentlich schon „gepflückt“. „Die sind mausetot. Die werden abgeschossen“, unkte ein Tribünenbesucher, als die Darmstädter Abwehr von einer Verlegenheit in die andere wankte. „Wir haben die doch an die Wand gespielt“, meinte Kapitän Roth. 2:0 führten die Kickers, dominierten nach Belieben. Die offensive Variante von Trainer Boysen - nur ein Manndecker, dafür Überzahl im Mittelfeld hatte den Kickers eine der besten Halbzeiten dieser Saison beschert. Die glückseligen OFC-Fans skandierten bereits „Buchmann raus“, als der erfahrenste und älteste Fußball-Lehrer in den vier deutschen Regionalligen mit dem Isländer Torben Hjermitslev seinen Joker zog, der schon nach 30 Sekunden stach. Doch der Glücksgriff allein hätte diese Partie nicht gekippt. Nein, es waren die Kickers, die in fröhlicher Osterlaune den bieder mitspielenden Gästen drei Punkte mit auf den Heimweg gaben. „Abgebrühtheit und Cleverneß waren nicht vorhanden. Wir müssen noch sehr, sehr viel lernen“, haderte Boysen mit seiner Defensivabteilung, die in sechs Spielen 13 Gegentore kassierte. „Darmstadt hat unsere Nachlässigkeiten brutal bestraft.“ Wieder ein Freistoß-Tor von den letzten zwölf Gegentoren fielen acht nach Standardsituationen –, ein Mißverständnis der Herren Keffel und Maier (Bleib weg, ich laß ihn auch durch), und auch beim 2:3 fehlte in der Abwehr die Entschlossenheit – schon war Platz zwei verschenkt ! Nur vorläufig oder sind die Kickers jetzt endgültig aus dem Rennen ? Nach der vierten Niederlage in den letzten sechs Spielen mehren sich die Zweifel, daß die Kickers Platz zwei noch erreichen können. Seit der 2:4-Niederlage in Ulm wird aus Kampf immer öfter Krampf. Im Mittelfeld fehlt die ordnende Hand. Alle Umstellungen des Trainerduos fruchten nichts. Alle taktischen Überraschungen (Pausen für Roth und Dolzer, Meyer für Giersch, neue Mittelfeldordnung) verpuffen wirkungslos, verstärken scheinbar noch die Unsicherheit. Die Neuzugänge Winter und Vollmar konnten den Erwartungen nur in kurzen Momentaufnahmen gerecht werden und sind derzeit keine Verstärkung. Seit Sonntag ist die Ausgangslage neu. Die Kickers können es nicht mehr aus eigener Kraft schaffen. Fulda ist noch einzuholen. Aber Reutlingen nicht mehr. Die Kickers brauchen also auf dem Weg in die 2. Bundesliga Schützenhilfe. Ist der Druck, kurz vor dem großen Ziel, für den Neuling zu groß ? „Vielleicht haben einige Spieler Angst, man könnte mehr erreichen. Vergeßt doch nicht, daß wir ein Neuling sind und noch keine Spitzenmannschaft“, appelliert Bernd Gramminger an Fans und Umfeld. „Wahrscheinlich ist es eine Kopfsache“, glaubt Libero Stefan Dolzer, daß die neue Konstellation („Früher wollten wir einen Punkt holen, jetzt müssen wir gewinnen“) vielleicht zu schwer auf den Schultern der Spieler lastet. Die Parallelen zur l. und 2. Bundesliga: Bundesliga-Aufsteiger Kaiserslautern spielt zwei Drittel der Saison locker auf, setzt sich ab, zeigt plötzlich Nerven und verspielt den Vorsprung. In der 2. Bundesliga stürmt der Neuling 1. FC Nürnberg unbekümmert auf Platz eins, doch kurz vor Saisonende flattern auch beim „Club“ die Nerven. Nur ein Sieg in den letzten vier Spielen. „Wir dürfen jetzt nur von Spiel zu Spiel denken. Schließlich haben wir noch eine Minimalchance“, will sich Michael Hartmann gar nicht erst auf Hochrechnungen einlassen. Klar ist aber, so leicht wie in dieser Saison wird es nächste Runde nicht mehr. Dann haben die Kickers diesen Erfolgsdruck vom ersten Spieltag an. (Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 14.04.98) |
Kickers Offenbach | SV Darmstadt 98 |
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Keffel, Dolzer (46. Koutsoliakos), Gramminger, Maier, Methfessel, Hartmann (68. Speth), Kastner, Simon, Dama (57. Vollmar), Winter, Roth. | Kresic, Reljic, Leifermann, Kowalewski, Becht, Woelki, Dewitz (37. Hjermitslev), Schmidt, Krinke (81. Kolb), Lang, Ottiji. |
Schiedsrichter | Tore | Gelbe Karten | Gelb-Rote Karten | Rote Karten | Zuschauer |
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Perl (München) | 1:0 Roth (21.), 2:0 Maier (33.), 2:1 Hjermitslev (38.), 2:2 Ottiji (43.), 2:3 Woelki (60.) | Kastner (OFC) / Reljic, Dewitz, Hjermitslev (Darmstadt) | - | - | 18000 |