Spielbericht vom 22.11.97 |
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"Sehr gute Bilanz vergolden" Kickers-Hoffnungen ruhen auf zwei Heimspielen gegen VfR Mannheim und Kirchheim Der Reutlinger Fan war nach dem Schlußpfiff aufgebracht. Enttäuscht über ein schwaches Spiel giftete er in Richtung Kickers-Trainer Hans-Jürgen Boysen: „Die 2. Bundesliga darf sich auf euch freuen, so habt ihr da oben überhaupt keine Chance.” Hoppla, die Offenbacher Kickers in der 2. Bundesliga ? Nach der glänzenden Vorrunde sind die Erwartungen im Kickers-Umfeld – und auch bei der Konkurrenz – so stark angestiegen, daß ein 0:0 beim Tabellensechsten SSV Reutlingen fast schon als Ausrutscher gewertet wird. „Alles übertrieben”, versucht Boysen alle Überflieger auf dem Boden zu halten. Doch im Gegensatz zum SSV Reutlingen dürfen sich die Kickers immer noch mit einer Reise in Richtung Meppen beschäftigen, zumal Ulm in Karlsruhe patzte und Fulda trotz des 1:0-Sieges (Fladung-Tor in der Nachspielzeit) in der Krise steckt. Mit dem 0:0 haben sich die Kickers eine glänzende Ausgangsposition vor den Heimspielen gegen VfR Mannheim und Kirchheim geschaffen. „Dafür, daß wir schgn zehn Auswärtsspiele hatten, haben wir eine sehr gute Bilanz. Ich hoffe, daß wir den wertvollen Auswärtspunkt jetzt in den beiden Heimspielen vergolden können”, zeigte sich Boysen mit dem Ergebnis zufrieden. Im Auftaktspiel dieser Saison hatten die Reutlinger die Kickers spielerisch eindeutig beherrscht. Das 2:2 in Offenbach war ein glücklicher Punktgewinn für den OFC. Knapp vier Monate später haben sich die Machtverhältnisse radikal gewandelt. „Die klareren Chancen waren auf Offenbacher Seite. Deshalb müssen wir mit dem Unentschieden zufrieden sein”, bilanzierte Reutlingens Trainer Darko Toth. „Beide Mannschaften wollten abwarten, was der Gegner macht”, umschrieb Toth das über weite Strecken langweilige Gekicke. Der Versprecher von Boysen sagt alles über das Niveau. „Es war ein sehr schwaches Oberligaspiel.” Achtmal hatten Boysen oder sein Co-Trainer Groß die Reutlinger beobachtet, jedes Mal spielte der SSV nur mit einer Sturmspitze. Deshalb mußte Manndecker Lars Meyer auf die Bank und sah von dort, wie Reutlingen mit zwei Stürmern agierte. Die ganze taktische Ausrichtung der Kickers war über den Haufen geworfen. Walz mußte Manndecker gegen Adigo spielen, dafür fehlten Dynamik und Ordnung im Mittelfeld, wo Giersch und Kastner sich auf die Defensivarbeit beschränkten. „In der zweiten Halbzeit war die Zuordnung besser, aber nicht das Spiel”, haderte Boysen mit seiner Kreativabteilung, die sich von den harmlosen Reutlingern einlullen ließ. Aber auch die Kickers vermieden jedes Risiko. Für eine zweite Sturmspitze fehlte den Offenbacher Trainern angesichts der Reutlinger Konterstärke anscheinend der Mut. Torchancen sind schnell aufgezählt. Reutlingen hatte eine einzige Möglichkeit, die Dolzer nach Mayer-Schuß auf der Torlinie bereinigte (84.). Immerhin dreimal hatten die Kickers-Fans den Torschrei auf den Lippen. Doch Speth ließ zweimal (43. und 53.) frei vor Torwart Langner Übersicht und Entschlossenheit vermissen. Simon hatte mit seinem Heber Zentimeter neben das Tor (64.) dagegen nur Pech. Ansonsten paßte sich die Partie dem Wetter an: neblig-trüb. (Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 24.11.97)
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Matchwinner Speth diesmal der Pechvogel In Fulda war er mit seinem Tor in der 87. Minute der gefeierte Matchwinner für Kickers Offenbach. Eine Woche später hätte er seinen rasanten Aufstieg krönen können. Doch zweimal scheiterte Oliver Speth frei vor Reutlingens Torwart Langner. „Ich war zu überhastet”, meinte der 21jährige zu seinen verpaßten Chancen. Oliver Speth kam spät, aber dafür gewaltig. Zu Saisonbeginn saß er auf der Tribüne. Nach zwölf Spielen standen drei Einwechslungen mit 25 Spielminuten zu Buche. Doch seit dem 13. Spieltag hat er die Nummer neun auf dem Trikot und von den letzten neun OFC-Toren zwei selbst erzielt und zwei vorbereitet. „Er spielt so, wie ich mir einen Mittelfeldspieler vorstelle. Laufstark, ballsicher und torgefährlich”, sagt OFC-Trainer Hans-Jürgen Boysen. Seinen rasanten Aufstieg verdankt Speth auch dem Pech von Michael Hartmann. „Mein Glück war, daß er sich verletzt hat.” Speth nutzte die Chance, während Hartmann nun auf der Bank sitzt. Ende Oktober beendete Speth seinen Zivildienst und will sich nun bis Saisonende „total auf den Fußball konzentrieren.” Speth steht eine entscheidende Saison bevor, sein Vertrag läuft im Juni 1998 aus. Die Ambitionen des Abiturienten enden nicht in der Regionalliga. „Je höher, um so besser.” Der Profifußball lockt Speth. „Aber noch liegen keine Angebote vor.” Dieses Ziel könnte er auch mit den Kickers erreichen, auch wenn Speth den dritten Platz realistisch einschätzt. „Ich glaube nicht, daß wir schon in dieser Saison aufsteigen.” Aber so wie Speth seine erste Chance als Stammspieler konsequent genutzt hat, wollen nun auch die Kickers ihre Möglichkeiten ausreizen. Die Perspektiven sind nicht nur für Speth verlockend. „Wenn wir bis zur Winterpause noch zwei, drei Siege holen, dann ist alles möglich.” (Bericht aus der OFFENBACH-POST vom 24.11.97)
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SSV Reutlingen | Kickers Offenbach |
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Langner, Schwend (75. Hoffmann), Fritz, Novodomsky, Traub, Mayer, Beck (75. Joos), Winter, Janic, Adigo, Maier (63. Ziegler). | Keffel, Dolzer, Gramminger, Walz, Maier, Speth (78. Hartmann), Kastner (86. Koutsoliakos), Giersch, Simon, Dama, Roth (70. Ispir). |
Schiedsrichter | Tore | Gelbe Karten | Gelb-Rote Karten | Rote Karten | Zuschauer |
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Greipl (Kirchdorf) | Fehlanzeige | Maier, Winter (Reutlingen) / Dama, Roth, Speth (OFC) | Mayer (Reutlingen/89.) | - | 2000 |