Blauäugig
Die Offenbacher Kickers werden im nächsten Jahr 100 Jahre alt. Ein Ereignis,
von dem im Klub seit langem gesprochen wird. In den buntesten Farben malen sich
die Mitglieder aus, wie das Jubiläum gefeiert wird. Viele Ideen wurden bereits
zusammengetragen, doch ein Wunsch war allen gemein: Der OFC möge sich zur Fest-Spielzeit
mindestens in der Zweiten Liga präsentieren. Diese Hoffnung muss jetzt begraben
werden. Nach dem 33. Spieltag der Zweiten Bundesliga ist der Abstieg der Kickers
praktisch besiegelt - nur noch theoretisch ist ein Wunder möglich.
Die Enttäuschung darüber ist verständlich, sollte sich jedoch in Grenzen halten.
Auf dieses Ende wurden alle lange vorbereitet. Schließlich rangierte die Mannschaft
seit dem zweiten Spieltag permanent auf einem der letzten vier Plätze. Eine Beständigkeit,
die nur eine logische Konsequenz nach sich ziehen konnte: Den Abgang. Doch hinter
dieser Offensichtlichkeit des Scheiterns verbarg sich ein langer leidenschaftlicher
Kampf. Den Spielern ist kein Vorwurf zu machen. Sie reizten ihre Mittel aus.
Dass die eher von hoher Moral denn von fußballerischer Klasse geprägt waren,
kann ihnen nicht zum Vorwurf gemacht werden. Das zu erkennen, ist Aufgabe der
sportlichen Leitung.
Womit ihr keineswegs die Fachkompetenz abgesprochen werden soll. Von vornherein
haben die Funktionäre ja darauf hingewiesen, dass es schwer werden würde, den
Klassenerhalt zu schaffen. Ein Realitätssinn von trügerischer Natur, denn Blauäugigkeit
vernebelte den Blick. Der Glaube, sich trotz der offenkundigen Unterlegenheit
durchlavieren zu können, wurde dem OFC zum Verhängnis. Denn den Abstieg verschuldeten
sie nicht erst durch die Heimpleiten gegen St. Pauli und die Stuttgarter Kickers,
sondern durch den erbärmlichen Start in die Saison.
Zu lange dauerte es, bis sich der Technische Direktor Klaus Gerster den Fehler
eingestand, keinen konkurrenzfähigen Kader beisammen zu haben. In Verkennung
der Lage, hatte er beinahe alle am Aufstieg beteiligten Spieler mit einem Profi-Vertrag
belohnt - auch wenn die nur Oberliga-Format besaßen. Ein folgenschweres Versehen,
denn der Manager drohte mit dem OFC ähnlich sang- und klanglos in der Zweitklassigkeit
unterzugehen wie einst mit dem FSV Frankfurt. Bis er das erkannte und nachbesserte,
war das Team bereits mit einer Hypothek von drei Punkten aus neun Spielen belastet.
Ein Teil der Misere war auch das kometenhafte Emporkommen der Kickers. In drei
Jahren stiegen sie von der Oberliga in die Zweite Bundesliga auf und legten damit
ein Tempo vor, das sie zum Schluss bei der Planung nicht mehr mithalten konnten.
Immer erst auf den letzten Drücker qualifizierten sie sich, spielten dreimal
die Relegation, was Verhandlungen mit Neuzugängen erschwerte. Mit den Kontakten
in die hiesige Szene konnte Gerster diese Probleme im Amateurlager noch bewältigen,
doch für den Spielbetrieb auf Bundesebene reichten sie nicht mehr aus. Die alten
Eintracht-Spezies zu holen und sich beim Nachbarn FSV Mainz zu bedienen, war
nicht genug. Erst bei der Verpflichtung von Curko, Bundea, Vladoiu und der von
Jovic und Li Bing schauten die Kickers mal über den Tellerrand hinaus.
Um die sportliche Substanz aufzubessern, war das der richtige Weg, ob sich der
späte Kaufrausch wirtschaftlich vertreten ließ, bezweifeln kritische Geister.
Trotz des fünf Millionen Mark-Zuschusses von der Deutschen Städte Medien befürchten
sie, dass der OFC mit großen Schulden absteigt. Denn sie erinnern sich an die
Zeit vor knapp vier Jahren, als es in Frage stand, ob die Kickers zum 100. Geburtstag
überhaupt noch existieren werden.
(Von Niels Barnhofer, FRANKFURTER RUNDSCHAU)
Grandioser Sieg! Energie kurz vor der Bundesliga
Energie - jetzt ist die Bundesliga soo nah! Durch den 2:1-Sieg in Offenbach liegt
Cottbus weiter einen Punkt vor Mönchengladbach und ist bei einem Sieg über Köln
am Freitagabend endgültig durch.
Die Anfangsphase des Spiels gehörte eindeutig den Offenbachern. Zunächst setzte
Schmidt einen Ball volley daneben (8.), dann köpfte Binz (11.) links vorbei.
Schließlich ein Stohn-Freistoß aus 20 Metern (17.), der gegen den linken Innenpfosten
flog. Völlig überraschend fiel daher die Führung für Cottbus. Miriutas-Freistoß
von der rechten Seite köpfte Latoundji zum 0:1 ein (25.).
Jetzt war Energie endlich besser. Einen Schuss von Labak aus spitzem Winkel konnte
Torwart Curko nur per Fußabwehr vereiteln. Auch die 10 000 mitgereisten Cottbuser-Fans
waren aufgewacht, schrien: "Erste Liga, Cottbus ist dabei!"
Kurz vor dem Wechsel musste Energie-Torwart Piplica dann noch einen Schuss von
Roth von der Strafraumgrenze sowie einen Kopfball von Kolinger aus 5 Metern entschärfen.
Nach dem Wechsel hielt der überragende Piplica einen Schuss von Gaißmayer aus
kürzester Distanz. Energie ließ sich nicht beirren und gab seine Konter-Taktik
nicht auf. Trainer Geyer behielt damit recht. Bei einem schnellen Gegenangriff
leitete Franklin den Ball zum eingewechselten Rödlund, der das Leder aus fünf
Metern nur noch ins leere Tor einzuschieben brauchte - 0:2 (65.).
Der OFC gab sich jedoch noch nicht geschlagen. Drei Minuten später erzielte Simon
mit einem Foul-Elfmeter den Anschlusstreffer, nach dem Roth gelegt worden war.
Mit etwas Glück und Geschick rettete Energie den Sieg über die Zeit.
Einziger Wermutstropfen: Heidrich schied in der ersten Hälfte verletzt aus. Den
Aufstiegssekt können sie in Cottbus aber kaltstellen.
(Von Alexander Schlögel, BERLINER ZEITUNG)
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