Regionalliga-Süd Saison'97/98


Spielpaarung:

SV Wacker Burghausen - Kickers Offenbach
Endergebnis: 1:0 (1:0)

Spielberichte vom 16.05.98
Himmelfahrts-Kommando für OFC
Kickers müssen nach 0:1-Niederlage in Burghausen Endspiel um Platz zwei gegen Fulda gewinnen

Die Ulmer Spatzen sind den Kickers davongeflattert. Die Meisterschaft in der Regionalliga Süd ist entschieden. Dem SSV Ulm genügte am Samstag ein 0:0 beim SV Wehen für die Meisterschaft und den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Die Ulmer profitierten dabei von der 0:1-Niederlage der Offenbacher Kickers beim SV Wacker Burghausen. Mit dem 2:0-Sieg gegen den VfR Mannheim zog Borussia Fulda am OFC vorbei auf Platz zwei.

Die Konstellation vor dem letzten Spieltag: Der Sieger des Endspiels Kickers Offenbach gegen Borussia Fulda ist in jedem Fall Tabellenzweiter und nimmt an der Aufstiegsrunde teil. Vielleicht gibt es mit dem SSV Reutlingen einen lachenden Dritten, der aber als Zweiter Tränen der Enttäuschung vergießen wird. Bei einem Unentschieden ist Fulda nur dann Zweiter, wenn Reutlingen beim VfR Mannheim nicht gewinnt. Nun könnte Fulda zwar per Telefon ständig über den Spielstand in Mannheim informiert werden und eventuell auf ein Unentschieden taktieren. Doch das wäre ein zu gewagtes Spiel. Deshalb müssen beide Aufstiegsaspiranten an Himmelfahrt (Vatertag) auf Sieg spielen.

Wird Reutlingen Zweiter, darf der Verein zwar an der Aufstiegsrunde teilnehmen; aber nicht aufsteigen, weil beim DFB keine Lizenz beantragt wurde. Weil es ein Dreikampf um Platz zwei wird, kann das Spiel in Offenbach auch nicht verlegt werden. Alle Spiele werden am Donnerstag zeitgleich, um 16.00 Uhr, angepfiffen.

Fix und fertig mit Nerven und Kräften lagen die Offenbacher Spieler am Samstag um 16.15 Uhr langgestreckt auf dem Rasen in Burghausen. Der Schlußpfiff von Schiedsrichter Kammerer hatte den Kampf um Platz eins beendet und gleichzeitig ein neues Kapitel der Fortsetzungsserie „Endspiele mit Kickers Offenbach“ eingeläutet. Die riesigen Erwartungen von Fans, Verantwortlichen und Spielern wurden zu Füßen der längsten Burg Europas (über 1000 Meter) bei weitem nicht erfüllt. Zu stark: präsentierten sich die Niederbayern. Gegen die kompakte Abwehr erspielten sich die Kickers nur in der Anfangsphase einige Möglichkeiten. Simon und Winter hatten Pech, als ihre Schüsse (9.) nacheinander auf der Torlinie abgeblockt wurden. Einen Kopfball von Roth klärte Theres ebenfalls noch auf der Torlinie (29.). „Die erste Halbzeit war recht ordentlich“, meinte OFC-Trainer Hans-Jürgen Boysen, obwohl seine Mannschaft bereits 0:1 zurücklag. Nachdem Theres und Asbeck mit Freistoß und Nachschuß nur den Innenpfosten getroffen (35.) hatten, machte Rudi Collins den siebten Heimsieg in Folge perfekt. Der ehemalige Viernheimer war letzte Station eines schnellen Konters, bei dem Stutz mit 40m-Paß die OFC-Abwehr ausgehebelt hatte und Berger einen Stellungsfehler von Dama zur entscheidenden Flanke nutzte. „Collins war zu schnell“, meinte Gegenspieler Giersch, der einen Schritt zu spät kam, ansonsten, aber den Torjäger ebenso sicher im Griff hatte, wie Gramminger Asbeck. Daß die Hausherren nach der Pause dennoch eine Vielzahl von Möglichkeiten hatten, lag am Offenbacher Offensivdrang, der natürlich Freiräume für Konter schuf.

Dreimal hatten die Kickers zuletzt 0:1-Rückstände in Siege umgewandelt. In Burghausen fehlten dazu die spielerischen Mittel. Auch kämpferisch konnten die Kickers sich bei allem Einsatz keinen entscheidenden Vorteil erarbeiten, zumal einige Spieler seit Wochen mit Blessuren zu kämpfen haben. „Wir haben uns aufgerieben und alles gegeben, aber der Sieg für Burghausen geht in Ordnung“, monierte Boysen die Harmlosigkeit seiner Offensivabteilung („Uns hat die Durchschlagskraft gefehlt“).

War der Frust unmittelbar nach dem Spiel bei den rund 2500 mitgereisten Kickers-fans (siehe Bericht im Lokalteil) und den Spielern (Kapitän Roth: „Ich sag’ gar nichts zu dem Spiel“) deutlich zu spüren, so machte sich auf dem Rückflug die Erkenntnis breit, daß sich an der Situation nichts geändert hat. Auch bei einem Unentschieden in Burghausen hätte der OFC gegen Fulda gewinnen müssen.

„Wir haben in Burghausen nur um Platz eins gespielt. Am Donnerstag ist unser Endspiel um Platz zwei“, meinte OFC-Vizepräsident Wilfried Kohls. Auch Trainer Boysen appellierte bereits auf der Heimreise an die Spieler: „Es gibt keinen Grund, ein langes Gesicht zu machen oder Selbsttzweifel zu verfallen.“ Am Sonntag begann mit einer Trainingseinheit (Boysen: „Eine Pause können wir uns jetzt nicht gönnen“) die Vorbereitung auf Fulda. „Ich bin der festen Überzeugung, daß wir es schaffen. Wir haben die beste Ausgangsposition“, glaubt Boysen und liefert die Begründung gleich nach. „Der Heimvorteil mit 22000 Zuschauern im ausverkauften Stadion.“ Aber das Gesetz der Serie spricht gegen den OFC. Wenn die Kickers in den letzten 18 Monaten verloren haben, dann immer zweimal hintereinander.

(Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 18.05.98)

 

Fankultur auf Auswärtstour
Im Kickersexpress bis nach Burghausen

Offenbach Hauptbahnhof, Samstag, halb acht in der Früh: Steigt ein, wenn ihr Kickers seid! So an die 700 sind wir, rot und weiß gewandet, die den Sonderzug nach Burghausen entern: unseren OFC zu unterstützen im letzten, im entferntesten Auswärtsspiel der Sensationssaison. Schon bevor es mit bahnüblicher Verspätung losgeht, wird es laut. Unser Lieblingsbrüller der Rückrunde: „Auf geht's, Kickers, schießt ein Tooor!“

Die werden schauen da unten in Oberbayern. So viele Gäste trotz so weiter Wege, das mag in Erster oder Zweiter Liga normal sein; die älteren von uns erinnern sich gut. Doch in der Dritten hat das noch kein Verein aufs Gleis gebracht.

Damit die 500 Bahnkilometer nicht zur Durststrecke werden, ist vorgesorgt. Dosennaß wird bis unter die Waggondecke gestapelt, viel Flüssigverpflegung privat mitgeführt. Feste Nahrung verschmähen wir wahren Freunde des Fußballs. Das bißchen, was wir essen, können wir auch trinken.

Während sich erste Fahrgemeinschaften ihre Abteile mit Schals und Fahnen wohnlich einrichten, picknicken Großfamilien gemütlich Frikadellen mit Kartoffelsalat. Abgehärtete schicken sich an, die ganze Zeit im Flur zu verbringen, lassen Wink-Elemente zum Fenster rauswehen. Andere, Hummeln im Hintern, ziehen durch den Zug. Motto: „Die Karawane zieht weiter, der Sultan hat Durscht...“

In Hanau steigen ein paar Dutzend zu. Es geht vorbei an einem Auto mit der Aufschrift „Zum Erwin“. In Aschaffenburg halten wir für eine Handvoll Leute. „Das gehört zugeschissen, das Kaff!“ Im nahezu entvölkerten Würzburg reißen wir Türen und Fenster auf und singen: „Ohne Kickers wär' hier gar nichts los!“ Natürlich meinen wir unsere, nicht die örtlichen Bayernliga-Balltreter, die auf denselben Namen hören.

Ab Nürnberg (schade, keine Club-Anhänger da) schwappt die Vorfreude über und die Ola aus den Fenstern. In Regensburg gibt uns die Anzeige „Dieser Zug endet hier“ angesichts des unmotiviert langen Aufenthalts zu denken. Und in Landshut wird der hessische Grün-Zug durch bajuwarische Zwei- und Vierbeiner ersetzt. Freundlich begrüßen wir unseren Begleitschutz mit dem Lied „Ihr seid nur ein Hundesportverein!“

Am Bahnhof Mühldorf steht eine Busflotte, um uns 30 Kilometer ins Stadion zu bringen. Unterwegs geht's richtig los. „Fahr' mit im Kli-Kla-Klawitterbus“, intoniert die hintere Hälfte, fordert die vorderen Reihen auf „Steht auf, wenn ihr Kickers seid!“, macht ihrem Unmut über Nichtbefolgung Luft: „Scheiß-Tribüne!“

Drängender Bedürfnisse wegen („Wir wollen pissen gehn...“) wird der Fahrer musikalisch angefeuert. Unser heißer Tip: „Rechts ist das Gaspedal, schalalalala.“ Durch den Wallfahrtsort Altötting, wo Kumpels von uns Kerzen für die Kickers (nicht die Kirche) angezündet haben, kommen wir durch flache, langweilige Landschaft ans Ziel.

2 500 Offenbacher Jungs und Mädels sind da, die ersten schon am Mittwoch angereist, und l 500 einheimische Zaungäste. Vom Mongolensturm verschont, vom Japanerstrom links liegen gelassen, sehen die sich erstmals mit gelebter Fankultur auf Tour konfrontiert: „Die singen ja!“ Ihren Enkeln werden sie davon erzählen.

Erste „einschlägige“ Erfahrungen auch für die Polizei. Die macht sich gleich populär, holt zwei Mann von der (eigens für uns errichteten) Stahlrohrtribüne, die die (vorhandene) Anzeigetafel verdeckt: Verstoß gegen das (eigens für uns verhängte) Bengaloverbot. 100 Beamte im Einsatz, 14 Festnahmen, Vorwürfe von Beleidigung bis Körperverletzung, Waldemar Klein fast verhaftet - Fan-Koordinator Frank Schwarzhaupt sagt, was alle denken: „Skandal!“

Beliebt machen sich die Spieler mit den T-Shirts „Mein Freund ist Offenbacher.“ Wenig beliebt machen sich die Wackeraner mit ihrem Eintracht-Look und mit dem 1:0. Nach 90 Spielminuten und null Punkten, sieben Stunden Fahrt hinter und acht vor uns, zieht es dennoch ein paar hundert Unentwegte ins Festzelt friedlich feiern mit fröhlich-freundlichen Bayern.

Denn was haben wir schon verloren ? Das Endspiel gegen Fulda steht, wir müssen es nur gewinnen. „Finale - oho! Finale – oho-hoho!“ Oder, mit Hanaus Bahnhofssprecher in der Nacht zu singen: „Der OFC wird niemals untergehn!“

(Bericht aus dem Lokalteil der OFFENBACH-POST vom 18.05.98)


Mannschaftsaufstellungen:

SV Wacker BurghausenKickers Offenbach
Kronenberg, Stutz, Theres, Richter, Gfreiter, Berger, Lemberger, Stein, Simon (63. Greilinger), Asbeck (78. Lexa), Collins (85. Harlander). Keffel, Dolzer, Gramminger, Giersch, Maier, Hartmann (80. Speth), Kastner, Simon, Dama (67. Kruse) Winter (61. Ispir), Roth.

Spielstatistik:

SchiedsrichterToreGelbe KartenGelb-Rote KartenRote KartenZuschauer
Kammerer (Karlsruhe) 1:0 Collins (37.)Collins (Burghausen) / Maier, Simon (OFC)--4000
Alle Angaben ohne Gewähr


Aktuelle Tabelle Saison '97/98
Tabellenstand nach dem 33.Spieltag (16.05.98)
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Alle Ergebnisse vom 33. Spieltag (16.05.98)
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Seite wurde am 18.05.98 aktualisiert